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Alastair Crooke (ehemaliger britischer Diplomat): Bewertung der moralischen Rechtfertigungen Israels

"Nun, wir sehen hier einen völligen Zusammenbruch der Moral. Ich meine, das müssen wir ganz klar sagen. Ich meine, das ist einfach so... Die ganze Sache ist zu einem verheerenden Schlag gegen jede Form von Moral geworden"
Judge Andrew Napolitano für Judging Freedom mit Alastair Crooke 20. 11. 2023
23. November 2023

Geschätzte Leserin, geschätzter Leser, liebe Freunde, anläässlich der unsäglichen Nachrichten, die täglich auf uns einströmen, wiederholen wir hier unsere Gedanken, die wir Ihnen vor kurzem sandten: Iin Anbetracht des neuerlichen Dramas von biblischem Ausmass im Nahen Osten, das man nur mit Erschrecken zur Kenntnis nehmen kann, geben wir Ihnen hier einen Text an die Hand, der uns - trotz allem - zuversichtlich stimmen kann, weil er uns die Sozialnatur des Menschen vor Augen führt. Lesen Sie die Arbeit eines grossen Psychologen «Der Mensch im Lichte der modernen Psychologie» und empfehlen Sie den Text weiter, wenn er Ihnen gefallen hat. Herzlich Margot und Willy Wahl

Das Transkript besorgte Andreas Mylaeus

Andrew Napolitano:

Hallo zusammen. Judge Andrew Napalitano hier für Judging Freedom. Heute ist Montag, der 20. November 2023. Guten Morgen, Alastair. Willkommen zurück in der Sendung, mein lieber Freund.

Die IDF hat also der ganzen Welt gesagt, dass sie das Hauptquartier der Hamas unter einem Krankenhaus in Gaza entdecken würde und dass sie im nationalen Fernsehen zeigen würde, wie die Hamas-Führer mit erhobenen Händen aus den Eingeweiden des Krankenhauses kommen, und das ist nicht passiert. Was ist schief gelaufen?

Alastair Crooke:

Wieder erneut falsche Geheimdienstinformationen, wiedereinmal. Und alle Ihre Zuhörer auf diesem Kanal werden es gewusst haben, denn ich habe schon vor einigen Wochen gesagt, dass die Hamas nicht unter dem Krankenhaus sitzt. Sie waren nicht dort. Ich wusste es, denn sie haben diese tiefen unterirdischen Anlagen, zu denen auch ihr eigenes Krankenhaus gehört. Ich meine, wirklich tief. Ich spreche von 70 Metern   – Meter multipliziert mit drei für Fuß   – sehr tief unter der Erde. Und dort haben sie auch alle ihre Ressourcen, ihre Lagerräume, ihre Waffenkammern und ihre mechanischen Strukturen zum Graben. Ich wusste also, dass sie sich nicht darunter befanden. Aber offensichtlich wurden sie mit Informationen gefüttert, die darauf hindeuteten, dass sie sich dort befinden würden.

Und das war das gleiche Spiel, das ich 2006 gesehen und über das ich geschrieben habe. Die Hisbollah war sehr clever. Ich weiß, wie sie es gemacht haben. Es gibt viele Filipinos im Libanon, die dort arbeiten, und einige von ihnen arbeiteten im Hisbollah-Gebiet Dahia in Beirut, und sie erzählten ihnen alle Informationen. Und sie wurden von den Israelis rekrutiert. Und so gaben sie die falsche Information weiter, dass sich Hassan Nasrallah und seine Kommandozentrale in Dahia befänden, und sie bombardierten sie, aber es gab dort keinen Hassan Nasrallah, es gab dort keine Kommandozentrale. Es war ganz woanders.

Und das Gleiche ist auch hier geschehen. Sie wurden mit diesen Informationen gefüttert. Offensichtlich hat die Hamas von der Hisbollah gelernt und geht mit diesen Informationen sehr gut um.

Andrew Napolitano:

Und als Folge davon mussten Frühgeborene in Krankenwagen nach Ägypten gebracht werden und Hunderte von anderen Kranken, deren Krankheiten nichts mit dem Hamas-Israel-Streit zu tun hatten, sind verstorben.

Was bedeutet dies für den regionalen und weltweiten Eindruck, den die Netanjahu-Regierung weiterhin macht?

