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Buchempfehlung "Europa im Erdölrausch"

02. November 2013

Buchempfehlung "Europa im Erdölrausch"

Monatsinterview Juni: Dr. Daniele Ganser

Geschrieben von: Christian Düblin

 Daniele Ganser

Dr. Daniele Ganser, Jahrgang 1972, studierte an den Universitäten Basel und Amsterdam u.a. Geschichte, Philosophie und Anglistik und setzt sich seit vielen Jahren intensiv mit Friedensforschung auseinander.

Mit seiner Dissertation „NATO-Geheimarmeen und inszenierter Terrorismus in Europa im kalten Krieg" befasste er sich schon sehr früh mit einem Thema, das mit dem Anschlag von 9/11 von einem Tag auf den anderen weltweit allgegenwärtig werden sollte. Bald nach dem Anschlag von 9/11 kamen erste Zweifel an der offiziellen Version der Geschehnisse rund um das Attentat auf. Es ging und geht auch heute noch insbesondere um die Frage, ob der Anschlag von offizieller Seite inszeniert oder geduldet war. Der Friedensforscher Ganser setzt sich damit auseinander, welche wahren Ziele mit Kriegen verfolgt werden. Oil Peak, die Massenvernichtungswaffenlüge, vermeintliche Atombomben im Iran, die Neutralität der Schweiz, Terroranschläge und erneuerbare Energien erscheinen in einem interessanten Zusammenhang, der zu denken geben muss.

Lesen Sie ein Gespräch, das aufzeigt, wie komplex zahlreiche politische und wirtschaftliche Entscheide sind, wie die Meinungen vielfältig auseinandergehen und wie auch die Schweiz betroffen ist.

Christian Dueblin: Sehr geehrter Herr Dr. Ganser, Sie beschäftigen sich mit geopolitischen Fragestellungen, dem Thema Oil Peak und mit erneuerbaren Energien. Sie haben aber auch Studien zur Friedensforschung betrieben, haben zahlreiche Bücher über Kriege, Terrorismus und versteckte Armeen sowie inszenierte Attentate verfasst. Was hält Ihrer Ansicht nach Ihre zahlreichen und auf den ersten Blick sehr unterschiedlich erscheinenden Forschungstätigkeiten im Innersten zusammen sprich, was treibt Sie an?

Dr. Daniele Ganser: Das tragende Element, das diese Themen verbindet, ist für mich ganz klar die Friedensforschung. Ich habe schon sehr früh eingesehen, dass ich in der Schweiz ein sehr privilegiertes Leben führen kann. Wir sind hier auf einer Art Insel. Es gibt hier keine Landminen, man wird nicht erschossen, es gibt Bildungsmöglichkeiten für jedermann und ich kann das Wasser aus dem Hahn trinken. Wenn man diese Situation nun mit anderen Menschen vergleicht, die in Ländern wohnen, die ich bereist habe und die Blickpunkt meiner Studien sind, so stellt sich gezwungenermassen ein Schockzustand ein. Es war mir ein Anliegen, gewisse Zusammenhänge und Machenschaften auf der Welt aufzudecken.

Mein erstes Buch handelte von der Kuba-Krise. Es ging damals um die Stationierung von nuklearen Raketen auf Kuba. Das führte zu grossen Spannungen und die Welt schrammte 1962 knapp an einem grossen Unglück vorbei, das einen Dritten Weltkrieg hätte auslösen können. Ich wollte u.a. auch die Rolle der Weltfriedensorganisation UNO in Bezug auf diese Krise näher beleuchten. Ich stellte bald fest, dass einiges in Bezug auf meine Vorstellungen über diese Weltfriedensorganisation nicht zusammenpasste und ging den Dingen systematisch und wissenschaftlich auf den Grund.

Was haben Sie bei Ihren Studien herausgefunden und was hat Sie bewogen, später auch andere Gewaltkonflikte unter die Lupe zu nehmen?

Die Amerikaner führten schon seit der Machtergreifung von Fidel Castro 1959 einen verdeckten Krieg gegen Kuba Die Probleme zwischen den zwei Ländern begannen also nicht erst während der Raketenkrise 1962. Es war immer schon das Ziel der USA, Fidel Castro zu stürzen. Das bekannteste und vom CIA inszenierte Beispiel, das die meisten Menschen kennen, ist wohl die „Schweinebuchtinvasion" von 1961. Diese misslang. Danach erstellte das Pentagon einen geheimen Plan mit dem Namen „Operation Northwoods". Gemäss diesem Plan wollten die Amerikaner ein amerikanisches Schiff an der Küste von Kuba in die Luft sprengen und dieses Attentat Fidel Castro anhängen. Auch hatte man im Sinn, eine Drohne über Kuba in die Luft zu sprengen, mit der Absicht, die Kubaner für den Abschuss verantwortlich zu machen. Auch in den USA selber wollte man Sprengungen inszenieren, um sie Fidel Castro anhängen zu können. Dokumente aus dem Pentagon beweisen also, dass das Pentagon geplant hat, Terroranschläge zu inszenieren, um einfacher gegen Kuba vorgehen und die Bevölkerung für einen Krieg animieren zu können. Der Plan wurde nie ausgeführt, weil ihn Präsident Kennedy stoppte. Aber ich fand diese Vorgehensweisen der verdeckten Kriegsführung abscheulich und interessant zugleich und wollte mehr über die politischen und wirtschaftlichen Hintergründe wissen.

Sie sprechen eine klare Sprache und haben mit vielen Aussagen und Themen, die Sie angegangen sind, auch Kritik einstecken müssen. Was haben Sie in der Schweiz diesbezüglich für Erfahrungen gemacht?

