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Klarheit, Eindeutigkeit ist erforderlich


Klarheit, Eindeutigkeit ist erforderlich

Luz María De Stéfano Zuloaga de Lenkait zu Süddeutsche Zeitung (SZ) vom 4.9.: „In der Glaubwürdigkeitsfrage" von Peter Münch, und Süddeutsche Zeitung (SZ) vom 5.9: „Aufruf zu mehr Einigkeit" von Daniel Brössler

von Luz María De Stéfano Zuloaga de Lenkait, Juristin und Diplomatin a.D

Abschlusserklärung der Konferenz der blockfreien Staaten in Teheran mit Unterstützung der Gründung des Staates Palästina und der Forderung nach einer atomwaffenfreien Zone Naher und Mittlerer Osten

Ausgerechnet als die Konferenz der blockfreien Staaten in Teheran (30.- 31.8.) mit einer einstimmigen Abschlusserklärung der zirka 120 Mitgliedsstaaten der Vereinten Nationen erfolgreich beendet wurde, beginnt die Regierung Israels wieder ihr störendes Gekreische, den Iran mit einem Militärschlag zu drohen und begehen damit erneut einen Bruch des Völkerrechts, nämlich der Charta der Vereinten Nationen (UN), der sie als UN-Mitglied verpflichtet sind. Noch geschieht das ohne internationale Zurückweisung und Ermahnung Israels. In der Tat steckt Washington in einer diplomatischen und politischen Glaubwürdigkeitsfalle, aber nicht nur Washington, sondern auch seine EU-Satelliten, weil sie sich gerade alle in eine inakzeptable Bedrohungs- und Sanktionspolitik hinein manövriert und den potentiellen sich selbst ankündigenden Aggressor Israel bisher nicht verurteilt haben. Daraus ergibt sich das Malheur der US/EU-Politik im Nahen Osten. Daraus ergibt sich die Falle, aus der heraus es tatsächlich unmöglich wird, eine schlüssige Politik abzuleiten.

Das Kriegstrommeln Israels ist wie alles, was aus Tel Aviv kommt, hoch einkalkuliert, um die Öffentlichkeit von zwei brisanten politisch aktuellen Prioritäten abzulenken:

  1. Die blockfreien Staaten unterstützen einstimmig die Gründung des Staates Palästinas. Damit ist die für die Staatsgründung erforderliche Zustimmung von einer Zwei-Drittel-Mehrheit auf der bevorstehenden UN-Vollversammlung im laufenden September so gut wie sicher, und
  2. Die blockfreien Staaten fordern die Errichtung einer atomwaffenfreien Zone im Nahen und Mittleren Osten.

Beide Initiativen sind ein Dorn im Auge der israelischen Regierung, die ihren illegitimen Besitz von Atomwaffen und Territorium als unantastbar gelten lassen will. Damit muss sich Peter Münch mutig und selbstsicher beschäftigen, denn es handelt sich um eine inakzeptable völkerrechtswidrige Lage, die die Regierung Netanjahu weiter auf Kosten der Palästinenser und auf Kosten der Sicherheit der Region und der ganzen Welt unverändert als Status Quo lassen will. Selbstverständlich versuchen sich die USA von einer wahnsinnigen Politik herauszuhalten, aber sie haben sich mitschuldig gemacht, indem sie sich zionistischen Kreisen gegenüber nachgiebig zeigten und keine Sanktionen gegen Israel verhängten, was seit langem fällig ist.

Auch anderswo im Nahen und Mittleren Osten gibt es für Washington Handlungsbedarf: Washington muss seine Beziehungen mit dem Iran normalisieren und darf Vermittlungen in Syrien nicht weiter torpedieren, so dass dieses Land endlich seine internen Frieden findet, wie es ihn verdient. „Es wäre die erste wirkliche Friedenstat des Friedensnobelpreisträgers", wie Jürgen Todenhöfer zu recht behauptet. (SZ, 3.9.). Aber genauso müssen die EU und Berlin aufhören, Krieg und Gewalt in Syrien zu fördern. Der Zynismus von Guido Westerwelle ist widerlich. Nachdem er selbst durch eine menschenfeindliche Sanktionspolitik die Lebensbedingungen für die Menschen in Syrien verschlimmert hat, wagt er zusammen mit den Feinden Syriens, den Vereinigten Arabischen Emiraten, über „Bedingungen für eine Übergangsregierung" in Syrien zu sprechen. Westerwelle muss sich für die humanitäre Katastrophe verantworten, die sein interventionistischer Aktionismus in Syrien verursacht hat, indem er bewaffnete Oppositionelle zu brutaler Gewalt anstiftete und ermutigte, kriminelle Banden, die auch aus den Emiraten und Washington unterstützt werden.

