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Dokumentation: Brief an das US-Parlament

24. September 2013

Dokumentation: Brief an das US-Parlament

Syrisch Arabische Republik
Versammlung der Volksvertreter
Der Sprecher

Nr. 394
Damaskus, 4. September 2013Rep.
John Boehner
Sprecher des Repräsentantenhauses
US RepräsentantenhausWashington D.C. 20515

Grüss Gott

In der Anlage finden Sie einen dringenden offiziellen Brief von mir als Sprecher des syrischen Parlaments. Ich sende ihn im Namen der Mitglieder der syrischen Volksversammlung. Diese Institution ist seit ihrer Gründung im Jahre 1919 tätig. In Hinblick auf die entscheidende Debatte über einen möglichen amerikanischen militärischen Angriff auf unser Land ist es lebenswichtig, dass der angefügte Brief vor der Debatte unverzüglich jedem Mitglied des Kongresses weitergegeben wird.

Zusätzlich bitten wir Sie freundlich, den Brief während der Eröffnungsphase der Debatte vorzulesen, um sicherzustellen, dass die ehrenwerten Mitglieder die Situation in Syrien und die im beigefügten Brief enthaltenen Vorschläge umfassend beurteilen, und um zu gewährleisten, dass der vollständige Text des Briefes in Ihrem Protokoll aufgezeichnet wird. Es ist wichtig, hervorzuheben, dass wir unseren Kollegen im britischen Parlament einen erläuternden Brief zur Situation in Syrien zugesandt haben; sie haben die Verantwortung wahrgenommen, alle diplomatischen Wege auszuschöpfen, bevor sie ihre Nation in einen Krieg verwickeln. Wir hoffen, dass auch Ihre werten Mitglieder eine gleichartige Vorgehensweise wählen. Mit freundlichen Grüssen Sprecher der Volksversammlung MHD. Jihad al-Lahham

Sehr geehrte Damen und Herren

«Wenn die Zivilisation überleben soll, dann müssen wir die Wissenschaft der menschlichen Beziehungen pflegen   – die Fähigkeit aller Völker auf dieser einen Welt in Frieden zusammenzuleben.»
Franklin D. Roosevelt

Wir schreiben Ihnen dringend, da Sie über die Durchführung eines Angriffes auf Syrien debattieren. Ausserdem schreiben wir Ihnen als Mit-Parlamentarier und Vertreter unserer Völker.

Es ist ebenso wichtig, dass wir Ihnen als Väter und Mütter, als Mitglieder von Familien und Gemeinschaften schreiben, die in Wirklichkeit nicht so verschieden sind von den Ihren. Zudem schreiben wir als Menschen und fragen: Wenn Ihr uns bombardiert, werden wir nicht bluten? Den unschuldigen Menschen wird Leid angetan.

Lokale Tragödien werden zu regionalen Kriegen, die zu globalen Konflikten führen auf Grund eines Mangels an Kommunikation unter den Nationen. Wir bitten Sie eindringlich, mit uns vermittels des zivilisierten Dialoges statt in der Sprache von Feuer und Blut zu sprechen.

In Syrien haben wir den amerikanischen Traum der Werte der Familie, der Möglichkeit des Erfolges in einer friedlichen Umwelt nicht vergessen. James Truslow Adams sagte 1931: «Das Leben sollte für jedermann besser und reicher und voller sein, mit der Möglichkeit für jeden gemäss seinen Fähigkeiten und Leistungen», ungeachtet sozialer Klasse, Religion oder Umständen seiner Geburt.

Bevor Sie im Kongress debattieren, lassen Sie uns das Folgende in Erinnerung rufen:

1. Allgemeine Tatsachen

Der Hauptfaktor der Angriffe des 11. September war der Hass der wahabitischen dschihadistischen Ideologie, welche die Saudis annahmen und finanzierten.

Die hasserfüllte wahabitische dschihadistische Ideologie entstammt der dschihadistischen Doktrin der Muslimbruderschaft. Eines ihrer lebenden Beispiele ist Omar Abdel Rahman, der gegenwärtig bei Ihnen im Gefängnis sitzt und dessen Freilassung viele Parteien anstreben, die behaupten, Ihre Verbündeten zu sein.

