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"Entdollarisierung": Die BRICS setzen noch stärker auf Handel ohne den Dollar

Die BRICS sind zum international vielleicht beliebtesten Staatenbund geworden, dem derzeit etwa 30 Staaten beitreten wollen. In den BRICS wird der Ausstieg aus dem Dollar als Währung im Handel forciert, was dessen Beliebtheit noch erhöht.
von Anti-Spiegel, 11. Juni 2023
11. Juni 2023

Der Andrang von inzwischen etwa 30 Staaten, die der BRICS beitreten wollen, zeigt, wie sehr der „globale Süden“ der Dominanz des US-geführten Westens überdrüssig ist und nach einem Staatenbund sucht, der auf eine demokratische internationale Ordnung, anstatt auf Diktate und Sanktionsdrohungen setzt. Da Südafrika derzeit den Vorsitz der BRICS innehat und daher maßgeblich die Agenda des kommenden BRICS-Gipfels bestimmt, hat der Südafrika-Korrespondent der russischen Nachrichtenagentur TASS eine sehr interessante Analyse über die Situation und Lage der BRICS geschrieben, die ich übersetzt habe.

Beginn der Übersetzung:

Der neue globale Machtpol BRICS: die Herausforderungen der Expansion und die Aussichten für ihre Währung

Witalij Makartschew, Chef des TASS-Büros Südafrika, spricht über die Ergebnisse des BRICS-Außenministertreffens in Südafrika und die Erwartungen der südafrikanischen Regierung an das kommende Gipfeltreffen der Staats- und Regierungschefs der Mitgliedsländer.

Die BRICS (Brasilien, Russland, Indien, China und Südafrika) entwickelt sich rasch zu einer Schlüsselstruktur im gesamten System der internationalen Beziehungen, um die herum sich ein neuer und mächtiger Einflusspol herausbildet. Das sagte mir ein Beamter aus dem südafrikanischen Außenministerium nach dem Treffen der BRICS-Außenminister und dem Treffen der „Freunde der BRICS“ in Kapstadt, Südafrika, am 1. und 2. Juni.

Die Zukunft der Union aus der Sicht Südafrikas

„Der bevorstehende BRICS-Gipfel vom 22. bis 24. August in Johannesburg hat das Potenzial, ein Wendepunkt bei der Gestaltung der neuen Architektur der internationalen Beziehungen zu sein“, sagte ein Gesprächspartner aus dem südafrikanischen Außenministerium, der nicht namentlich genannt werden wollte. „Am letzten Tag des Gipfels plant der südafrikanische Präsident [Cyril] Ramaphosa ein Treffen der Staats- und Regierungschefs der BRICS und des Globalen Südens. Die Staats- und Regierungschefs der meisten afrikanischen Staaten, der ASEAN, der Karibischen Gemeinschaft (CARICOM) und der Mitglieder der Gruppe der G77 werden in Johannesburg erwartet. Mit anderen Worten: Auf dem BRICS-Gipfel werden Kräfte zusammenkommen, die andere Wege zur Entwicklung der modernen Welt sehen als der Westen.“

Den südafrikanischen Vertretern zufolge spielt Afrika eine Schlüsselrolle im Prozess der Herausbildung des neuen globalen Einflusspols. Der boomende Kontinent baut seine Position aufgrund des raschen Bevölkerungswachstums, des Reichtums an Bodenschätzen und des Wunsches nach fortschreitender Entwicklung und Wohlstand ständig aus.

Die BRICS haben es sich zur Priorität gemacht, sich in Richtung Multipolarität und einer neuen Sicherheitsarchitektur in der Welt zu bewegen, wie man mir im südafrikanischen Außenministerium mitteilte. „In den BRICS haben wir einen der führenden Architekten der Grundlagen einer neuen, gerechteren und sichereren Weltordnung“, betonte der Gesprächspartner. Er erinnerte daran, dass der südafrikanische Präsident Ramaphosa nun versucht, eine breite Front zur Reform des Systems der internationalen Organisationen zu schaffen, damit alternative Ansichten zum Westen über den weiteren Weg in der Weltentwicklung in diesen Organisationen besser vertreten werden können.

Südafrika ist der Ansicht, dass der Mechanismus der Entscheidungsfindung, auch in der UNO, demokratischer werden muss, wenn die internationalen Institutionen wirksam auf globale Herausforderungen und Krisen reagieren sollen. „Wir wollen in einer berechenbareren, inklusiveren, gerechteren und nachhaltigeren Weltordnung leben“, sagte der Gesprächspartner. „Und die BRICS-Gruppe muss eine wichtige Rolle bei der Gestaltung dieses Prozesses in der Welt spielen.“

„Wir stehen vor der Herausforderung, ein neues und gerechteres System der internationalen Beziehungen zu schaffen“, sagte die südafrikanische Ministerin für auswärtige Angelegenheiten und Zusammenarbeit, Naledi Pandor, die den Vorsitz innehatte, in ihrer Abschlussrede. „Wir haben uns mit globalen und regionalen politischen Fragen, dem Zustand der Weltwirtschaft und unserem gemeinsamen Wunsch nach Veränderung und Stärkung der Global Governance befasst.“ Sie betonte, dass sich die BRICS und der Globale Süden angesichts der gegenwärtigen Krise, mit der die Welt konfrontiert ist, gemeinsam für den Aufbau einer gerechteren Welt einsetzen müssen.