Der deutsche Außenminister hätte sich schon längst vor der deutschen Öffentlichkeit und vor dem Bundestag dafür verantworten müssen, dass er höchst persönlich den UN-Friedensplan von Kofi Annan sabotiert hat und somit der Gewalt in Syrien freie Bahn ließ. Aber das Parlament funktioniert nicht so, wie es ein freiheitlich-demokratischer Rechtsstaat erfordert. Wo bleibt ein parlamentarischer Untersuchungsausschuss zu den rechtswidrigen Vorgängen im Auswärtigen Amt, die Syrien betreffen?

An Russland können sich Washington und Berlin ein Beispiel nehmen, denn die russische Regierung praktiziert eine zivilisierte dem Völkerrecht gemäße Außenpolitik. Man werde den „Druck für einen Dialog zwischen den Syrern erhöhen", erklärte der russische Botschafter bei den Vereinten Nationen, Witali Tschurkin. Das Verhalten des Westens „führt zu einer schlimmeren Eskalation der Konfrontation". Washington und dessen Partnerstaaten tragen die Last der Verantwortung für die katastrophalen Folgen ihres Verhaltens.

Die blockfreien Staaten haben für eine entgleiste Welt wieder die Leitlinien der Zivilisation gesetzt und den palästinensisch-israelischen Konflikt in den Vordergrund der Weltpolitik gerückt. Das Unrecht ist extrem gravierend und nicht zu übersehen. Das alarmiert und erklärt, wieso die zivilisierten souveränen Staaten, die mehr als Zwei-Drittel-Mehrheit der Nationen der Welt repräsentieren, zu einer Konferenz zusammentreffen. Dort befindet sich die wahre internationale Völkergemeinschaft. Es sind die vielen Nationen, die zu lange auf eine vernünftige Außenpolitik gewartet haben, eine Welt, die zu lange von brutaler Gewaltpolitik dominiert worden ist, eine Brutalität, die sich in den Medien hinter der Maske der „Freiheit und Demokratie" verkauft.

Unter der Gewalt und dem Unrecht des NATO-Blocks sind die Vereinten Nationen (UN) degradiert worden. Die USA und die EU blamieren sich selbst bis auf die Knochen: Solange sie weiter falsche Anschuldigungen gegen ein Mitglied der Weltstaatengemeinschaft verbreiten, machen sie sich weiter unbeliebt und verlieren weiter an Vertrauen, Glaubwürdigkeit und Akzeptanz in der Familie der Nationen. Eine jüngste Quittung des verlogenen und verlorenen Spiels der USA und ihrer EU-Anhängsel hat das Gipfeltreffen der blockfreien Staaten in Teheran (30/31.8.2012) geliefert.

Ein verlogener tendenziöser Diskurs in den Medien versucht seit einigen Jahren vergebens, die Debatte gegen den Iran zu lenken, ein Land, das offenkundig zur Entspannung in der Region und in der Weltpolitik beiträgt, ein Land, das keine Kernwaffen besitzt und solche auch nicht besitzen will. Diese Realität zu leugnen und umzukehren, zeigt wie unseriös der Westblock USA/EU die Vision einer atomwaffenfreien Welt in Wirklichkeit nimmt. Peter Münch darf keineswegs das falsche Spiel Israels und der USA weiterspielen und eine verkehrte Welt als glaubhaft malen. Die Lüge ist schon entlarvt und die Wahrheit ans Licht gekommen, und zwar in Teheran Ende August vor den Augen der ganzen Welt. Europa hätte mindestens Beobachter dorthin schicken sollen. Allein da zu stehen, nutzt niemandem.

