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In unseren Himmeln kreuzt der fremde Gott. Verheimlichte Fakten der Kriege in Ex-Jugoslawien (Kroatien, Bosnien und Kosovo)

10. November 2015

In unseren Himmeln kreuzt der fremde Gott. Verheimlichte Fakten der Kriege in Ex-Jugoslawien (Kroatien, Bosnien und Kosovo)

Rufmord auf Bestellung   – 2. bis 5. August 1992: Ein ausserordentlich gelungener Schachzug

Wie war es möglich, dass die Schuld für den Krieg in Kroatien einer Seite zugeschoben wurde, die ihn nicht begonnen hatte? Und wieso erzählten die Massenmedien Halbwahrheiten, verdrehten Tatsachen, hielten entscheidende Fakten zurück und verbreiteten haarsträubende Lügen?

Die Antwort hierauf findet man in dem Buch «Les Verités yougoslaves ne sont pas toutes bonnes à dire», das von Jacques Merlino, dem Chefredakteur der französischen Fernsehanstalt France 2 geschrieben wurde. In seinem Buch veröffentlichte Jacques Merlino ein Interview, das er mit James Harff, dem Direktor des amerikanischen Pressegiganten «Ruder Finn Global Public Affairs» geführt hatte. Ruder Finn ist eine der grössten und einflussreichsten Pressefirmen der Welt, die unter anderem auch das Weisse Haus mit Informationen beliefert.

In dem Interview gibt James Harff unumwunden zu, dass seine Firma im bezahlten Auftrag zugunsten der Kroaten, der bosnischen Moslems und später für die Kosovo-Albaner Falschmeldungen verbreitete. Er sei mit Vertretern dieser Volksgruppen schon vor Ausbruch der Kriege im Kontakt gewesen. Jacques Merlino wunderte sich über die Offenheit von Herrn Harff, aber scheinbar stellt ein Mann wie er für dieses renommierte Riesenunternehmen keine Gefahr dar. Hier ein Auszug aus dem Interview:

Merlino: Herr Harff, wie gingen Sie vor, was waren Ihre Methoden?

Harff: Das ist ganz einfach. Unser Arbeitsgerät besteht im wesentlichen aus einer Kartei, einem Computer und einem Fax. Die Kartei enthält die Namen von einigen hundert Journalisten, Politikern, Repräsentanten von humanitären Organisationen und Universitätsangehörigen. Mit dem Computer können wir die Datei nach bestimmten Themen auswerten, um unsere Zielpersonen effektiv anzusprechen. Der Computer wiederum ist mit einem Fax verbunden. So können wir in wenigen Minuten alle Persönlichkeiten, von denen wir glauben, dass sie reagieren werden, mit genauen Informationen beliefern. Unsere Arbeit besteht darin, Informationen auszustreuen und so schnell wie möglich in Umlauf zu bringen, damit Anschauungen, die mit unserer Sache im Einklang stehen, als erste öffentlichen Ausdruck finden. Schnelligkeit ist hier die Hauptsache. Wenn eine Information für uns gut ist, machen wir es uns zur Aufgabe, sie umgehend in der öffentlichen Meinung zu verankern. Denn uns ist klar, dass nur zählt, was einmal behauptet wurde. Dementis sind dagegen völlig unwirksam.

In welchen Zeitabständen waren Sie aktiv?

Wichtig ist hier nicht die Häufigkeit, sondern die Fähigkeit, im richtigen Augenblick die richtige Person anzusprechen. Ich kann Ihnen einige Zahlen nennen, wenn Sie wollen. Von Juni bis September haben wir 30 Pressegespräche mit den wichtigsten Zeitungsverlegern organisiert und 13 Exklusiv-informationen, 37 offizielle Briefe sowie 8 amtliche Berichte in Umlauf gebracht. Wir haben auch Zusammenkünfte zwischen bosnisch-moslemischen Amtsträgern und dem Vize-Präsidentschaftskandidaten Al Gore, dem sehr aktiven Staatssekretär Lawrence Eagleburger und 10 einflussreichen Senatoren organisiert, darunter George Mitchell und Robert Dole. Wir haben 48 Telefongespräche mit Mitgliedern des Weissen Hauses, 20 mit Senatoren und knapp 100 mit Journalisten, Leitartiklern, Nachrichtensprechern vom Fernsehen und anderen einflussreichen Persönlichkeiten aus der Medienwelt geführt.

Wie genau Sie das alles wissen! Worauf sind Sie bei Ihrer Arbeit eigentlich am meisten stolz?