Herausforderungen der Expansion

Die Richtung, die die BRICS in den letzten Jahren als Fundament der neuen Weltordnung eingeschlagen haben, hat auch erhebliche Auswirkungen auf die Erweiterungsstrategie der Gruppe.

Die BRICS-Gruppe sieht sich mit einer Situation konfrontiert, in der zahlreiche Länder aus der ganzen Welt „hartnäckig um Aufnahme in die Gruppe bitten“, so sagte mir Anil Sooklal, Sonderbotschafter für Asien und die BRICS im südafrikanischen Außenministerium und südafrikanischer Sherpa bei den BRICS. Er sagte, dass bis zu 30 Staaten formelle und informelle Anträge auf Beitritt zu den BRICS gestellt hätten. Dazu gehören Afghanistan, Algerien, Argentinien, Bahrain, Bangladesch, Belarus, Ägypten, Indonesien, Iran, Kasachstan, Mexiko, Nicaragua, Nigeria, Pakistan, Saudi-Arabien, Senegal, Sudan, Syrien, Thailand, Tunesien, Türkei, Vereinigte Arabische Emirate, Uruguay, Venezuela und Simbabwe.

„Die Aufgabe, die Vision, die Prinzipien, die Standards, die Kriterien und die Regeln für die BRICS-Erweiterung auszuarbeiten, wurde von den Staats- und Regierungschefs der Gruppe am Ende ihres Gipfels, der unter chinesischem Vorsitz stattfand, auf das Jahr 2022 festgelegt“, sagte Sooklal. „Die Staats- und Regierungschefs der Gruppe haben die Grundsatzentscheidung getroffen, dass BRICS erweitert werden soll“, betonte er. „Seit Januar letzten Jahres arbeiten die BRICS-Sherpas an der Vorbereitung der entsprechenden konzeptionellen Unterlagen.“

So wurde beispielsweise das Konzept der Sherpas für die BRICS-Erweiterung auf einer Sitzung der Außenminister der Gruppe am 1. Juni in Kapstadt, Südafrika, zur Diskussion gestellt.

Die Minister akzeptierten das Dokument nicht und schickten es zur Überarbeitung zurück. Sie beauftragten die Sherpas, rechtzeitig vor dem 15. Gipfeltreffen der Vereinigung im August in Johannesburg ein verfeinertes Erweiterungskonzept und eine Liste von Kriterien für die Aufnahme neuer Mitgliedsländer vorzulegen.

„Freunde der BRICS“

Am Tag nach dem Außenministertreffen in Kapstadt, am 2. Juni, trafen sich die „Freunde der BRICS “ auf Außenministerebene, um verschiedene Formen der Zusammenarbeit zwischen den BRICS und den an einem Beitritt zum Verband interessierten Ländern zu diskutieren. An dem Treffen nahmen die Außenminister der BRICS-Staaten und von 12 Ländern des Globalen Südens sowohl persönlich als auch per Video teil: Ägypten, Argentinien, Bangladesch, Komoren, Kuba, Demokratische Republik Kongo, Gabun, Indonesien, Iran, Saudi-Arabien, Vereinigte Arabische Emirate und Venezuela.

Nach Angaben der südafrikanischen Zeitung Daily Maverick haben die Treffen in Kapstadt gezeigt, dass innerhalb der BRICS-Staaten keine Einigkeit darüber besteht, ob eine Erweiterung der Gruppe wünschenswert ist, geschweige denn über die Kriterien für die Aufnahme von Kandidaten. Der Zeitung zufolge ist China begeistert von der Erhöhung der Zahl der BRICS-Mitglieder, Südafrika und Russland haben Interesse gezeigt, aber Brasilien und vor allem Indien sind kategorisch dagegen. Das Hauptargument der letzteren ist, dass die BRICS-Erweiterung die Position der Gründer der Gruppe schwächen würde. Uneinigkeit herrscht auch über die Kriterien für die Aufnahme.

Mein Gesprächspartner aus dem südafrikanischen Außenministerium sagte, dass mehrere Formeln für die BRICS-Erweiterung in Betracht gezogen werden. Eine davon sieht vor, dass der Stärkung der wirtschaftlichen Zusammenarbeit durch die Neue Entwicklungsbank (New Development Bank) Vorrang eingeräumt werden soll. Gleichzeitig könnten die Länder, die in die Bank aufgenommen werden, an verschiedenen Formaten der BRICS-Gruppe teilnehmen, ohne der Gruppe formell beizutreten.

Ein weiteres Format sei der so genannte BRICS-Outreach. „Diese Struktur beinhaltet die Schaffung mehrerer Kooperationsgruppen unter BRICS, die an spezifischen Projekten und Bereichen arbeiten werden“, betonte er. „Intensive Konsultationen sind im Gange“. Südafrika rechnet jedenfalls nicht mit einer schnellen Entscheidung über die Erweiterung der Union. Als diesjähriger BRICS-Vorsitzender hat sich Südafrika jedoch das Ziel gesetzt, die Annäherung der Gruppe an Afrika zu beschleunigen.