Alastair Crooke:

Nun, wir sehen hier einen völligen Zusammenbruch der Moral. Ich meine, das müssen wir ganz klar sagen. Ich meine, das ist einfach so... Die ganze Sache ist zu einem verheerenden Schlag gegen jede Form von Moral geworden, wenn man jetzt davon ausgeht, dass es in Ordnung ist, wenn im Rahmen dieses Konflikts Säuglinge und Kinder sterben. Früher hatten wir einige Werte. Aber sie scheinen gänzlich verschwunden zu sein. Um es ganz klar zu sagen: Amerika hat 20 Jahre oder länger im Nahen Osten Diplomatie betrieben und versucht, die Menschen auf die Seite des Abraham-Abkommens und all dieser Dinge zu bringen. Das geht jetzt den Bach runter. Es ist effektiv in die Hose gegangen.

Der Hass auf den Westen, sowohl auf Europa als auch auf Amerika, wird immer größer. Ich habe mit jemandem gesprochen, der die ganze Nacht sehr aufmerksam den arabischen Programmen zugehört hat, und ich habe ihn gefragt, wie es für ihn aussähe, und er sagte: "Oh, es ist immer noch da. Er ist immer noch da, aber er ist eiskalt geworden. Der Hass ist eiskalt geworden, und das bedeutet, dass die Menschen handeln wollen oder handeln werden." Das war die Meinung von jemandem, der all diese arabischen Kanäle verfolgt.

Andrew Napolitano:

Ist sich Premierminister Netanjahu nicht bewusst, welche Auswirkungen offenkundige Grausamkeiten, die immer und immer wieder im internationalen Fernsehen und auf Streaming-Geräten wiederholt werden, auf die Feindseligkeit der Region gegenüber Israel haben werden?

Alastair Crooke:

Wissen Sie, Sie müssen sich darüber im Klaren sein, dass es sich nicht um eine Panne im System handelt. Der Sinn des Systems ist es, es so unerträglich zu machen, dass sie... In den 1970er Jahren sagte Netanjahu in einem Interview mit einem Autor, der ein Buch über ihn, Netanjahu, schrieb: "Im nächsten Krieg, im nächsten Jahr, werden wir all diese Araber vertreiben und wir werden das Westjordanland ausräumen. Wir werden das Westjordanland einnehmen und auch Jerusalem ausräumen."

Das geht also schon seit langem so. Ich verfolge das jetzt seit 20, 23 Jahren oder so: Diese Veränderung in dem Sinne, dass den Palästinensern diese Alternativen gegeben werden können. Und einer der Kabinettsminister hat sie kürzlich dargelegt und im Grunde hat er gesagt: "Entweder ihr werdet Leibeigene und unterwerft euch der großen Macht der israelischen Militärmacht oder ihr geht oder ihr werdet ausgerottet. Ihr könnt wählen."

Wir bewegen uns also auf eine ganz andere Psychologie, ein anderes Bewusstsein in Israel zu. Und in der ganzen Welt gibt es offensichtlich eine Reaktion auf diese Entwicklung. Und diese Reaktion wird nun zu einer kalten Wut, was darauf hindeutet, dass sich dieser Krieg jetzt in die Länge ziehen und ausweiten wird.

Andrew Napolitano:

Nun, wenn sich der Krieg im Laufe der Zeit ausweitet, Alastair, kann das nur einen Zwei- oder sogar Dreifrontenkrieg bedeuten, wenn die Hisbollah eintritt und wenn andere nationale Militärs wie die Türkei beschließen, sich zu beteiligen.

Hat Bibi mehr abgebissen, als er kauen kann?

Alastair Crooke:

Das glaube ich nicht, nein. Er sieht dies als eine Art episches Schauspiel, eine große metaphysische Verarbeitung der Geschichte, und er sieht es in diesen großen Begriffen, die ihn zu einem Helden für sein Volk machen werden. Zu Beginn dieses Krieges sagte Joaw Galant, der Verteidigungsminister: "Wir müssen die Hisbollah treffen. Wir müssen die Hisbollah jetzt einfach ausschalten." Dem wurde nicht zugestimmt, und das Kabinett kam vor zwei Wochenenden darauf zurück und sagte: "Wir müssen der Hisbollah einen schweren Schlag versetzen." Und wieder wurde etwas zurückgekrebst und es ist nicht passiert.