Mehr als 3 Billionen Dollar, Hunderttausende an getöteten und verletzten Amerikanern und Irakern und Millionen irakischer Flüchtlinge sind die Kosten des fortlaufenden Krieges gegen den Terrorismus.

Dank des saudischen Geldes sind die verschiedenen salafistisch-wahabitischen «Madrassen» noch immer in Betrieb und absolvieren jedes Jahr Tausende von Kindern diese terroristischen Zentren.

Küchenwerkzeuge plus wahabitische Ideologie sind die Hauptfaktoren hinter den entsetzlichen terroristischen Attacken rund um die Welt und das Verbrechen von Boston ist das lebende Beispiel gegenwärtiger und zukünftiger Schläferzellen.

Seit den späten 70er Jahren war Syrien das erste Land, das mit fanatischem fundamentalistischem Terrorismus konfrontiert war.

Heute bekämpft Syrien Zehntausende nicht-syrischer Dschihadisten.

Syrien ist der letzte genuin säkulare Staat im Nahen Osten.

Die Vereinigten Staaten und Syrien litten und leiden beide immer noch am Terror desselben Feindes, der die hasserfüllte wahabitische Ideologie darstellt, welche die Saudis angenommen und finanziert haben.

Unsere beiden Länder haben die Sicherheitsratsresolution 1373 und 1624 zur Bekämpfung des Terrorismus voll unterstützt.

«Ich bitte Sie, mich anhand der Feinde zu beurteilen, die ich mir geschaffen habe.»
Franklin D. Roosevelt

Der hauptsächlichste gemeinsame Feind unserer beiden Nationen ist die hasserfüllte wahabitische dschihadistische Ideologie, die vertreten wird durch al-Kaida, die al-Nusra-Front und die ihnen angeschlossenen Organisationen.

2. Mutmassliche chemische Angriffe

2.1 Belege dafür, dass bewaffnete fanatische terroristische Gruppen Chemiewaffen besitzen

  • Am 19.3.2013 Khan al-Asal, Aleppo, chemischer Angriff auf Zivilisten und Militärpersonal, die syrische Regierung ersuchte am 20.3.2013 um sofortige Untersuchung durch die Uno. Der Besuch der Untersuchungsteams wurde durch Intervention der USA, Frankreichs und Grossbritanniens um mehr als 5 Monate verzögert.

Am 30.5.2013 gab die Türkei die Verhaftung einer fanatischen islamistischen Terrorgruppe bekannt, die im Besitz von zwei Litern Sarin-Gas sei. Deshalb legte Herr Sergej Lavrov, der russische Aussenminister am 31.5.2013 der türkischen Regierung eindringlich nahe, zu kooperieren, um die Möglichkeit jedes zukünftigen Chemieangriffes im Nahen Osten und in Europa zu vermeiden.

  • Am 1.6.2013 gab die irakische Armee die Verhaftung einer fanatischen fundamentalistischen Terroristengruppe an der irakisch-syrischen Grenze bekannt und beschlagnahmte chemische Waffen und die Fernsteuerung eines kleinen Helikopters.
  • Am 28.7.2013 übergaben die syrischen Behörden den russischen und chinesischen diplomatischen Vertretungen in Damaskus die Beweismaterial dafür, dass die al-Nusra-Front chemische Waffen besitzt und die Absicht hat, sie für einen Angriff auf Muaaret al Numan und den Vorort von Aleppo einzusetzen.

Schlussfolgerung: die obigen Tatsachen beweisen, dass die fundamentalistischen dschihadistischen terroristischen Gruppen zuvor chemische Waffen eingesetzt hatten.

2.2 Frage: Was ist logisch zwingend der Nutzen für die syrische Regierung, während des Besuches der Unabhängigen internationalen Untersuchungskommission der Uno für Syrien innerhalb von weniger als 4 Meilen vom Aufenthaltsort der Kommission im Four Seasons Hotel ein Verbrechen mittels einem chemischen Angriff zu begehen?!

