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Andrei Martyanov: John Mearsheimer versteht das Problem nicht.

Andrei Martyanov’s Blog 13.01. 2024 - übernommen von smoothiex12.blogspot.com
14. Januar 2024

https://www.youtube.com/watch?v=gqQBVCfcMoQ&t=186s

(Red.) Andrei Martyanov ist ein ehemaliger Marinekommandeur der sowjetischen Seemacht. Aus persönlichen (und nicht aus politischen) Gründen ist er in den 1990er Jahren in die USA emigriert und lebt derzeit in Seattle und arbeitet dort als Ingenieur für Boing im zivilen Flugzeugbau. Er hat in mehreren umfangreichen und gründlich recherchierten Büchern den Unterschied zwischen der russischen und der amerikanischen Militärtechnologie, -strategie und -taktik herausgestellt.
In seinem Blog https://smoothiex12.blogspot.com/ kommentiert und analysiert er die militärischen (und kulturellen und geostrategischen) Ansätze von Russland und des Westens kritisch.
John Mearsheimer ist der Doyen der "realistischen Schule" der Aussenpolitik der USA und derzeit wohl die hellste Kerze auf dem amerikanischen Kuchen. Er sagt von sich selbst, dass ihm in Washington niemand (mehr) zuhört, obwohl er sogar noch in der Foreign Affairs publizieren konnte. Kürzlich hat er sich entschieden, die Monstrositäten Israels in Gaza als Völkermord zu beurteilen und setzt sich vehement für einen Ausgleich mit Russland ein. Aber - wie man in diesem Interviewausschnitt sehen kann - ist er - wie man so sagt - mit der amerikanischen Mentalität "mariniert". Andrei Martyanov bringt den Unterschied hier auf den Punkt: In dem derzeitigen kulturellen Zustand ist der Westen dem Untergang geweiht. Ein Umdenken wird Generationen brauchen...(am)

Andrei: For A Nice Shot Of Bourbon And A Good Cigar

Es geht nicht nur um die Produktionskapazitäten   – theoretisch könnten die USA in den nächsten 10+ Jahren einige Anlagen zur Steigerung der Produktion von 155-mm-Granaten oder Drohnen bauen. Aber sie werden nicht in der Lage sein, mit der industriellen Kapazität Russlands in dieser Hinsicht gleichzuziehen, auch nicht mit der theoretischen Hinzufügung zukünftiger, wenn überhaupt, europäischer Kapazitäten. Es geht hier nicht nur um die Menge   – das Ziel ist aufgrund der völligen Zerstörung der US-Produktionsbasis und der äußerst komplexen Lieferketten für die militärische Produktion nicht zu erreichen. Dies alles ist nur die Spitze des Eisbergs. Der Hauptteil des Eisbergs ist die völlige Katastrophe, die die Entwicklung der US-Militärdoktrinen und damit auch der Beschaffung darstellt.

Ich habe jahrelang darüber gesprochen   – einige Lücken, wie z.B. bei der Luftverteidigung oder der Raketenabwehr, werden die USA nicht schließen können, denn während ich dies schreibe, wächst diese Lücke weiter. Sie wird nicht in Jahren, sondern in Generationen gemessen. Dies ist, als Beispiel, das Ergebnis eines fehlgeleiteten und unklugen Ansatzes zur Luftverteidigung, der auf ... Luftmacht beruht. Man muss das Ganze buchstäblich rückgängig machen, und das erfordert nicht nur den Bau einiger Anlagen, sondern ein völliges Umdenken in Bezug auf Amerikas Verteidigungs- oder besser gesagt "Angriffsphilosophie", die nicht funktioniert. Das hat sie nie. Dies ist beim gegenwärtigen Stand des amerikanischen geopolitischen Denkens unmöglich, ohne die Vereinigten Staaten, wie sie sich in den letzten hundert Jahren selbst wahrgenommen haben, zu überdenken. Die USA haben nicht den Mut, den Intellekt und den Willen, dies zu tun, weil es zu einer Zerstörung der amerikanischen Mythologie führen würde.

Die USA sitzen also in der Klemme. Es ist also gut, dass John Mearsheimer Teile davon versteht, aber er versteht nicht den Kern der Sache. Nachdem die USA die "Gegenoffensive" der Ukraine strategisch und operativ "geplant" hatten, stellte sich die Frage nach der Kompetenz des US-Militärapparats und wurde beantwortet: Er ist inkompetent! Es wird ein oder zwei Generationen dauern, bis selbst diejenigen, die sich derzeit in der Grundausbildung an den US-Service-Akademien befinden, gelernt haben, richtig und im Rahmen der realen militärischen und industriellen Fähigkeiten der USA zu denken.

Diese reale Fähigkeit hat nichts mehr mit den glücklichen Jahren der USA nach dem Zweiten Weltkrieg und danach gemein, und sie wird auch nicht wiederkommen. Russland wird nicht zulassen, dass die USA den Krieg in Europa entfesseln und gleichzeitig glauben, dass die USA diesen Krieg wieder hinter dem Ozean aussitzen können. Das funktioniert so nicht mehr, vor allem angesichts des Bautempos der russischen Marine, die U-Boote wie die 3M22 Zircon-Träger, die U-Boote der Yasen-Klasse und die Fregatten, die bereits mit Zircons ausgerüstet sind. Das sind Technologien, über die die USA einfach nicht verfügen und die USA sind auch nicht in der Lage, sie zu bekommen. China kann sich auf sie verlassen, und noch viel mehr auf Russland, falls die USA beschließen sollten, Selbstmord zu begehen, was die USA nicht können.

Es ist ein düsteres Bild der Korruption, der finanziellen und vor allem der intellektuellen Korruption innerhalb des militärischen und außenpolitischen Establishments der USA, und was John Mearsheimer nicht versteht   – es handelt sich nicht nur um irgendwelche Geräte, deren Nutzen die USA plötzlich erkannt haben. Nein, die ECHTE Erfahrung der militärischen Sonderoperation Russlands ist weit mehr als nur technologisch. Sie ist vor allem operativ und strategisch, was Russlands Generalstab zu einer gut geölten Maschine gemacht hat, die den Kriegsschauplatz in der Ukraine lediglich als Falle und Schrottplatz für die militärischen Kapazitäten der NATO nutzt. Denn Russland kämpft nicht gegen die Ukraine, sondern gegen die NATO. Und die NATO und die USA sind in Panik.

Letztlich ist Washington nicht in der Lage, eine Strategie zu entwickeln, denn es hat keine wirklichen Strategen, sondern nur Doktrinäre, die wieder einmal versagen werden, wenn es darum geht, die richtigen Schlüsse zu ziehen, denn dafür man müsste über einen geeigneten Werkzeugkasten verfügen. Den haben die USA nicht.

Viel Glück bei der "Eindämmung" Chinas!

Quelle: https://smoothiex12.blogspot.com/
Die Übersetzung besorgte Andreas Mylaeus

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