Die USA sind der „Hauptverdächtige" für die Weiterverbreitung von Nuklearwaffen. Davon zeugen die zahlreichen US-Basen mit Atombomben in zahlreichen Ländern der Welt, darunter auch Israel mit mehr als 200 Atombomben. Als erstes gilt es, diese nuklearen Stützpunkte abzubauen. Die Paralysierung des Westblocks zeigt vor allen Augen der Welt sein Unvermögen, sich der internationalen Realität und ihren Problemen zu stellen. Journalisten wie Peter Münch und andere müssen endlich aufwachen und das hässliche gefährliche Gesicht des Westblocks wahrnehmen, so dass sie den Westen realistisch nicht weiter als unantastbar betrachten und sich deshalb in der falschen Verpflichtung sehen, seine Untaten zu verteidigen oder zu decken, da Untaten nicht zu verteidigen und auch nicht zu decken sind. Mit dem Unfug, Washington treu zu bleiben, muss es ein Ende haben. Es ist ein unzulässiger Unfug, der lediglich dazu führt, weiterhin jede westliche Augenwischerei zu decken oder zu vertuschen.

Peter Münch muss sich selbstsicher trauen, die fehlgeschlagene und entgleiste Außenpolitik seiner Regierung bloß zu stellen und die an die USA gefesselte deutsche Außenpolitik als ein Hindernis und Quelle aller Fehlschritte Deutschlands zu brandmarken. Dieses irrationale unwürdige Hinterherhecheln hinter einem unzurechnungsfähigen Israel und hinter einer irrationalen US-Politik liegt sicherlich nicht im deutschen Interesse, auch nicht im Interesse der Weltstaatengemeinschaft, weil es die Welt unsicherer macht. Der Westblock hat dafür auf dem Gipfeltreffen der Blockfreien in Teheran die Quittung bekommen. Israel ist kein zuverlässiger Partner, weder für Washington noch für die EU, auch nicht für Berlin, weil es sich völlig aus der Bahn geworfen bewegt und unzurechnungsfähig geworden ist.

Deshalb ist die Reise des Außenministers Guido Westerwelle nach Jerusalem ein falscher Schritt, der zu nichts führen wird. Ist Westerwelle wirklich darauf vorbereitet, auf das gewöhnliche Lamento über den Holocaust angemessen zu reagieren? Ein Lamento, das der deutsche Außenminister gewiss wiederholt hören wird als Alibi für den Fortbestand der irrationalen Aggressivität Israels. Man sollte sich nur an die gescheiterte Reise vom ehemaligen Außenminister Walter Steinmeier nach Israel erinnern, die in einem Eklat endete, genauso wie die letzte Reise der amerikanischen Außenministerin Hillary Clinton, die nach ihrem höchst unangenehmen Israel-Erlebnis öffentlich erklärte, nie mehr dorthin reisen zu wollen. Das Anliegen der Reise vom Außenminister Guido Westerwelle nach Israel sollte vorher der Öffentlichkeit durch eine professionelle Presseerklärung aus dem Auswärtigen Amt bekanntgegeben werden.

Es ist angebracht, zuerst eine solide vernünftige deutsche Position im Bundeskanzleramt zu definieren, am besten mit der einstimmigen Unterstützung des Bundestags, und dann den israelischen Botschafter in Berlin offiziell einzubestellen, um ihm persönlich die Stellungnahme der Bundesregierung zu übergeben, auch wenn das zu lautstarken Reaktionen kommen sollte, wie neulich in Jerusalem zwischen dem amerikanischen Botschafter und Premier Netanjahu, wie das israelische Massenblatt Jedioth Achronoth der SZ zufolge (4.9.) berichtet hat.

Gleichzeitig sollte eine Erklärung der deutschen Regierung an die Presse gehen. Klarheit, Eindeutigkeit ist erforderlich, gerade auch hinsichtlich aller menschlichen Katastrophen, die die Aggressionen der USA, Israel und EU-Staaten im Nahen und Mittleren Osten verursacht haben.

