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Worte aus Helsinki, auf die die Welt gewartet hat

von Willy Wimmer
02. August 2018
Manchmal ist es geradezu geboten, mit der Türe ins Haus zu fallen. Die Pressekonferenz der beiden Präsidenten Wladimir Putin und Donald Trump nach stundenlangen Gesprächen am 16. Juli bot einen solchen Anlass. Dieser bestand in der puren Erwähnung der «Sicherheit Israels». Vielleicht wird die Welt in absehbarer Zeit feststellen, dass mit beiden Persönlichkeiten etwas verbunden werden kann, was die Welt bislang jedenfalls an den Rand eines Abgrundes geführt hat. Beide Präsidenten betonten in ihren Erklärungen die Lage im Nahen und Mittleren Osten und die sich daraus ergebenen Gefahren für den gesamten Globus. Es war allerdings mit Händen zu greifen, dass gerade in den Präsidenten Trump und Putin der Welt eine besondere Chance eingeräumt wird.

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Auffallend war in den Wochen und Monaten vor diesem denkwürdigen Ereignis in Helsinki, dass sich in Moskau nicht nur zwei Persönlichkeiten aus der Armageddon-Region die Klinke in die Hand gegeben hatten. Sowohl der Präsident Abbas für Palästina als auch der israelische Ministerpräsident Benjamin Netanjahu waren fast ständig in Moskau präsent. Hochrangige Berater aus Teheran folgten ihnen fast auf dem Fusse.

Mit dem Eintreten der Russischen Föderation an die Seite der legitimen syrischen Regierung in den von aussen initiierten Konflikt in Syrien   – in völliger Übereinstimmung mit den geltenden Regeln des Völkerrechts   – ist die Russische Föderation und ihr Präsident, Herr Putin, nach den Gegebenheiten des Nahen und Mittleren Ostens in eine einzigartige ­Position gelangt, was eine tatsächliche Befriedung dieser Region anbetrifft. Seit dem Ersten Weltkrieg wird das Schicksal fast der gesamten Welt von dieser Region und ihren Herausforderungen bestimmt.

In dieser Frage hat der russische Präsident Putin in seinem amerikanischen Amtskollegen einen geradezu kongenialen Partner gefunden. Alles das, was bislang zu der Frage zu hören oder zu lesen war, wieso es überhaupt zu einem Kandidaten Trump in den USA und dann zu dem Präsidenten Trump kommen konnte, war und ist mit dieser Frage verbunden. Bis in die eigene Familie und über weltweit höchst umstrittene Entscheidungen, die die Präsenz der USA in Israel betreffen, hat Präsident Trump das klar und deutlich gemacht.

Es war gewiss kein Zufall, dass auf dieser Pressekonferenz der Name George Soros, gleichsam als Antipode für rationales staatliches Handeln beider Mächte, fiel. Damit ist aber weniger der Zufall, als vielmehr die Herausforderung beschrieben. Möglich ist, dass beiden Präsidenten im Falle ihres Gelingens die Welt zu mehr verpflichtet ist als zu einer Einladung nach Oslo.

Es war das Auftauchen von Geschäftsmässigkeit in den Beziehungen zwischen beiden Staaten zu verspüren, und fast mehr als das. Bei der medialen Vorgeschichte und den tiefgreifenden Auseinandersetzungen in den Vereinigten Staaten selbst war es eine Botschaft der besonderen Art an die Welt, als der russische Präsident Putin zum Schluss seiner sorgfältigen Eingangserklärung sehr freundlich und freundschaftlich von «Donald» sprach, als er sich an Präsident Trump wandte.

Europa bekam die Messlatte vorgeführt und vorgehalten. Dazu dienten sowohl die Krim als auch die Ukraine und generell die europäische Energieversorgung. Präsident Trump hat seine Vorstellung über die Krim, und Russland hat die seine und betrachtet die Angelegenheit damit als beendet. Selbst die Ukraine dürfte unter bestimmten Umständen substantieller Sorgen beim Transit von Erdgas und Erdöl ledig sein, auch wenn sie stärker als bislang angehalten sein dürfte, den Minsker-Prozess ernst zu nehmen.

Ja, beide Staaten sind in Westeuropa Konkurrenten um den Markt von Erdgas und Erdöl, und der amerikanische Präsident macht das deutlich, auch wenn er die Marktnähe Russlands herausstellt. Damit entfällt die seit Jahrzehnten betriebene Überhöhung dieser Frage bei den Nato-Knappen. Geschäft ist Geschäft, und da kann man sich die überaus harten Bandagen gut vorstellen.

Man wird sich wiedersehen und damit alle global in die Ecke stellen, die den Lehrsatz des Präsidenten Trump nicht verstanden haben: Diplomatie ist alles, Ignoranz nichts. Man hatte bei Präsident Trump den nachvollziehbaren Eindruck, dass einem da wieder ein amerikanischer Staatschef begegnet, der dabei ist, sich den Namen «Präsident» redlich zu verdienen und nicht lediglich als Puppe angesehen zu werden, die von Neokons hin- und hergeschoben wird.

Heiko Maas, als Ausbund deutscher Diplomatie, wird Helsinki   – vermutlich ebenso wie Herr Soros   – als Abgesang einer nur noch von ihm festgestellten «westlichen Wertegemeinschaft» beklagen. Wie man hört, suchen die Mitglieder der amerikanischen Regierung bei seinen Feststellungen über die Welt regelmässig die Schutzräume auf.
Helsinki war Champions League.   

Quelle: https://www.zeit-fragen.ch/de/ausgaben/2018/nr-18-31-juli-2018/worte-aus-helsinki-auf-die-die-welt-gewartet-hat.html

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