Aber der springende Punkt ist: Wer provoziert hier wen? In der westlichen Presse liest man: "Oh, die Hisbollah und die Iraker provozieren Israel und den Westen." In diesem Fall mit der Hisbollah ist es ganz klar Israel, das die Hisbollah provoziert.

Sie greifen jetzt tatsächlich an. Sie haben die Stadt Nabatieh nördlich des Latani angegriffen. Das ist etwa 60 Kilometer hinein in den Libanon. Das ist nicht das Grenzgebiet, in dem die Hisbollah ihre Truppen hat und von dem aus sie Raketen auf Israel abfeuert. Ich meine, dies ist eine Provokation, die die Hisbollah zu einer Reaktion veranlassen soll. Und die Absicht ist natürlich   – und das ist es, was ich den Stachel des Skorpions nenne   – die Vereinigten Staaten langsam, langsam in einen Krieg gegen die Hisbollah und, wenn Netanjahus Hoffnung sich erfüllt, auch gegen den Iran zu ziehen.

Aber ich glaube nicht, dass Letzteres passieren wird, und ich werde Ihnen sagen, warum. Aber ich glaube nicht, dass der Iran daran beteiligt sein wird.

Aber ich denke, die Eskalation wird sich in erster Linie gegen die Hisbollah richten. Und zweitens denke ich, dass wir eine amerikanische Eskalation im Irak erleben werden, denn ich sehe in Ihrer Presse in den Vereinigten Staaten jetzt eine ganze Reihe von Artikeln, in The Hill und in der Washington Post, in denen Biden aufgefordert wird, hart mit diesen Milizen umzugehen, die US-Stützpunkte angreifen. Sie sagen, dass es jedes Mal drei amerikanische Operationen gegen die Milizen gab, um die zu warnen, keine Stützpunkte mehr anzugreifen, und am nächsten Tag gibt es vier weitere Angriffe und so weiter. Es gibt also eine Art Crescendo von Artikeln, die   – nicht zufällig   – erscheinen und besagen: "Ihr müsst es ernst meinen! Ihr müsst hart sein. Das einzige, was diese Leute verstehen, ist hart zu sein. Sie müssen sich eine blutige Nase holen." Das steht heute in The Hill, glaube ich.

Andrew Napolitano:

Und die amerikanische Öffentlichkeit wird sagen: "Was machen wir in Syrien? Was machen wir im Irak? Sagen Sie mir nicht, dass wir immer noch in Afghanistan sind. Ich dachte, wir wären aus diesem Schlamassel raus."

Alastair Crooke:

Vielleicht, aber sie werden auch sagen: "Unsere Jungs, so viele von ihnen werden verletzt. 65 Verletzte. Als nächstes werden sie sie umbringen." Ich weiß es nicht. Aber es gibt auf jeden Fall einen Versuch, den Preis für die Milizen im Irak zu erhöhen, und wenn man erst einmal dort ist, ist der beste Schritt offensichtlich… Die Leute sagen: "Nun, wenn das sie nicht aufhält, dann muss man eine Botschaft an den Iran senden."

Und das wird nicht passieren, denn   – und das wird Biden der amerikanischen Öffentlichkeit nicht sagen, aber ich weiß es   – es ist ganz klar: Wenn der Iran von Israel oder den Vereinigten Staaten angegriffen wird, wird Israel danach nicht mehr existieren. Denn der Iran hat Raketen in seinen Silos überall auf seinem sehr großen Gebiet versteckt. Jede von ihnen ist eine in sich geschlossene Einheit von Streitkräften, und jede von ihnen kann operieren und einen Krieg noch zwei Jahre lang fortsetzen, selbst wenn es keinen Kontakt mehr mit dem zentralen Kommando gibt. Und warum sage ich, dass ich das weiß? Nun, vor einigen Jahren wurde ich vom Iran gebeten   – ich verhandelte gerade über die Nuklearangelegenheit   –, aber ich wurde vom Iran gebeten, mit Rumsfeld zu sprechen, er war damals Verteidigungsminister, und ihm zu sagen, was die Iraner im Falle eines Angriffs tun würden. Und ich bin ins Pentagon gegangen. Ich bin auf dem Korridor an ihm vorbeigegangen, aber ich habe nicht direkt mit ihm gesprochen. Aber ich habe mit seinem Büro gesprochen und ihnen gesagt: "Hören Sie zu: Das werden Sie erleben, wenn Sie den Iran angreifen." Ich glaube, einige von ihnen haben das natürlich verstanden, aber es gab auch andere, die gesagt haben: "Versteht der Iran denn nicht, dass er es mit der größten Militärmacht der Welt zu tun hat, deren Militärausgaben denen der gesamten übrigen Welt entsprechen?" Es gab also zwei Reaktionen darauf.

