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Ethik in Wissenschaft und Politik  – ein Leserbrief und unsere Antwort

09. Dezember 2016
Auf unseren kürzlich publizierten Artikel "Ich habe nur gezeigt, dass es die Bombe gibt" (www.seniora.org/989) schrieb uns ein Seniora-Leser:

Guten Tag,
den letzten Satz in diesem interessanten Bericht kann ich nicht nachvollziehen. Kosinski sagt, er habe keine Schuld, er habe die Bombe nicht gebaut, sondern nur gezeigt, dass es sie gibt. Doch so, wie ich es verstanden habe, war er der Architekt. Mit anderen Worten, ohne die von ihm erarbeiteten Grundlagen hätte "die Bombe" vermutlich erst gar nicht gebaut werden können.
Warum ist es mir wichtig, das klarzustellen?

Wissenschaft ist ein mächtiger und wichtiger Bestandteil der Zivilisation mit einem Nachteil, Wissenschaftler machen sich wohl oftmals nicht die Mühe, ihre Arbeit nach den Kriterien des Für und Wider abzuwägen. Das ist auch nicht immer leicht, doch bei Kosinskis Arbeit stand von Beginn an fest, dass die Wahrscheinlichkeit des Missbrauchs größer war, als der sich daraus ergebende Nutzen. Das erkannte Verhaltensmuster zur Verhaltens-Manipulation verwendet werden, ist eine absolut logische Konsequenz und wird seit langer Zeit von den "Oberen" im Rahmen der Möglichkeiten praktiziert. Beispiel, die Stasi-Akten dienten genau diesem Zweck.

Die Zahl der Menschen, die einen großen Teil ihres täglichen Lebens darauf ausrichten, möglichst wenige Spuren im Netz zu hinterlassen, ist sehr gering. Man wird heute als Neandertaler angesehen, wenn man weder ein Handy noch eine Facebook- oder Twitter-Account hat und auch seine Einkäufe noch immer ausschließlich oder zumindest fast ausschließlich mit Bargeld zahlt.

Unsere Antwort:

Sehr geehrter Herr,
Sie schneiden mit Ihrem Hinweis eine überaus wichtige Frage an: Ethik in der Wissenschaft. Vielen Dank dafür. Seniora.org bemüht sich seit Anbeginn mit seinen Beiträgen, die ethische Frage nicht in Vergessenheit geraten zu lassen.

Aus der Reihenfolge der von uns bearbeiteten Themen ERZIEHUNG   – ETHIK   – POLITIK kann der Leser entnehmen, dass es zuallererst einer Werte vermittelnden Erziehung bedarf, um ethisch denkende Menschen hervorzubringen, die in der Lage sind, zum unethischsten, zum unmenschlichsten Phänomen auf unserem Planeten NEIN zu sagen: Zum Krieg.

Das Logo von seniora.org zeigt Vater, Mutter, Kinder und die Friedenstaube, die aus der Familie kommend in die Welt hinaus fliegt.

Tschingis Aitmatow hat in seinem «Vermächtnis an uns Menschen» wunderbar zusammengefasst, um was es geht:

Aitmatow

Tschingis Aitmatow

„Dank umfassender Erkenntnisse und der zielgerichteten Nutzung vieler objektiver Gesetze der materiellen Welt hat die Menschheit ein hohes Niveau der technischen und technologischen Entwicklung erreicht. Im Bestreben, die modernsten Errungenschaften des wissenschaftlich-technischen Fortschritts im Leben auch anzuwenden, hat die Menschheit jedoch zugleich ihre geistig-sittliche Sphäre aus dem Blickfeld verloren, genauer gesagt: Sie hat diesen Bereich, der ebenfalls existiert und sich nach bestimmten Gesetzen entwickelt, weitgehend ignoriert. Diese Gesetze sind nicht weniger objektiv als die der materiellen Welt. Hierbei wurde ein fundamentales Gesetz des Universums verletzt, das da lautet:

Das Niveau der geistigen und sittlichen Entwicklung der menschlichen Gemeinschaft sollte stets ein wenig höher sein als das Niveau des wissenschaftlich-technischen Fortschritts. Nur dann erwächst aus den grossartigen Leistungen der Wissenschaft und Technik auch die Verantwortung für das allgemeine Wohl der Menschen, für die Vorsorge vor Hunger, Verelendung und Krankheiten in den verschiedenen Teilen des Erdballs."

Die von Aitmatow angesprochene „geistig-sittliche Sphäre" als einem „Bereich, der ebenfalls existiert und sich nach bestimmten Gesetzen entwickelt," und den die Menschheit „weitgehend ignoriert" hat, haben Psychologen wie Freud, Adler, Liebling   – um nur die wichtigsten Forscherpersönlichkeiten zu nennen   – im vergangenen Jahrhundert in ihren Forschungsarbeiten genauer untersucht und dabei einige dieser „Gesetze, (die) … nicht weniger objektiv als die der materiellen Welt" sind, herausgearbeitet und uns Menschen in ihren Werken überlassen. Auf die in diesem Zusammenhang kürzeste Formel zusammengefasst lautet das Fazit: Der Mensch ist nicht   – er wird!

Somit rückt der Erziehungsgedanke - unter dem Aspekt des Entwicklungsgedankens - als wichtigste Menschheitsfrage in den Mittelpunkt, der von der Menschheit noch nicht stringent genug ins Auge gefasst werden konnte. Diese Arbeit steht uns noch bevor.

Mit den besten Grüssen aus der Schweiz
Willy Wahl

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