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Wahlen in den 4 neuen (ehemals ukrainischen) Regionen Russlands am vergangenen Wochenende: Augenwischerei oder Übung in Demokratie?

Von Gilbert Doctorow 11.09.2023 - übernommen von gilbertdoctorow.com
11. September 2023

Interviewanfragen, die ich von dem einen oder anderen internationalen Sender erhalte, veranlassen mich oft dazu, zu aktuellen Ereignissen zu recherchieren und Erklärungen vorzubereiten, auf die ich sonst vielleicht nicht eingehen würde, obwohl sie wirklich wichtig und erforschenswert sind und es sich lohnt, sie mir und anderen auf methodische Weise zu erklären.

Das war heute Morgen der Fall, als WION, Indiens englischsprachiger globaler Sender, mir Sendezeit anbot, um über die Ergebnisse der Wahlen zu sprechen, die am Wochenende vom 8. bis 10. September in den vier Oblasten (Regionen) stattfanden, die Russland seit Beginn seiner militärischen Sonderoperation in der Ukraine im Februar 2022 eingenommen hat: Donezk, Lugansk, Cherson und Saporischschja.

Die Leitfrage lautete: Die Welt prangert diese Wahlen als Betrug an; was denken Sie?

Tatsächlich zeigt meine flüchtige Prüfung der Online-Ausgaben führender Zeitungen in den USA, dem Vereinigten Königreich, Frankreich und Belgien, dass bis jetzt keine einzige Zeitung ein Wort über die russischen Wahlen verloren hat. Vielleicht warten sie auf die Pressemitteilung, die sie irgendwann vom US-Außenministerium erhalten werden, um ihre Berichterstattung zu lenken, und im Moment ist das Außenministerium voll und ganz damit beschäftigt, die Reisen von Joe Biden in Südostasien zu verfolgen.

In jedem Fall wird die Frage in den westlichen Medien sicherlich auftauchen, und ich bin überzeugt, dass das, was ich in dem WION-Interview gesagt habe, angesichts der noch immer unvollständigen Verarbeitung der Wahlergebnisse in Russland eine faire Antwort ist. Dank meiner Erfahrung als internationaler Wahlbeobachter bei den föderalen Präsidentschaftswahlen 2019 auf der Krim fühlte ich mich bei diesem Thema besonders wohl. Die Krimbewohner erlebten damals, wie auch die vier oben genannten, seit 2022 aus der Ukraine in Russland aufgegangenen Oblaste, ihre erste Stimmabgabe als "Subjekte" der Russischen Föderation.

Wie ich in dem Interview anmerke, sehen die Ergebnisse in den vier Oblasten am vergangenen Wochenende glaubwürdig und erklärbar aus, wenn man sie mit den Ergebnissen der Wahlen auf der Krim im Jahr 2019 vergleicht.

Damals, im Jahr 2019, war die Wahlbeteiligung auf der Krim sehr hoch, vielleicht 90 %. Ich habe Wahllokale in verschiedenen Städten auf der Krim besucht und die geordneten Schlangen vor den Wahllokalen und die effiziente Bearbeitung mit maschinenlesbaren Stimmzetteln beobachtet. Ich war überzeugt, dass die offiziellen Zahlen mit der Realität übereinstimmen.

Nach vorläufigen Angaben schwankt die Wahlbeteiligung in den vier neuen Regionen am Wochenende zwischen 65 % und 80 %. Es gibt leicht nachvollziehbare Gründe für die geringere Wahlbeteiligung, darunter in einigen Teilen der Oblaste ukrainische Raketen- und Drohnenangriffe auf Wahllokale oder generell auf Wohngebiete, die risikoscheue Menschen dazu bewegen würden, zu Hause zu bleiben, möglicherweise in ihren Kellern. Auf der Krim gab es im Jahr 2019 keine derartigen Sicherheitsbedrohungen. Hinzu kommt die Tatsache, dass die ukrainischen Behörden die Wählerlisten sofort für Verfolgungen bis hin zu Hinrichtungen verwenden würden, wenn ein Teil dieser Gebiete wieder unter ukrainische Kontrolle käme. Dies ist die Art von Unglück, die den Einwohnern von Bucha widerfuhr, als es an die ukrainischen Streitkräfte fiel. Dennoch reichte die tatsächliche Wahlbeteiligung in den vier Regionen völlig aus, um die Wahlen für offiziell gültig zu erklären.

Wer hat also in den 4 neuen Regionen gewonnen? Überall gewann die regierende Partei "Einiges Russland" mit 75-80 % der ausgezählten Stimmen. Das ist etwas weniger als der Stimmengewinn der Partei auf der Krim im Jahr 2019, aber das war eine Wahl für den Präsidenten und Wladimir Putin genoss eine Popularität, die weit über der der ihn unterstützenden Partei lag. Bei diesen Wahlen ging es um lokale Stadträte und Parlamentsversammlungen sowie um Abgeordnete der Duma.

Wie ich bereits sagte, gehörte ich 2019 zu einer internationalen Gruppe von Wahlbeobachtern, die auf der Krim unterwegs waren. In diesem Jahr waren auch internationale Beobachter in den Oblasten Donezk, Lugansk, Saporischschja und Cherson unterwegs. Ich ziehe meinen Hut vor ihnen, denn sie waren sehr mutig, weil sie riskierten, möglicherweise Opfer ukrainischer Angriffe zu werden. Unter den Beobachtern befanden sich Staatsangehörige der USA, der Niederlande, Spaniens, Serbiens, Kameruns, Frankreichs und Argentiniens in einem Gesamtkontingent von 33 Experten. Wie nicht anders zu erwarten, beurteilten sie die Wahlen auf einer Pressekonferenz in Moskau, die von der Wahlleiterin Pamfilowa nach Abschluss der Wahlen geleitet wurde, als fair und transparent.