Aber nur, um den Zuhörern etwas klarzumachen: Der Iran hat sich in eine ganze Reihe von Einheiten aufgeteilt, die über einen eigenen, in sich geschlossenen Plan verfügen, um im Falle eines Angriffs Raketen abzufeuern. Sie haben sehr fortschrittliche Präzisionsraketen, die ganz Israel abdecken können.

Und es wäre... Den Iran anzugreifen ist das, was ich die Rote Pille nenne, die Giftpillen-Option, weil es danach kein Israel mehr geben würde. Und der Iran hat das sehr deutlich gemacht. Ich meine, das hat nichts mit Atomwaffen zu tun. Das sind ausschließlich konventionelle Waffen. Wenn also alle immer wieder von Atomwaffen im Iran sprechen... Tatsächlich hat ein bestimmter strategischer Denker im Iran alles geändert und aufgehört, sich auf Atomwaffen zu verlassen, und eine völlig neue Abschreckung mit hochintelligenten Marschflugkörpern und Schwarmdrohnen entwickelt. Und wir haben vor ein paar Jahren in Saudiarabien und anderswo gesehen, welche Auswirkungen das hat.

Und der Iran hat all das und das ist in den Klippen der Strasse von Hormus eingebettet. Bei jedem Angriff auf den Iran wird die Strasse von Hormus also geschlossen. Kein Öl mehr. 30 bis 36 % des Öls fließen durch diese Meerenge. Es wäre also Wahnsinn, wenn Amerika das tun würde. Ich glaube, Netanjahu versucht, die Vereinigten Staaten dazu zu bringen, der Hisbollah Botschaften zu übermitteln, militärische Botschaften, vielleicht von Schiffen aus, die vor der Küste liegen, so wie es 1983 geschehen ist, als ein amerikanisches Kriegsschiff seine großen Kanonen auf den Libanon, auf den Mount Lebanon, abgefeuert hat.

Andrew Napolitano:

Warum bombardiert die IDF 40 Kilometer   – etwa 25 Meilen   – in den Libanon hinein?

Alastair Crooke:

Denn die Rechte und das neue Ethos in Israel sagen: "Wir wollen unser Groß-Israel!" Und sie sagen: "Alle unsere Leute, die aus den nördlichen Gebieten geflohen sind, die aus den Kibbuz im Norden und den Siedlungen dort geflohen sind, werden nicht zurückkommen, wenn die Hisbollah auf der anderen Seite vom Zaun sitzt und sie angrinst. Sie werden nach dem, was am 7. Oktober passiert ist, zu viel Angst haben. Wir müssen die Hisbollah von der Grenze jenseits des Latani zurückdrängen." Warum rede ich immer vom Latani? Der Latani ist seit langem ein Ziel Israels, denn wie der Golan ist er die Quelle des Wassers, das im Nahen Osten immer das wichtigste strategische Gut in der Region ist. Sie wollen also den Süden des Libanon mindestens bis zum Fluss Latani einnehmen.

Und historisch gesehen war das   – es kommt darauf an, welche Geschichte man heranzieht, aber wenn man weit genug zurückgeht, bis zum Libanon und Teilen Ägyptens und Teilen des übrigen Nahen Ostens   – gehörte das zu Groß-Israel.

Andrew Napolitano:

Ist die Netanjahu-Regierung messianisch? Glauben die daran, dass das Alte Testament oder die Propheten im Alten Testament darauf hinweisen, dass es der Wille Gottes ist, dass Israel vom Fluss bis zum Meer besetzt wird?