3. Aus diesem Grund ersuchen wir Sie dringend, nach Syrien zu kommen, sobald Sie können, eine Delegation zu entsenden und selber zu entdecken, was hier vor sich geht. Wir laden Sie ein, nach Syrien zu kommen, um die Lage zu messen, ehe Sie schneiden   – vor allem wenn das Kleid, das Sie schneiden, Menschenfleisch ist. Dabei können wir miteinander eine Roadmap für einen gemeinsamen wirksamen Einsatz gegen Terrorismus entwickeln.

Wir sind überzeugt, dass ein aggressiver und ungerechtfertigter Akt des Krieges aus folgenden Gründen ungerecht und illegal wäre:

  1. Syrien ist ein souveräner Staat, der für die Vereinigten Staaten von Amerika keinerlei Gefahr darstellt.
  2. Der Uno-Sicherheitsrat hat eine solche Aktion nicht verabschiedet.
  3. Der Bericht der Uno über das schreckliche Ereignis in der Provinz Damskus, Ghotta, ist nicht formuliert worden. Niemand kann überhaupt wissen, ob er genügend Beweismaterial für irgendwelche Behauptungen und Anschuldigungen enthalten wird.
  4. Im Gegenteil hat die Uno bereits den Schluss gezogen, dass es sehr starke Hinweise darauf gibt, dass die fundamentalistischen Terroristen der al-Nusra-Front   – eine terroristische Organisation, die al-Kaida angeschlossen ist   – ein Giftgas gegen syrische Soldaten und unschuldige Zivilisten eingesetzt hat. Entsprechend wäre jeder kriegerische Akt gegen ein unschuldiges und souveränes Volk ohne legale Beweise ein Verbrechen, das die Prinzipien des Völkerrechts bricht. Zur gleichen Zeit bieten einige westliche Kreise den fanatischen wahabitischen Rebellen, die von der Uno angeklagt wurden, Verbrechen zu begehen, jede mögliche Unterstützung an, was sicher eine Verletzung Ihrer Grundprinzipien der Gerechtigkeit ist.

Wir schätzen Ihr moralisches Empfinden der Trauer angesichts der Bilder der Opfer des Chemieangriffes. Wir Syrer arbeiten mit dem Uno-Untersuchungsteam voll zusammen, auch syrische Experten untersuchen die Frage, wer diese Greueltat verübte und teilen unsere Resultate mit dem Uno-Team. Wir Parlamentarier sind entschlossen, die Wahrheit zu finden und die beteiligten Verbrecher vor Gericht zu bringen, ohne Rücksicht darauf, wer immer sie sind.

In der Zwischenzeit ersuchen wir Sie dringend, sich nicht in eine verantwortungslose unbesonnene Aktion zu stürzen. Sie haben heute die Macht und die Verantwortung, die Vereinigten Staaten von Amerika vom Kriegspfad auf den diplomatischen Weg zu führen. Wir hoffen uns dort zu treffen und zu sprechen, wie zivilisierte Leute das tun sollten. Wir entscheiden uns für eine diplomatische Lösung, da wir erkennen, dass Krieg ein blutiger, destruktiver, katastrophaler Weg wäre, der keiner Nation irgendeinen Nutzen bringt.

In Wirklichkeit ist die wichtigste Sache, dass wir alle mit der gleichen terroristischen Bedrohung konfrontiert sind. Ein Angriff auf Syrien und die Schwächung seines Establishments und seiner Infrastruktur würde automatisch die Macht unseres gemeinsamen Feindes, al-Kaida und ihre terroristischen Tochterorganisationen, stärken. Anstatt uns gegenseitig zu bekämpfen, sollten wir zusammenarbeiten, um die Resolutionen 1373 und 1624 des Uno-Sicherheits­rates gegen den Terror vollständig umzusetzen. Statt Feind zu sein, sollten wir den Weg zu Frieden und Wahrheit gemeinsam gehen.

Mit besten Grüssen
Sprecher der Volksversammlung
MHD Jihad al-Lahham

Übersetzung von Zeit-Fragen

Quelle:
http://www.zeit-fragen.ch/index.php?id=1582

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