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Was war die Botschaft, die Russland mit diesen Wahlen an die Welt senden wollte?

Das war die zweite Frage, die mir mein Gesprächspartner von WION stellte.

In der Tat hat Russland sehr wenig Interesse daran, was die Außenwelt von diesen Wahlen halten mag. Die Anwesenheit ausländischer Wahlbeobachter war nur ein Kästchen, das zur Zertifizierung angekreuzt werden musste. Diese Wahlen wurden abgehalten, um die Bedürfnisse und Erwartungen der Russen in Russland zu erfüllen. Ungeachtet aller Versuche der von den USA geführten Medien, Russland als Autokratie und Feind der Demokratie darzustellen, ist dies nichts weiter als Propaganda, die dazu dient, die gegen russische Interessen gerichtete westliche Aggression zu rechtfertigen, einschließlich hybrider Kriegsführung und Beschlagnahmung von Vermögenswerten.

Mit den Wahlen in Cherson, Saporischschja, Donezk und Cherson wurden vom Volk gewählte Stadträte und andere lokale Beamte eingesetzt. Die Wahl verleiht ihnen eine Legitimität, die die bisher von Moskau eingesetzten Beamten nicht genießen konnten.

Das soll nicht heißen, dass die Wahlen keine Nachteile hatten. Der offensichtlichste ist, dass die Gebiete der ursprünglichen vier Oblaste noch immer nicht vollständig in russischer Hand sind. Das heißt, je nach Standpunkt sind diese Oblaste teilweise von ukrainischen Truppen besetzt, in denen natürlich keine Wahlen stattfanden. Das zweite Problem ist, dass die Oblaste einen großen Teil der Bevölkerung verloren haben, die vor dem Krieg dort lebte. Ein großer Teil der einheimischen Bevölkerung ist nach Russland geflohen, ein beträchtlicher Teil ist in den Westen gegangen und lebt jetzt als Flüchtlinge in der EU. Alle diese ehemaligen Bewohner haben aus offensichtlichen Gründen nicht gewählt. Das gleiche Problem wird sich übrigens stellen, wenn ein Friedensvertrag zur Beendigung dieses Krieges vorsieht, dass zu einem späteren Zeitpunkt Volksabstimmungen zur Ratifizierung der Union mit Russland oder zu ihrer Aufhebung abgehalten werden.

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Lassen Sie uns annehmen, dass in den kommenden Tagen in den westlichen Medien über die Wahlen in diesen vier Oblasten berichtet werden wird. Es ist weniger wahrscheinlich, dass der Abstimmung im Rest der Russischen Föderation, die ein weitaus umfangreicheres und vielfältigeres Verfahren war, viel Aufmerksamkeit geschenkt wird. In der Tat gibt es 85 Regionen oder "Subjekte" in der Föderation, in denen gewählt wurde. Viele der Wahlen fanden auf lokaler Ebene statt, z.B. für Bürgermeister, Stadträte und ähnliche Ämter sowie für die föderalen Abgeordneten der Staatsduma.

Nicht alle Gouverneursposten in Russland werden gewählt, viele werden vom Präsidenten ernannt. In 21 Regionen wurde das Amt des Gouverneurs jedoch zur Wahl gestellt. Den letzten Ergebnissen zufolge wurden alle 21 Amtsinhaber wiedergewählt: 19 Gouverneure von Einiges Russland und 2 Gouverneure der Kommunistischen Partei. Bei den Dumawahlen ergab sich in den meisten Regionen Russlands ein Gesamtbild von 70 bis 80 % für die Partei "Einiges Russland", 10 bis 20 % für die Kommunisten und der Rest für andere Dumaparteien: die Liberaldemokraten (LDPR), "Gerechtes Russland" und "Neue Menschen", eine zentristische Partei, die sich nach den letzten Wahlen gebildet hat. In einigen Regionen, vor allem in Sibirien und im Fernen Osten, war die Mischung etwas anders, entsprechend den lokalen Traditionen und den "Lieblingskandidaten" der Kommunisten oder Liberaldemokraten.

Die allgemeine Schlussfolgerung aus diesen nationalen Parlamentswahlen ist, dass sie auf einen überwältigenden Sieg von Wladimir Putin hindeuten, wenn er 2024 ins Rennen um das Präsidentenamt geht.

Abschließend noch eine weitere Beobachtung zu den Wahlen in ganz Russland: Es wurde in großem Umfang von elektronischen Briefwahlen über das Internet Gebrauch gemacht. In Moskau, wo dieses Verfahren am weitesten fortgeschritten war, waren 2,5 Millionen der insgesamt 3 Millionen abgegebenen Stimmen solche Briefwahlstimmen. Dies ist eine neue Praxis in Russland. Es wird interessant sein zu sehen, welche Beschwerden es letztlich über Unregelmäßigkeiten bei der Stimmabgabe geben wird. Vor allem in den USA sollten die politischen Eliten genau beobachten, was die Russen in ihrer Demokratie tun, wenn man an die Skandale um die Briefwahl bei den Wahlen 2020 denkt.

Sobald der WION-Link verfügbar ist, wird er hier gepostet.

Quelle: https://gilbertdoctorow.com/
Mit freundlicher Genehmigung von Gilbert Doctorow
Die Übersetzung besorgte Andreas Mylaeus

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