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Deutschland investiert in die Westukraine

Deutschland ist der zweitgrößte Waffenlieferant der Ukraine.
13. Juli 2023 M.K. Bhadrakumar  – übernommen von indianpunchline.com
14. Juli 2023
Deutschland hat die für 2022 vorgesehenen Mittel in Höhe von 2 Mrd. EUR für die Aufrüstung der ukrainischen Streitkräfte mehr als verdoppelt. Der Betrag beläuft sich nun auf rund 5,4 Milliarden Euro und soll auf 10,5 Milliarden Euro aufgestockt werden.

 
Bundeskanzler Olaf Scholz (L) trifft den ukrainischen Präsidenten Volodymyr Zelensky am Rande des NATO-Gipfels, Vilnius, Litauen, 12. Juli 2023

(Red.) So werden die Absichten und Pläne deutscher Politiker in Teilen von Asien wahrgenommen. Deutschland ist hier nicht in der Opferrolle als "nicht souveräner Vasallenstaat" ohne eigene Entscheidungsgewalt, sondern verfolgt ganz offen revisionistische Ziele und schreckt nicht davor zurück, sich dabei genauso offen neonazistischer Kräfte zu bedienen. Leider würde es nicht ausreichen, einen gewissen Herrn Kiesewetter "nach Elba zu verfrachten" - dafür sind diese Bestrebungen wohl viel zu tief in der politischen "Elite" Deutschlands verwurzelt.(am)

Die Hypothese, dass die angelsächsische Achse eine zentrale Rolle im Stellvertreterkrieg in der Ukraine gegen Russland spielt, ist nur teilweise richtig. Tatsächlich ist Deutschland nach den Vereinigten Staaten der zweitgrößte Waffenlieferant der Ukraine. Bundeskanzler Olaf Scholz hat auf dem Nato-Gipfel in Vilnius ein neues Rüstungspaket im Wert von 700 Millionen Euro zugesagt, darunter zusätzliche Panzer, Munition und Patriot-Luftabwehrsysteme, womit Berlin, wie er sagte, bei der militärischen Unterstützung der Ukraine an vorderster Front steht.

Bundesverteidigungsminister Boris Pistorius betonte: "Damit leisten wir einen wichtigen Beitrag zur Stärkung der Durchhaltefähigkeit der Ukraine." Das Schauspiel, das sich hier abspielt, könnte jedoch mehrere Motive haben.

Im Grunde ist die Motivation Deutschlands auf die vernichtende Niederlage gegen die Rote Armee zurückzuführen und hat wenig mit der Ukraine als solcher zu tun. Die Ukraine-Krise hat den Rahmen für eine beschleunigte Militarisierung Deutschlands geschaffen. In der Zwischenzeit kommen revanchistische Gefühle auf, und es gibt einen "überparteilichen Konsens" zwischen den führenden deutschen Parteien der Mitte   – CDU, SPD und Grüne   – in dieser Hinsicht.

In einem Interview vom Wochenende schlug der führende Außen- und Verteidigungsexperte der CDU, Roderich Kiesewetter (ein ehemaliger Oberst, der von 2011 bis 2016 an der Spitze des Verbandes der Reservisten der Bundeswehr stand) vor, dass die Nato in Erwägung ziehen sollte, "Kaliningrad von den russischen Nachschublinien abzuschneiden, wenn die Lage in der Ukraine dies rechtfertigt. Wir sehen, wie Putin reagiert, wenn er unter Druck steht." Berlin leidet noch immer unter der Kapitulation der alten preußischen Stadt Königsberg im April 1945.

Stalin befahl 1,5 Millionen sowjetischen Soldaten, die von mehreren tausend Panzern und Flugzeugen unterstützt wurden, die tief in Königsberg verschanzten Panzerdivisionen der Nazis anzugreifen. Die Einnahme der stark befestigten Festung Königsberg durch die Sowjetarmee wurde in Moskau mit einer Artilleriesalve von 324 Kanonen gefeiert, die jeweils 24 Granaten abfeuerten.

