Der Basar der Psychiater
Für die Bibel der psychischen Erkrankungen feilschen Ärzte um die Diagnosen
Es erinnert an einen Marktplatz. Als in den 70er-Jahren eine Gruppe bedeutsamer Psychiater darüber nachdenkt, was eine Depression ausmacht, und eine Liste von neun Symptomen erstellt – u.a. Niedergeschlagenheit, wenig Energie, schlechte Konzentration –, ist die Frage: Wie viele Kriterien braucht es, um die Diagnose zu stellen?
«Vier schienen zu wenig. Und sechs erschienen als zu viel», bekannte der US-Psychiater Robert L. Spitzer, der das Gremium leitete, später in einem Interview.
Also fällt die Wahl auf fünf. Sind mindestens fünf der neun Kriterien über die Dauer von zwei Wochen oder länger vorhanden, handelt es sich um eine Depression, beschliesst das Fachgremium.
Es arbeitet im Auftrag der Amerikanischen Psychiatrischen Vereinigung und soll ein Diagnosehandbuch erarbeiten. Was in diesem Manual (DSM)* steht, bestimmt, ob ein Mensch als psychisch krank eingestuft wird, ob die Krankenkasse seine Behandlung bezahlt, ob er eine IV-Rente bekommt.
Das DSM soll den Psychiatern helfen, künftig einheitliche Diagnosen zu stellen. Bis in die 70er-Jahre hing diese vor allem davon ab, an welchen Arzt ein Patient geriet: Einer nennt das Leiden «Melancholie», ein zweiter erkennt eine «Depression», ein dritter sieht darin eine «Neurasthenie». Mit dem Wirrwarr soll Schluss sein.
Mangels wissenschaftlich fundiertem Wissen verfahren Spitzer und seine Mitstreiter bei fast allen Erkrankungen ähnlich. Manche Störungen schaffen es nicht ins DSM – zum Beispiel, weil ein Mitglied der Expertengruppe plötzlich ausruft, dieses Verhalten lege er auch an den Tag. Dann könne das keine Krankheit sein, befindet das Gremium. Am Ende enthält das gewichtige Werk 265 psychiatrische Störungen. Und in der nächsten Ausgabe sind es schon 374.
*Diagnostic and Statistical Manual of Mental Disorders DSM; engl. für „Diagnostischer und statistischer Leitfaden psychischer Störungen“
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