Die Konstruktion eines fiktiven Atomstreits mit dem Iran ist von selbst in sich zusammengebrochen. Es liegt in Niemandes Interesse, den zionistischen Monolog weiter zu trommeln. Peter Münch darf sich nicht für diesen Unsinn zur Verfügung stellen. Er weiß, woher die Spannungen kommen und warum sie in einer Welt wachsen, die sich nach Entspannung und Frieden sehnt, wie der jüngste Gipfel der ungebundenen Völkergemeinschaft in Teheran eindeutig zeigte. Er weiß ganz genau, wer die Gewaltförderer sind, und zwar die USA, Israel, EU-Staaten und zwei oder drei reaktionäre arabische Regierungen, die die Arabische Liga zum Verrat ihrer eigenen Interessen treiben und sie gegen ihr Gründungsmitglied Syrien angestiftet haben. Aber der SZ-Journalist wagt es nicht, die Störenfriede entschieden zu entlarven.

Niederträchtig greift die Bundesregierung im Hintergrund zugunsten der Terroristen in Syrien ein, die die Maske der „Demokratie" für eine naive Opposition aus SPD und Grünen und eine naive deutsche Öffentlichkeit tragen. Der unsägliche Außenminister Westerwelle ist Hauptakteur dieses abscheulich miesen Gegenspiels, das das angegriffene Syrien mit allen Mitteln zu erwürgen sucht. Westerwelle bekam eine angemessene Antwort von seinem russischen Kollegen in Moskau. Einseitige Sanktionen widersprechen den kollektiven Anstrengungen, aber auch den Entscheidungen des UN-Sicherheitsrats zu Syrien und den Vereinbarungen, die am 30. Juni auf der Syrien-Konferenz in Genf getroffen wurden. Russland sei gegen einseitige Sanktionen und wolle „sämtliche Fragen kollektiv besprechen". So der Außenminister Sergej Lawrow aus Moskau (Ria Novosti, 25.7.). Führende deutsche Medien, darunter auch die SZ, lassen die begründete Kritik Russlands unerwähnt. Nach den Worten des russischen Außenministers Sergej Lawrow weiß der Präsident Baschar Al-Assad noch immer einen bedeutenden Teil der Bevölkerung hinter sich. Diese Ansicht bestätigte auch der ZDF-Korrespondent Dietmar Ossenberg. (ARD-Tagesschau, 25.7., 20.00).

Journalisten und Redaktionen müssen Rechtsgrundsätze verstehen und somit in der Lage sein, aufständische Angreifer von institutionellen Verteidigern zu unterscheiden, Angriff von Gegenangriff, Aktion von Reaktion, Akteure der Androhung von Gewalt und das betroffene bedrohte Land, wobei die Verbrecher eindeutig zu identifizieren sind. Alles andere ist eine unwürdige Maskerade.

Mit freundlicher Genehmigung der Autorin macht seniora.org diese mutige Stellungnahme einer grösseren Leserschaft sehr gerne zugänglich.

Luz María De Stéfano Zuloaga de Lenkait

Luz María de Stéfano Zuloaga de Lenkait ist chilenische Rechtsanwältin und Diplomatin (a.D.). Sie war jüngstes Mitglied im Außenministerium und wurde unter der Militärdiktatur aus dem Auswärtigen Dienst entlassen. In Deutschland hat sie sich öffentlich engagiert für

  • den friedlichen Übergang der chilenischen Militärdiktatur zum freiheitlichen demokratischen Rechtsstaat, u.a. mit Erstellen von Gutachten für Mitglieder des Deutschen Bundestages und Pressearbeit, die Einheit beider deutschen Staaten als ein Akt der Souveränität in Selbstbestimmung der beiden UN-Mitglieder frei von fremden Truppen und Militärbündnissen,
  • einen respektvollen rechtmäßigen Umgang mit dem vormaligen Staatsoberhaupt der Deutschen Demokratischen Republik Erich Honecker im vereinten Deutschland,für die deutsche Friedensbewegung,
  • für bessere Kenntnis des Völkerrechts und seine Einhaltung, vor allem bei Politikern, ihren Mitarbeitern und in Redaktionen.
  • Publikationen von ihr sind in chilenischen Tageszeitungen erschienen (El Mercurio, La Epoca), im südamerikanischen Magazin "Perfiles Liberales", und im Internet, u.a. bei Attac, Portal Amerika 21, Palästina-Portal. Einige ihrer Gutachten (Irak-Krieg 1991) befinden sich in der Bibliothek des Deutschen Bundestages.