Als ich anfänglich über die Kuba-Krise schrieb und zur verdeckten Kriegsführung beispielsweise in Nicaragua recherchierte und auch Beweise vorlegen konnte, wurde das von der Universität honoriert. Ich bekam Bestnoten und man lobte meine Arbeit. Ich machte damals aber noch keine Medienarbeit, gab also keine Interviews. Ich war aber schon damals weltweit mit anderen Forschern sehr gut vernetzt. Mit ihnen habe ich Bücher und Texte ausgetauscht. USA und England sind Länder, die traditionell verdeckte Kriegsführung betreiben. Da erstaunt es auch nicht, dass die meisten meiner Kontakte, die auf demselben Gebiet forschen, in London und in Washington zuhause sind. Sie stellen in ihren eigenen Ländern eine gewisse intellektuelle Opposition dar. Diese Menschen verstehen die verdeckte Kriegsführung und heissen sie nicht gut. Sie machen immer wieder darauf aufmerksam, dass es schlicht und einfach nicht stimmt, dass die USA und Europa, also die NATO Länder, seit dem Ende des Zweiten Weltkrieges vor allem die Menschenrechte und die Demokratie gefördert haben, und dass alle Kriege diesen Zielen dienten. Und in der Tat ist das eine sehr verlogene Geschichte, die nicht mit den Fakten übereinstimmt. Diese Forscher und Experten, von denen ich viel lernen durfte, zeigen deutlich auf, dass in vielen Fällen Krieg nur dazu dient, wirtschaftliche Interessen wahrzunehmen, also Profit. Das gefällt natürlich nicht allen Menschen gleich gut. Ich selber wollte Friedensforschung betreiben, jedoch vor allem das Gebiet „verdeckte Kriegsführung" näher beleuchten.

Sie haben damals die NATO unter die Lupe genommen und ein Buch über verdeckte Geheimarmeen und inszenierten Terrorismus geschrieben, das weltweit zur Kenntnis genommen wurde. In dieser Doktorarbeit bearbeiteten Sie das Gebiet Terrorismus. Wie kamen Sie dazu, diese Themen anzugehen, die doch für einen Laien auch etwas exotisch klingen?

Ich suchte damals im Rahmen meiner Doktorarbeit ein spannendes Thema, das noch niemand bearbeitet hatte und bekam den Hinweis aus den USA, dass das Thema NATO und Geheimarmeen noch nicht erforscht sei. 1998 fing ich an, mich um die NATO-Geheimarmeen und inszenierten Terrorismus zu kümmern und stellte erste Recherchen an. 1998 wurde noch nicht von „Terror" gesprochen. Vier Jahre später, 2001, war meine Doktorarbeit fertig. Es kam kurz darauf zum Anschlag von 9/11, den wir alle kennen. Die Interessenlage rund um das Thema „Terrorismus" änderte sich innerhalb von wenigen Minuten schlagartig und ich wurde aufgrund meines Dissertationsthemas von vielen Medien zum Thema Terror kontaktiert. Damit hatte ich nicht gerechnet. Mein Buch über die NATO und die Geheimarmeen ist mittlerweile in über 10 Sprachen übersetzt worden und hat sich sehr gut verkauft. Das ist für eine Doktorarbeit ungewöhnlich.

Sie bekamen für diese Dissertation Lob. Die Zeitschrift „Der Spiegel" nahm das Thema ebenfalls auf und machte auf kriminelle Machenschaften aufmerksam, die Sie in Ihrem Buch beschreiben. Sie mussten aber schon früh auch Kritik einstecken, da Sie mit Ihren Aussagen an einem Weltbild rüttelten, an das viele Menschen glauben und von dem sie sich nicht abbringen lassen wollten. Wie gingen Sie mit dieser Kritik um?

(....)

Sehr geehrter Herr Dr. Ganser, was wünschen Sie sich für die Schweiz und die Energieprobleme, die anstehen und gelöst werden müssen?

Die Schweiz hat keine Truppen, die sie, wie das andere Länder tun, in erdölreiche Regionen der Welt entsenden kann, um Ölreserven zu sichern. Und das ist gut so. Die Schweizer Neutralität muss weiter hochgehalten werden. Stellen Sie sich vor, was passieren würde, wenn keine Länder auf der Welt mehr Truppen in andere Länder senden würden. Dann hätten wir einige Probleme gelöst. Die Schweiz sollte dabei bleiben, keine Truppen in Kriege zu senden. Was wir tun können ist, unsere Häuser besser zu isolieren und unser Konsumverhalten anzupassen. Das ist machbar. Andere Länder, wie beispielsweise die USA, gehen ganz andere Wege. Häuser werden gar nicht isoliert und es werden nach wie vor Autos gefahren, die ungeheuer viel Benzin verbrauchen. Mit dieser Einstellung wird den Menschen in den USA gar nichts anderes übrig bleiben, als Truppen in andere Länder zu senden, um dort Ölreserven sicherzustellen. Die Schweiz hat in langer Tradition gezeigt, dass Konflikte gewaltfrei gelöst werden können. Ein Konflikt ist nichts Schlechtes. Man kann daran wachsen. Kommt es aber zum Krieg, gibt es nur Elend.

Hier das ganze Interview lesen/Quelle:
http://www.xecutives.net/component/content/article/486

Buchempfehlung:

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Buchhinweis: Im September 2012 erscheint im Orell Füssli Verlag das neue Buch von Herrn Ganser: Europa im Erdölrausch. Die Folgen einer gefährlichen Abhängigkeit. 400 Seiten. 35 Franken.

(C) 2012 by Christian Düblin. Alle Rechte vorbehalten. Anderweitige Publikationen sind nur mit ausdrücklicher Genehmigung des Autors gestattet.

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