Alastair Crooke:

Viele, auch wenn sie säkular sind, und Netanjahu, ich meine, auch wenn er sich dazu bekennt, aber er ist im Grunde zutiefst säkular, aber viele von ihnen glauben das, auch wenn sie säkular sind. Denn sie glauben an diese Schlüsselprinzipien, dass Israel das auserwählte Volk ist. Sie sind das auserwählte Volk Gottes. Sie glauben auch, dass sie Opfer sind, die historischen Opfer der Welt. Und sie glauben, dass die Kombination von beidem ihnen das Recht gibt, die Dinge zu tun, die sie für notwendig halten.

Das ist eine weit verbreitete Meinung, auch im säkularen Sinne. Aber worüber wir hier sprechen, ist das Gefühl, dass es einfach nicht möglich ist   – und das ist klar die Ansicht eines der Kabinettsmitglieder namens Smotrich. Er hat diesen Plan vorgelegt: "Wir können nicht mit den Palästinensern zusammenleben. Wir sehen das. Ihr Streben nach einem Staat und unser Streben nach dem Staat Israel auf dem Gebiet Israels sind unvereinbar. Hören wir auf, uns etwas vorzumachen, und hören wir auf, so zu tun, als ob eine Versöhnung oder eine Zwei-Staaten-Lösung möglich wäre." Dies ist in grundlegenden geopolitischen Begriffen ausgedrückt, nicht in religiösen Begriffen. Aber beides greift ineinander, das Messianische und diese Botschaft von Smotrich. Und es wird weit, weit... Ich meine, das ist weit verbreitet.

Man hat mir gerade ein Video von Schulkindern geschickt, die Lieder singen: "Tod für alle Araber in Gaza." Ich meine, das breitet sich wirklich aus. Es ist schrecklich zu sehen, wie Kinder in diese Art von Ideologie hineingezogen werden, aber es ist jetzt weithin akzeptiert, dass die Bewohner des Gazastreifens entweder gehen oder ausgerottet werden müssen. Ich meine, das ist eine Ansicht, die es gibt. Ich sage nicht, dass alle Israelis das so sehen. Ich sage sicher nicht, dass alle Menschen in den Vereinigten Staaten das akzeptieren. Aber ist es eine Mehrheit? Ja!

Und jetzt haben wir 92% der Palästinenser, die mehr oder weniger das Gleiche sagen: "Es steht außer Frage, dass wir mit diesen Israelis leben könnten. Ein palästinensischer Staat kommt nicht in Frage."

Andrew Napolitano:

Wenn Ministerpräsident Netanjahu also einmal gesagt hat, wir werden, wenn der Krieg vorbei ist, für Sicherheit in Gaza sorgen, dann hat er das aufgegeben. Er kann Gaza nicht regieren. Er will, dass der Gazastreifen Teil Israels wird und alle Gazaner tot oder verschwunden sind. Ist das eine angemessene Schlussfolgerung aus dem, was die IDF bisher getan hat?

Alastair Crooke:

Das ist absolut richtig. Ich meine, Sie können es sehen. Ich meine, ich brauche es nicht zu bestätigen. Ich meine, man muss nur sehen, was in Gaza vor sich geht. Die Hamas wird nicht ausgelöscht. Die Hamas ist unter der Erde sicher. Aber die Kinder werden getötet. Sie greifen Krankenhäuser an. Dies ist ein Versuch   – und er wurde von der IDF schon früh unternommen: Es sind bereits 1,7 Millionen Palästinenser, die im Gazastreifen leben, obdachlos geworden, vertrieben. Jetzt zerstören sie alle zivilen Einrichtungen, die Krankenhäuser, die Schulen. Wir müssen uns nur die Videos ansehen, um das zu erkennen: Sie zerstören die Krankenhäuser, die Schulen und alles andere, und sie sagen, und die Idee ist: "Wohin sollen sie denn zurückkehren? Wie sollen sie leben? Was sollen sie tun? Kein Wasser, kein Brot, keine Schulen, keine Krankenhäuser, keine Einrichtungen. Also ja, das ist letztlich der Plan.

Und das ist sehr gefährlich für uns alle, für die Vereinigten Staaten, für Europa, für die ganze Welt, denn wenn dies nicht sehr, sehr bald in Gaza gestoppt wird, wird es sich ausweiten. Und es wird...