Die Äußerungen Kiesewetters zeigen, dass in Berlin auch nach 8 Jahrzehnten nichts vergessen oder verziehen ist. Damit ist Deutschland der engste Verbündete der Biden-Administration im Krieg gegen Russland. Die Bundesregierung hat Verständnis für die umstrittene Entscheidung der Biden-Administration geäußert, die Ukraine mit Streumunition zu beliefern. Der Regierungssprecher sagte in Berlin: "Wir sind sicher, dass unsere amerikanischen Freunde sich die Entscheidung, diese Art von Munition zu liefern, nicht leicht gemacht haben."

Bundespräsident Frank-Walter Steinmeier sagte: "In der jetzigen Situation sollte man den USA keine Steine in den Weg legen." Der CDU-Spitzenpolitiker Kiesewetter schlug in einem Interview mit der grünen Tageszeitung "taz" sogar vor, der Ukraine nicht nur "Garantien, sondern notfalls auch nukleare Unterstützung als Zwischenschritt zur NATO-Mitgliedschaft" zu geben.

Zeitgleich mit dem NATO-Gipfel in Vilnius (11./12. Juli) hat Rheinmetal, das große 135 Jahre alte deutsche Rüstungsunternehmen, bekannt gegeben, dass es in den nächsten zwölf Wochen ein Werk für gepanzerte Fahrzeuge in der Westukraine an einem ungenannten Standort eröffnen wird. Zunächst sollen dort deutsche Fuchs-Panzer gebaut und repariert werden, während die Herstellung von Munition und möglicherweise sogar von Flugabwehrsystemen und Panzern geplant ist.

Der Vorstandsvorsitzende von Rheinmetall erklärte am Montag gegenüber CNN, dass das neue Werk wie andere ukrainische Waffenfabriken vor russischen Luftangriffen geschützt werden könne. Deutschland hat die für 2022 vorgesehenen Mittel in Höhe von 2 Mrd. EUR für die Aufrüstung der ukrainischen Streitkräfte mehr als verdoppelt. Der Betrag beläuft sich nun auf rund 5,4 Milliarden Euro und soll auf 10,5 Milliarden Euro aufgestockt werden.

Geht es hier nur um Russland? Deutschland kann sich nicht darüber hinwegsetzen, dass die Ukraine einfach keine Chance hat, Russland militärisch zu besiegen. Deutschland spielt das lange Spiel. Es investiert in der Westukraine, wo nicht Russland, sondern Polen sein Gegner ist. Seit dem Vormarsch der zaristischen Armee in Galizien im Jahr 1914 hat Russland eine schwierige Geschichte mit ukrainischen Nationalisten. Wenn sich der derzeitige Krieg in der Ukraine auf die Westukraine ausweitet, ist das nicht Russlands freie Entscheidung, sondern es folgt damit einer ihm aufgezwungenen Notwendigkeit.

Der sowjetische Sieg in der Ukraine im Oktober 1944, die Besetzung Osteuropas durch die Rote Armee und die alliierte Diplomatie führten dazu, dass die Westgrenzen Polens zu Deutschland und die der Ukraine zu Polen neu gezogen wurden. Vereinfacht gesagt, stimmte Polen im Gegenzug für deutsche Gebiete im Westen der Abtretung von Wolhynien und Galizien in der Westukraine zu. Ein gegenseitiger Bevölkerungsaustausch schuf zum ersten Mal seit Jahrhunderten eine klare ethnische, aber auch politische polnisch-ukrainische Grenze.

Es ist durchaus denkbar, dass der laufende Ukraine-Krieg die territorialen Grenzen der Ukraine im Osten und Süden radikal verändern wird. Möglicherweise kann er auch die Regelung für die Westukraine nach dem Zweiten Weltkrieg neu aufrollen. Russland hat wiederholt davor gewarnt, dass Polen die Abtretung von Wolhynien und Galizien in der Westukraine rückgängig machen will. Eine solche Wendung der Ereignisse wird mit Sicherheit die Frage der deutschen Gebiete, die heute zu Polen gehören, in den Vordergrund rücken.

