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Bluffs und Gegenbluffs in der Ausweitung des Krieges

Als Verteidigungsminister Austin zuletzt "Israel" besucht hat, gab er eindeutig "grünes Licht" für israelische Militäraktionen, um die Hisbollah aus dem Südlibanon zu vertreiben.
Von Alastair Crooke 18.01.2024 - übernommen von english.almayadeen.net
19. Januar 2024

Alastair.jpgDie Rote Pille*, die der Iran einsetzt, ist einfach diese: Sollte der Iran von den USA angegriffen werden, wäre die Zerstörung "Israels" für die USA nicht hilfreich. (Illustriert von Mohammad Mokalled für Al Mayadeen English)

Die Washington Post berichtete am 7. Januar 2024, dass Biden seinen Stab damit beauftragt hat, einen sich ausweitenden regionalen Krieg zu verhindern. Die Meldung wurde absichtlich durchgesickert (wie selbst die Washington Post zugibt)   – und ist ein Bluff.

Als Verteidigungsminister Austin das letzte Mal "Israel" besucht hat, gab er eindeutig "grünes Licht" für israelische Militäraktionen, um die Hisbollah aus dem Südlibanon nördlich des Litani-Flusses zu vertreiben   – etwa 29 km nördlich der südlichen Grenze der Blauen Linie.

Austins einziger Vorbehalt war jedoch, dass diese Militäraktion das Ergebnis des Versuchs des Biden-Gesandten Hochstein abwarten sollte, die provisorische Regierung des Libanon davon zu überzeugen, die Entwaffnung und Vertreibung der Hisbollah nördlich des Flusses Litani zu "garantieren".

Berichten zufolge sitzen fast 250.000 Israelis in Hotels (auf Kosten der israelischen Regierung) und warten auf den Moment, in dem sie in ihre Häuser in "Nordisrael" zurückkehren können, aus denen sie von den Behörden evakuiert wurden. Verteidigungsminister Gallant hat ihnen versprochen, dass sie bis Ende Januar (d.h. bald --- noch in diesem Monat) nach Hause zurückkehren werden. Die Bewohner haben Gallants Vorschlag jedoch abgelehnt, da sie die Nähe der Hisbollah zu ihren Häusern fürchten (und, wie sie meinen, die Möglichkeit eines neuen Ereignisses vom 7. Oktober aus dem Norden).

Zu verlangen, dass die Hisbollah entwaffnet wird und sich 40 km von der Grenze entfernt zurückzieht, ist schlichtweg "magisches Denken". Im Südlibanon ist die Hisbollah ein zentraler Bestandteil des Lebens in fast jedem Dorf, und das seit etwa 500 Jahren; sie wird sich nicht bewegen und nicht entwaffnen lassen.

Daher räumt der US-Gesandte Hochstein nun ein, dass die Verlegung der Hisbollah nicht mehr in seinem Fokus steht. Die USA, so sagt er jetzt, wollen "Ruhe" an der südlichen Grenze, d.h. es gehe nur noch darum, die libanesische Front von der in Gaza zu trennen (damit der Krieg auf Gaza beschränkt bleibt). Dies würde "Israel" natürlich den Spielraum geben, seine Operationen gegen die Hamas und den Gazastreifen fortzusetzen, ohne befürchten zu müssen, dass die Nordfront aufflammt.

Hier liegt also der erste wichtige Bluff: Die Regierung Biden hat nie ernsthaft versucht, die Ausweitung des Krieges zu verhindern; militärische Maßnahmen gegen die Hisbollah hatten bereits "grünes Licht". Erst an diesem Wochenende hat Minister Ben Gvir wieder darauf bestanden, dass "Israel" die Hisbollah im Libanon präventiv angreift. Und Netanjahu betonte: "Niemand wird uns aufhalten".

Eine Ausweitung des Krieges ist also 'ok'. Bidens Ziel ist es vielmehr, Israel maximalen Spielraum zu geben, um seine maximalistischen Ziele zu erreichen   – abgemildert nur durch den "Kicker", dass er nicht will, dass ein ausgeweiteter Krieg den Iran oder Russland in die Sache hineinzieht. (Russland in Bezug auf Syrien.)

Der britische Verteidigungsminister Grant Shapps warnte am Samstag den Iran, dass die Welt "mit ihrer Geduld am Ende ist". Er sagte, das iranische Regime müsse seine "Houthi-Schläger" auffordern, ihre Angriffe am Roten Meer abzubrechen, und andere iranische "Stellvertreter" auffordern, ihre Aktionen "einzustellen und zu unterlassen", und warnte, dass eine "Grenze wirklich überschritten" worden sei. Shapps warnte:

"Wir sehen euch; wir durchschauen, was ihr tut. Wir sehen, wie ihr es macht, insbesondere die Houthi-Rebellen, und das kann nichts Gutes bringen.

Natürlich ist auch dies reiner Unsinn. Es ist ein Bluff. Die Houthis sind vielleicht Schiiten   – wie auch die Iraner   – aber sie sind Zaidis und nicht dieselben Schiiten wie die Iraner   – die Iraner sind "Zwölfer"-Schiiten, während die Houthis "Trenner" sind. Die sehr unabhängigen Houthis (Ansarallah) mögen in vielen Dingen mit dem Iran übereinstimmen, aber niemand, aber auch niemand, sagt ihnen, was sie zu tun haben.