Es hat eindeutig das Potenzial, das Ansehen des Westens zu zerstören, ganz zu schweigen von einer Vision von Moral oder moralischen Rechten oder Menschenrechten. Das wird alles vollständig zerstört.

Andrew Napolitano:

Irgendwann muss jemand in der israelischen Regierung in der Lage sein, zu Netanjahu und Smotrich und den anderen Extremisten zu sagen: "Wie viel Tod ist genug? Wie viel Tod ist zu viel Tod? Wie viel Grausamkeit kann die Welt überhaupt noch ertragen?"

Alastair Crooke:

Wie ich schon gesagt habe, denken sie, dass es keine Rolle spielt, weil die Tatsache, dass es immer noch die Palästinenser gibt, die nicht akzeptieren, sich der überwältigenden israelischen Militärgewalt zu unterwerfen, die eine Bedrohung für Israel darstellen, eine existenzielle Bedrohung für das jüdische Volk. Und deshalb muss man ihnen mit massiver Gewalt begegnen und sie töten. Und schließt das auch Kinder und Frauen ein? Nun, Smotrich sagt: "Das tut es. Genau das!"

Und Netanjahu ist nicht allein. Wie ich schon sagte: Er hat es schon in den 1970er Jahren gesagt: "Ja, wenn es einen weiteren Krieg gäbe, würden wir versuchen, alle Araber loszuwerden, das Westjordanland zu räumen, und wir würden uns um Jerusalem kümmern." Und er ist gläubig, wenn auch eher auf eine instrumentelle Art und Weise als auf eine sehr starke religiöse Weise. Aber sein Kabinett steht hinter ihm. Es gibt zwei Elemente, zwei Männer, die etwas liberaler sind, Eizenkot und Gantz, aber auch sie stimmen ihm zu. Und sogar Lapid, der Oppositionsführer, sagte neulich, nach all den Brandstiftungen und Morden im Westjordanland: "Hört zu: Diese Leute sind keine Siedler. Warum nennen Sie sie Siedler, bewaffnete Siedler? Das ist doch biblisches Land."

Es geht also nicht darum, dass es nur ein paar Extremisten wären. Und was ich zu sagen versuche, und was wirklich wichtig ist, um es in Washington zu vermitteln: "Sie werden die Dynamik dieser Situation nicht ändern, indem Sie einfach einen Regimewechsel bei Netanyahu durchführen. Das wird nicht... Die Sache ist viel tiefgreifender und tiefgründiger. Okay, man kann Netanjahu loswerden. Aber das wird die Dinge nicht ändern."

Andrew Napolitano:

Welchen Wert hat das internationale Recht "Du sollst nicht absichtlich Nichtkombattanten töten", wenn es nicht durchgesetzt wird und wenn die eklatante öffentliche Verletzung dieses Rechts durch einen Staat keine Konsequenzen hat?

Alastair Crooke:

Das Problem ist, dass man bei den Vereinten Nationen eine Resolution des Internationalen Strafgerichtshofs einholen muss, um dies zu tun, um es auf diese Weise zu stoppen. Dazu muss man sich an den Sicherheitsrat wenden, und im Moment ist es unwahrscheinlich, dass dies geschieht. Und wenn man eine Resolution haben will, muss sie zwingend sein, und in einer zwingenden Resolution muss genau gesagt werden, welche Autorität, welche Macht, welche militärischen Kräfte eingesetzt werden, um das Mandat durchzusetzen.

Das ist bisher zweimal geschehen: in der Resolution 242 und der Resolution 338 nach dem Krieg von 1967 und 1973. Israel wurde aufgefordert, die besetzten Gebiete zu verlassen. Zwingende Resolutionen! Und sie wurden ignoriert. Sie wurden nie durchgesetzt. Und mehr noch: Der US-Kongress wird niemals zulassen, dass sie durchgesetzt werden, leider, denn so ist sie nun einmal, die Politik des US-Kongresses.

Andrew Napolitano:

Alastair, es ist immer ein Vergnügen, mein lieber Freund. Egal, worüber wir sprechen, egal, wie beunruhigend die Zeiten sind, Ihre Analysen sind so aufschlussreich und werden von den Zuhörern und von mir zutiefst geschätzt.

 Quelle: https://www.youtube.com/watch?v=oBqEgWP2S9M
Das Transkript und die Übersetzung besorgte Andreas Mylaeus

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