Dass es uns gelungen ist, die Juden auf unsere Seite zu ziehen. Das war eine recht heikle Angelegenheit, das Dossier enthielt in dieser Hinsicht eine sehr grosse Gefahr. Denn der kroatische Präsident Tudjman war in seinem Buch «lrrwege der historischen Wahrheit» sehr unvorsichtig. Wer diese Schriften liest, könnte ihn des Antisemitismus beschuldigen. Auf moslemischer Seite war es nicht viel besser, denn Präsident Izetbegovic sprach sich in seiner «Islamischen Erklärung» von 1970 zu einseitig für einen fundamentalistischen islamischen Staat aus. Ausserdem gab es in Kroatien und Bosnien in der Vergangenheit einen sehr realen und grausamen Antisemitismus. Zehntausende von Juden sind während des Zweiten Weltkrieges in kroatischen Lagern vernichtet worden. Die jüdischen Intellektuellen und Organisationen hatten daher allen Grund, den Kroaten und Moslems feindlich gesinnt zu sein.

Diese Tatsachenlage umzukehren, das war für uns eine Herausforderung. Wir haben das meisterhaft geschafft, und zwar zwischen dem 2. und 5. August 1992, als die New Yorker Zeitung «Newsday» die Sache mit den serbischen Konzentrationslagern herausbrachte. Die Titel lauteten «Todeslager». «Gulag», und «Todeslager der Serben» (diese Berichte wurden später von dem deutschen Journalisten Thomas Deichman als Lügen entlarvt, Anm. d. Hrsg.). Wir sind sofort auf den Zug aufgesprungen und haben drei grosse jüdische Organisationen in unserem Sinn beeinflusst: die «B'nai B'rith Anti-Defamation League», das «American Jewish Committee» und den «American Jewish Congress».

Wir haben ihnen vorgeschlagen, eine Anzeige in der «New York Times» zu veröffentlichen und vor den vereinten Nationen eine Protestkundgebung zu organisieren. Das hat hervorragend geklappt, die Parteinahme der jüdischen Organisation für die bosnischen Moslems war ein ausserordentlich gelungener Schachzug. Im Handumdrehen konnten wir die Serben in der öffentlichen Meinung mit dem Nazis gleichsetzen. Sehen Sie, das jugoslawische Problem ist sehr vielschichtig, niemand verstand, was dort vor sich ging, und, um offen zu sein, die überwiegende Mehrheit der Amerikaner fragte sich, in welchem Teil Afrikas Bosnien eigentlich liegt, aber auf einen Schlag hatten wir eine einfache Geschichte mit Guten und Bösen. Wir wussten, wieviel davon abhing.

Und wir haben gewonnen, weil wir das jüdische Publikum anvisiert haben. Die Presse wandelte umgehend ihren Sprachgebrauch und verwendete ab sofort emotional stark aufgeladene Begriffe wie ethnische Säuberungen, Konzentrationslager usw., bei denen man an Nazideutschland, Gaskammern und Auschwitz denkt. Die emotionale Wirkung war so stark, dass niemand mehr eine gegenteilige Meinung vertreten konnte oder anderenfalls Gefahr lief, des Revisionismus beschuldigt zu werden. Da haben wir voll ins Schwarze getroffen.

Aber zwischen dem 2. und dem 5. August hatten Sie keinerlei Beweise für Ihre Behauptungen. Das einzige, auf das Sie sich stützen konnten, waren die Artikel von «Newsday».

Es ist nicht unsere Aufgabe, Informationen auf ihren Wahrheitsgehalt hin zu überprüfen. Wir haben dafür nicht die nötigen Mittel. Ich sagte Ihnen bereits, unsere Aufgabe besteht darin, Informationen, die unserer Sache dienlich sind, schneller unter die Leute zu bringen und zu diesem Zweck sorgfältig ausgewählte Zielpersonen anzusprechen. Wir haben nicht behauptet dass es in Bosnien Konzentrationslager gibt, sondern wir haben bekanntgemacht, dass «Newsday» das behauptet.

Aber da tragen Sie doch eine grosse Verantwortung, sind Sie sich dessen bewusst?

Wir sind Profis. Wir hatten eine Arbeit zu erledigen, und wir haben sie erledigt. Wir werden nicht dafür bezahlt, Morallehren zu erteilen. Und selbst wenn es darum ginge, hätten wir ein ruhiges Gewissen. Denn sollten Sie beweisen wollen, dass die Serben arme Opfer sind, dann versuchen Sie es mal, Sie werden damit ziemlich allein dastehen.

Auszug aus: Alexander Dorin (Hrsg.). In unseren Himmeln kreuzt der fremde Gott. Verheimlichte Fakten der Kriege in Ex-Jugoslawien (Kroatien, Bosnien und Kosovo). Lörrach 1999. ISBN 3-9521797-0-1 (S. 66?69)

Quelle: Nr.8 vom 27.2.2007
www.zeit-fragen.ch

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