Die Zeit für die BRICS-Einheitswährung ist noch nicht gekommen

In den letzten Monaten gab es in den BRICS auch intensive Beratungen über ein Projekt zur möglichen Einführung einer einheitlichen Währung für die Gruppe, aber es gibt noch keine Entscheidung, sagte mir ein Sprecher des südafrikanischen Außenministeriums. „Die Aufgabe, eine einheitliche BRICS-Währung einzuführen, befindet sich noch in der Phase der Vorstudien“, sagte mein Gesprächspartner. Ihm zufolge wird die Frage innerhalb der BRICS in ihrer „konzeptionellen Form“ diskutiert.

Der südafrikanische BRICS-Sherpa Sooklal sagte seinerseits, die Frage einer einheitlichen BRICS-Währung werde von den Experten der Gruppe vorbereitet. „Zunächst muss jedoch die Grundlage für eine einheitliche Währung innerhalb der BRICS geschaffen werden“, sagte er. „Diese Grundlage sollte darin bestehen, dass die BRICS-Mitglieder ihre nationalen Währungen verstärkt im gegenseitigen Handel und bei Investitionen verwenden. Die BRICS-Länder haben Vereinbarungen über den Handel in nationalen Währungen getroffen, und wir sind entschlossen, diese umzusetzen“, sagte er. Sooklal wies jedoch darauf hin, dass Südafrika als BRICS-Vorsitzender die Reform der globalen Finanzarchitektur als vorrangig ansieht.

In Südafrika ist man der Ansicht, dass es zu früh ist, den US-Dollar direkt herauszufordern. Im vergangenen Monat räumte die südafrikanische Ministerin für auswärtige Angelegenheiten und Zusammenarbeit, Pandor, ein, dass in der ganzen Welt, auch in den BRICS-Ländern, darüber diskutiert werde, wie man sich vom US-Dollar abwenden könne. „Dabei geht es weniger um den Dollar an sich, sondern in erster Linie um die Stärkung anderer Währungen“, betonte sie. „Ich sehe diese Art der Fragestellung nicht als negativ an. Die Frage ist, ob es möglich ist, ein System zu schaffen, in dem andere Währungen in den internationalen Handel einbezogen werden, ob es eine Möglichkeit für uns gibt, unsere eigene Währung und die der BRICS-Länder im internationalen Handel zu verwenden.“

Der Westen ist nicht bereit, seine Positionen kampflos aufzugeben

Südafrika ist in den letzten Monaten unter starken Druck seitens der USA und einiger EU-Länder geraten, die eindeutig wollen, dass das Land seine Beziehungen zu Russland und China abbricht. Unter anderem werfen die USA Südafrika vor, Russland mit Waffen zu beliefern. So behauptete der amerikanische Botschafter in Südafrika, Reuben Brigety, bei einer Pressekonferenz am 11. Mai, das russische Schiff Lady R habe im Dezember 2022 den südafrikanischen Marinestützpunkt in Simonstown angelaufen und dabei angeblich Waffen und Munition an Bord genommen. Ramaphosa ordnete die Einsetzung einer unabhängigen Kommission an, die die Situation rund um die Lady R untersuchen soll.

Wie die Reserve Bank of South Africa (die als Zentralbank fungiert) in ihrem Bericht vom Mai feststellte, sind die westlichen Länder in der Lage, aufgrund der engen Beziehungen zu Russland Sanktionen gegen die Südafrikanische Republik zu verhängen. Die Situation hat sich bereits auf die Position der südafrikanischen Währung ausgewirkt, die Anfang Juni auf einen historischen Tiefstand gegenüber dem US-Dollar gefallen ist.

„Die NATO-Länder fordern nun, dass Südafrika seine strategischen Beziehungen zu Russland aufgibt, aber die Republik wird sich ihrem Druck nicht beugen“, erklärte mir Alvin Botes, der stellvertretende Minister für auswärtige Angelegenheiten und Zusammenarbeit Südafrikas. „Aufgrund der politischen Haltung, die die NATO zur Krise in der Ukraine eingenommen hat, werden wir gedrängt, die Beziehungen zu Russland abzubrechen. Wir halten jedoch unbeirrt an unserer Position der Freundschaft und Partnerschaft mit Russland fest.“ Botes beschrieb die Beziehungen zwischen Südafrika und der Russischen Föderation als strategisch und auf historischen Verbindungen basierend, die den Test der Zeit bestanden haben.

„Russland ist seit vielen, vielen Jahren ein Freund und Partner Südafrikas, auch während der Anti-Apartheid-Periode“, sagte Pandor ihrerseits. „Wir können nicht auf Wunsch einer anderen Partei zu Feinden werden.“

Ende der Übersetzung

Quelle: https://www.anti-spiegel.ru/2023/die-brics-setzen-noch-staerker-auf-handel-ohne-den-dollar/

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