"Wer hat euer Land angegriffen?" fragte Ansarallah-Führer Mohammed Ali al-Houthi am Freitag auf einer Kundgebung auf dem Sabeen-Platz in San'a. Zehntausende von Jemeniten, die sich dort versammelt hatten, um gegen die Angriffe der USA und Großbritanniens zu protestieren, antworteten: "Amerika"! "Amerika ist der Teufel. Amerika ist euer Feind. Amerika ist Terrorismus", antwortete der Houthi-Führer.

Das Getöse von Biden und Shapps wird von der Ansarallah beantwortet werden. Sie werden nicht "aufhören und ablassen". Die Konfrontation mit den USA ist seit langem ein Ziel der Ansarallah. Das Wall Street Journal beschreibt treffend die Lage, in die sich die USA und Großbritannien begeben haben: "Die Angriffe geben den Houthis den Feind, den sie lange gesucht haben."

Elisabeth Kendall stellt fest:

"Die Houthis sind an schwere Luftangriffe gewöhnt und wissen, dass die USA nicht eskalieren werden, weil sie keine Bodentruppen einsetzen oder die regionalen Spannungen weiter anheizen wollen. Das macht sie [die Houthis] jetzt zu Opferhelden, zu heldenhaften Märtyrern, die keinen wirklichen Grund haben, aufzuhören   – und die eine hohe Toleranz gegenüber Opfern haben."

Der Sprecher des Weißen Hauses, John Kirby, erklärte, die USA wollten keinen Krieg mit dem Jemen, würden aber nicht zögern, weitere Maßnahmen zu ergreifen. Wie Larry Johnson anmerkt, besteht der Bluff darin, dass weder das Vereinigte Königreich noch die USA in der Lage sind, eine dauerhafte Marinepräsenz vor der jemenitischen Küste aufrechtzuerhalten, wo billige Drohnen und Raketen den Vorrat an Flugabwehrraketen der Schiffe leicht erschöpfen können.

Der größere Bluff, der hier im Spiel ist, ist jedoch der gegenüber dem Iran. Die Neokonservativen in den USA haben sich lange nach militärischen Maßnahmen gegen den Iran gesehnt, aber die Abschreckungsfähigkeit des Irans hat sich in den letzten Jahren verändert, während die US-Falken "bombe, bombe, bombe den Iran" fordern.

Das Fazit für die USA muss die iranische "Rote Pille" sein. Im Klartext: Ja, die USA können die iranische zivile Infrastruktur zerstören, aber weder die nukleare Infrastruktur noch die verstreute, versteckte "Roten Pille" der Raketenabwehr.

Denken Sie daran, was der ehemalige israelische Premierminister Ehud Barak 2022 im Time Magazine geschrieben hat:

"Die Realität sieht so aus: Sowohl Israel als auch (mit Sicherheit) die USA können über dem Himmel des Irans gegen diese oder jene Anlage operieren und sie zerstören. Aber sobald der Iran de facto ein Schwellen-Nuklearstaat ist [was er jetzt ist], kann diese Art von Angriff die Iraner einfach nicht mehr davon abhalten, zu einem Atomstaat zu werden. Unter bestimmten Umständen könnte er sogar seine Bemühungen um den Bau der Bombe beschleunigen und ihm ein gewisses Maß an Legitimität aus Gründen der Selbstverteidigung verschaffen."

"Mit anderen Worten, im Gegensatz zu den chirurgischen Operationen, die vor 12 Jahren in Betracht gezogen wurden oder vor 4 Jahren hätten in Betracht gezogen werden können   – Operationen, die das iranische Programm erheblich verzögern konnten (und gleichzeitig einen Krieg mit dem Iran riskierten)   – bringen die gegenwärtigen Möglichkeiten das ganze Risiko eines Krieges mit sich (insbesondere für Israel)   – bei nur geringer Wahrscheinlichkeit, das iranische Atomprogramm zu verzögern ... Es ist an der Zeit, der Realität ins Auge zu sehen..."

Die rote Pille*?

Die rote Pille, die der Iran vorlegt, ist einfach diese: Sollte der Iran von den USA angegriffen werden, wird die Zerstörung "Israels" für die USA nicht hilfreich sein. Denn "Israel" wird nicht mehr existieren (tief vergrabene und verstreute Raketen werden automatisiert noch lange nach dem Ende der westlichen Angriffe abgeschossen werden).

Dies ist kein Bluff. Der Iran will definitiv keinen "großen Krieg", sondern bereitet sich seit zwanzig Jahren auf eine solche Eventualität vor.

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*Anmerkung des Übersetzers: Der Begriff "Rote Pille" wurde 1999 durch den Science-Fiction-Film "Die Matrix" bekannt. In dem Film bekommt der Protagonist Neo von Morpheus eine rote und eine blaue Pille angeboten. Die Einnahme der roten Pille symbolisiert die Bereitschaft, die harte Realität zu sehen und zu akzeptieren, auch wenn sie unangenehm oder herausfordernd ist. Sie steht für die Entscheidung, sich von Illusionen zu befreien und sich der Wahrheit zu stellen, egal wie schwierig sie auch sein mag.

Quelle: https://english.almayadeen.net/articles/analysis/bluffs-and-counter-bluffs-as-the-war-widens
Die Übersetzung besorgte Andreas Mylaeus

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