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Doctorow: Die neue Nukleardoktrin von Belarus: WION, indischer englischsprachiger globaler Nachrichtendienst

Von Gilbert Doctorow 17.01.2024 - übernommen von gilbertdoctorow.com
18. Januar 2024

Nach meiner Rückkehr aus dem Urlaub war ich heute Morgen auf Einladung des indischen Rundfunksenders WION wieder auf Sendung, um die jüngsten Ankündigungen aus Minsk zu kommentieren, wonach eine neue weißrussische Doktrin über den Einsatz von Atomwaffen eingeführt wird.

Zum jetzigen Zeitpunkt ist über den Inhalt dieser Doktrin nur sehr wenig bekannt, obwohl sie sich eindeutig auf taktische Nuklearwaffen aus Russland bezieht, die seit letztem Sommer im Land stationiert sind. Dennoch erscheint es sinnvoll, diese Ankündigung mit der Erklärung des ehemaligen russischen Präsidenten Dmitri Medwedew vor einigen Tagen in Verbindung zu bringen, wonach Russland bereit ist, auf jeden Angriff, auch mit konventionellen Waffen, auf seine Raketenarsenale im russischen Kernland mit Atomwaffen zu reagieren. Die Erklärung Medwedews ist im Zusammenhang mit den Plänen Deutschlands, Großbritanniens und Frankreichs zu sehen, in naher Zukunft Langstreckenraketen an Kiew zu liefern, deren Reichweite weit in das Gebiet der Russischen Föderation hineinreicht.

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Siehe https://www.youtube.com/watch?v=ElCTjWdfx80

Transkript

Crispino Nunes:

Weißrussland arbeitet an einer neuen Militärdoktrin, die auch den Einsatz von Atomwaffen vorsieht. Nun sagte der weißrussische Verteidigungsminister am Dienstag, dass der russische Verbündete bald eine neue Doktrin vorlegen wird. Die neue Doktrin kommt inmitten des laufenden Russland-Ukraine-Krieges. Russland hat im vergangenen Jahr taktische Atomwaffen nach Weißrussland geschickt. Außerdem hat Russland das weißrussische Territorium als Sprungbrett genutzt, um seine Truppen 2022 in die Ukraine zu schicken. Moskau unterhält auch Militärbasen und Waffen in Weißrussland. Russland hat erklärt, dass es die Kontrolle über diese Waffen behalten wird. Diese Waffen sind für den Einsatz auf dem Schlachtfeld bestimmt und haben eine kurze Reichweite und eine vergleichsweise geringe Sprengkraft.

Derzeit ist nicht klar, wie die neue Doktrin auf russische Waffen angewendet werden kann. Die Doktrin wird der gesamten belarussischen Volksversammlung zur Genehmigung vorgelegt. Bei der Versammlung handelt es sich um ein repräsentatives Gremium, das parallel zum belarussischen Parlament arbeitet.

Weißrussland verfügte als Teil der Sowjetunion sowohl über taktische als auch über Langstrecken-Atomwaffen. Die Waffen wurden nach dem Zusammenbruch der UdSSR an Russland abgegeben. Diese Doktrin ist das einzige Mal, dass Belarus nach dem Zerfall der Sowjetunion eine Nukleardoktrin entwickelt hat.

Bei uns ist jetzt Dr. Gilbert Doctorow, Analyst für internationale Angelegenheiten, Autor und Historiker aus Brüssel. Vielen Dank für Ihre Teilnahme an dieser Sendung.

Dr. Gilbert Doctorow:

Sehr gerne.

Crispino Nunes:

Meine erste Frage an Sie: Wie sieht Europa aus Ihrer Sicht die Nukleardoktrin von Belarus zum jetzigen Zeitpunkt?

Dr. Gilbert Doctorow:

Die weißrussische Nukleardoktrin wird gerade eingeführt. Die Konturen sind aber noch etwas unklar. Sie muss aber in einen breiteren Kontext gestellt werden, in dem Russland seine nukleare Haltung, seine eigene Nukleardoktrin in Übereinstimmung mit den sich verändernden Umständen, den sich verändernden Bedrohungen, die es durch den Krieg in der Ukraine sieht, neu justiert.

Es muss gesagt werden, dass vor zwei Tagen Herr Dmitri Medwedew, der ehemalige russische Präsident in der Zeit zwischen der ersten Amtszeit von Herrn Putin und seiner weiteren Amtszeit nach der Änderung der Verfassung, Stellung genommen hat. Herr Medwedew, war damals als Präsident ein Lamm und dem Westen gegenüber sehr mild und sympathisch. Er ist in seiner jetzigen Inkarnation als Mitglied des Sicherheitsrates innerhalb Russlands zu einem ziemlich starken Nationalisten geworden und ist eine führende Stimme der Konservativen.

Und er hat vor zwei Tagen gesagt, Russland sei bereit, taktische Atomwaffen einzusetzen, falls es von konventionellen Waffen angegriffen würde, die auf seine Raketenbasen im russischen Kernland gerichtet sind.

Dies ist ein Politikwechsel   – bzw. eher eine Klarstellung der Politik   –, die sich seit einiger Zeit in kleinen Schritten vollzieht. Jetzt sehen wir die größeren Schritte. Und warum geschieht das jetzt?

Ich denke, man kann mit Sicherheit sagen, dass der russische Geheimdienst sich möglicher dramatischer Angriffe auf das russische Kernland bewusst ist, die als Ergebnis der Vabanque-, der Go-For-Broke-Politik kommen, die jetzt in Washington, in London, in Berlin und Brüssel gemacht wird, um zu retten, was von der verlorenen Sache der ukrainischen NATO-Mitgliedschaft und der weiteren Existenz der Ukraine als wichtiger souveräner Staat in Europa noch zu retten ist.

Die Russen haben Herrn Podoljak und andere hochrangige ukrainische Beamte sagen hören, dass der Krieg für sie zwar nicht sehr gut läuft, dass sie aber noch ein paar Tricks im Ärmel haben. Und die Tricks in ihrem Ärmel könnten sehr wohl der Einsatz von Langstreckenraketen sein, die von Deutschland, Frankreich und Großbritannien bereitgestellt werden, um Verteidigungsbasen in der Russischen Föderation anzugreifen.

Russland lässt alle wissen, und Weißrussland ist eine Partei in dieser Politik: "Wenn ihr das tut, werdet ihr eine nukleare Antwort bekommen!"

Crispino Nunes:

Wir werden die Entwicklungen sehr genau verfolgen. Dr. Gilbert Doctorow, wir danken Ihnen, dass Sie uns in dieser Sendung Ihren Standpunkt zu diesem Thema darlegen.

Dr. Gilbert Doctorow:

Danke für die Einladung.

Quelle: https://gilbertdoctorow.com/
Mit freundlicher Genehmigung von Gilbert Doctorow
Die Übersetzung besorgte Andreas Mylaeus

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