Vielleicht hat Warschau in Erwartung der bevorstehenden Turbulenzen im Oktober letzten Jahres, acht Monate nach Beginn der russischen Intervention im Februar, von Berlin Reparationen aus dem Zweiten Weltkrieg in Höhe von 1,3 Billionen Euro gefordert   – eine Frage, die nach deutschen Angaben 1990 endgültig geklärt wurde.

Im Rahmen der Potsdamer Konferenz (1945) wurden die "ehemaligen deutschen Ostgebiete", die fast ein Viertel (23,8 Prozent) der Weimarer Republik ausmachten, zum größten Teil an Polen abgetreten. Der Rest, bestehend aus dem nördlichen Ostpreußen einschließlich der deutschen Stadt Königsberg (umbenannt in Kaliningrad), wurde der Sowjetunion zugesprochen.

Über die Bedeutung der Ostgrenze für die deutsche Kultur und Politik sollte man sich nicht täuschen. Eine "gehandicapte" Großmacht hat immer dann etwas Brisantes an sich, wenn die politischen, wirtschaftlichen und historischen Umstände eine ganz neue Intensität annehmen, die die Machthaber dazu veranlasst, ihre Ideen in die Tat umzusetzen, und wenn revanchistische und imperialistische Diskurse, die leise, aber stetig unter der Oberfläche der sorgfältig abgewogenen diplomatischen Bemühungen strömten, beginnen, eine pan-nationalistische Expansion auszuloten.

Im Rückblick sollte die teuflische Rolle Deutschlands   – insbesondere des damaligen Außenministers und heutigen Bundespräsidenten Steinmeier   – bei dem Zusammenschluss Deutschlands mit den neonazistischen Elementen während des Regimewechsels in Kiew 2014 und die anschließende deutsche Perfidie bei der Nicht-Umsetzung des Minsker Abkommens ("Steinmeier-Formel") nicht vergessen werden, wie die ehemalige Bundeskanzlerin Angela Merkel kürzlich im Februar zugab.

Es genügt zu sagen, dass die deutschen Außenpolitiker, auch wenn Russland den Krieg in der Ukraine gewinnt, wieder einmal vor der Notwendigkeit stehen, neu zu definieren, was deutsch ist. Der Krieg in der Ukraine ist also nur das Mittel zum Zweck. Jüngste Berichte deuten darauf hin, dass Berlin möglicherweise endlich der Forderung der Ukraine nach Taurus-Marschflugkörpern mit einer Reichweite von mehr als 500 Kilometern und einem einzigartigen "Multi-Effekt-Sprengkopf" nachkommen wird, der die Kampfdynamik auf dem Schlachtfeld verändern und die Voraussetzungen für einen Sieg schaffen kann.

Außerdem stellen deutsche Soldaten bereits etwa die Hälfte der Nato-Battlegroup, die in Litauen präsent ist. Verteidigungsminister Boris Pistorius sagte vor zwei Wochen bei einem Besuch in Vilnius, dass Deutschland die Infrastruktur für die dauerhafte Verlegung von 4.000 Soldaten ("eine robuste Brigade") nach Litauen vorbereite, um die Fähigkeit zur Aufrechterhaltung der militärischen Flexibilität an der Ostflanke zu haben. Die Entscheidung wird sowohl von der deutschen Regierungskoalition als auch von der größten Oppositionspartei unterstützt.

Der CDU-Außenexperte und Bundestagsabgeordnete Kiesewetter nannte die Idee, einen deutschen Stützpunkt im Baltikum zu errichten, eine "Entscheidung der Vernunft und Verlässlichkeit". In der Tat hat es in der Vergangenheit Versuche gegeben, im Baltikum eine deutsche Herrschaft zu errichten, die auf revisionistischen Ansprüchen gegenüber den neuen Staaten Estland, Lettland und Litauen beruhten, wo sich deutsche Kolonisten bereits im 12. und 13. Jahrhundert niedergelassen hatten.

Quelle: https://www.indianpunchline.com/germany-creates-equity-in-western-ukraine/
Die Übersetzung besorgte Andreas Mylaeus

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