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ADHS als kulturelle Pandemie, Zappelphilipp, eine Karriere


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Liebe Seniora-Leserinnen und Seniora-Leser,
wie lange wollen wir eigentlich noch warten, bis wir endlich mit dieser unsäglichen Diagnose “ADHS” aufhören? Mag sein, dass sie für betroffene Eltern ein willkommenes Trostpflaster bedeutet: “Wir sind nicht schuld”.

Aber es darf nicht sein, dass die Wissenschaft zum Trost einiger Eltern und zum Schaden der allermeisten Kinder für ein gigantisches Geschäftsmodell Hand bietet zur Desorientierung der Eltern und Lehrer. Bei vielen Kindern bleibt u. a. lebenslänglich ein diffuses Gefühl zurück: "In meinem Kopf stimmt etwas nicht."

Ich will nicht ausschliessen, dass in ganz seltenen Fällen es angebracht sein kann, ein Medikament einzusetzen, aber niemals in diesem pandemischen Ausmass.
Wenn Sonderpädagogikprofessor Feuser sagt: “Ritalin verletzt die Menschenrechte” so hat er vollkommen Recht. Das “Herumstochern” mit Hirnscannern in den Köpfen der Kinder mitansehen zu müssen, ist unerträglich. Mit dieser Pseudowissenschaft muss Schluss sein!
Willy Wahl

ADHS als kulturelle Pandemie, Zappelphilipp, eine Karriere

NZZ: Manfred Schneider 11.12.2014

Mehr als eine halbe Million Kinder und Jugendliche erhielten in Deutschland 2011 die Diagnose für eine Krankheit, die erst in den neunziger Jahren Karriere gemacht hat: ADHS. Das Zappelphilipp-Syndrom gibt es nicht überall auf der Welt, in Asien kennt man es kaum. Wie kulturell bedingt ist sein Auftreten?

Gibt man bei Amazon in die Suchleiste für Bücher die vier Buchstaben ADHS ein, so erhält man gegenwärtig 1382 Angebote, die eine Beschreibung, Erklärung oder auch Therapie für die seit 25 Jahren gehäuft diagnostizierte «Aufmerksamkeitsstörung und Hyperaktivität» enthalten. Die gleiche Suchleiste für die englischsprechende Leserschaft bietet unter der dort üblichen Abkürzung ADHD rund 7000 Buchtitel. In Italien stellt der gleiche Anbieter 437 Druckwerke zum Thema bereit, in Frankreich sind es nur 160, während die Japaner in 666 Titeln Aufklärung und Hilfe suchen können.

Das ist nur eine Momentaufnahme. Aber die zum Thema veröffentlichten Statistiken zeigen ebenfalls an, dass in Deutschland im Jahr 2011 rund 600 000 Kinder eine ADHS-Diagnose erhielten, während in Frankreich etwa zum gleichen Zeitpunkt nur 200 000 Kinder und Jugendliche unter diesem Krankheitsbild geführt wurden. In Italien war es nicht einmal die Hälfte davon. Das hübsche Wörtchen «Aufmerksamkeitsdefizit» hat in den Jahren seit 1990 gemeinsam mit dem alten deutschen Struwwelpeter-Wort «Zappelphilipp» eine steile Karriere gemacht, wie man der Statistik des Ngram-Viewers von Google entnehmen kann, der die Häufigkeit bestimmter Wörter in deutschsprachigen Büchern von 1800 bis 2000 verzeichnet.

Weiterlesen:
http://www.nzz.ch/feuilleton/zappelphilipp-eine-karriere-1.18442082

Lektürehinweis:

Den brillianten Vortrag"ADHS, Unaufmerksame Einheitsdiagnose für alles":
http://www.seniora.org/adhs-ritalin/28-adhs-unaufmerksame-einheitsdiagnose-fuer-alles


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