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Tod im Mittelmeer und das Bild Eritreas: Ein Blick hinter die choreografierte Darstellung totaler Unterdrückung (Auszug)

Von Dr. Tanja R. Müller, Dozentin für Internationale Entwicklung, Universität Manchester
12. November 2015

Tanja Mueller

Dr. Tanka R. Müller

Amnesty International:

“Wir wollen nicht wirklich hören, dass die Situation nicht durchgehend schlecht ist. Unsere Kampagne ist darauf aufgebaut, das Bild von einer 100 % unterdrückerischen Regierung zu zeichnen”.

(…) Das Bild, das solche Geschichten hervorrufen   – das eines Ortes, an dem niemand ein normales Leben führen kann und wo die Menschen nicht nur unterdrückt sind, sondern auch ohne Nahrung leben müssen   – dieses Bild hat wenig Bezug zur Realität in Eritrea. Wie diese Realität wirklich aussieht, interessiert jene nicht, die eine bestimmte Darstellung aufrechterhalten und in der Tat den Informationsfluss sowie die Analyse zu Eritrea kontrollieren wollen.

Dies führt mitunter zu geradezu bizarren Konsequenzen. Während meiner Arbeit mit Eritreischen Flüchtlingen in Tel Aviv im März 2012 wurde mir beispielsweise von einem selbsternannten politischen Führer gesagt, dass es “keine jungen Menschen mehr unter den 5 Millionen (Bevölkerung) in Eritrea gebe und dass von diesen 5 Millionen nur noch 1 Millionen im Land lebten”. Als ich ihm entgegenhielt, ich sei vor wenigen Monaten in Eritrea gewesen und Asmara sei voll von jungen Menschen, bezichtigte er mich der Lüge.

Es ist ja noch verständlich, dass ein Mitglied einer Organisation, deren Ziel letztlich der Sturz der eritreischen Regierung ist, ein eindeutiges Interesse an einer solchen Darstellung Eritreas gegenüber der israelischen Bevölkerung hat, zumal diese in Fragen Eritreas eher ahnungslos ist.

Das selbe Verhalten wird aber dann besorgniserregend, wenn es von einer Organisation wie Amnesty International gezeigt wird. In deren Büro in Tel Aviv war ich zu meinem Besuch 2011 in Eritrea befragt worden. Als ich von dem widersprüchlichen Bild berichtete, das ich vor Ort vorfand, und auch davon erzählte, dass zu meinem Erstaunen Leute überall sehr interessiert waren an kritischen politischen Diskussionen, sagte der/die für Eritreer zuständige MitarbeiterIn in Israel: “Wir wollen nicht wirklich hören, dass die Situation nicht durchgehend schlecht ist. Unsere Kampagne ist darauf aufgebaut, das Bild von einer 100 % unterdrückerischen Regierung zu zeichnen”. (…)

Eine von der Dozentin autorisierte Übersetzung des Artikels "Tod im Mittelmeer und das Bild Eritreas: Ein Blick hinter die choreografierte Darstellung totaler Unterdrückung" ins Deutsche finden Sie hier:
http://www.honorarkonsul-eritrea.ch/wp-content/uploads/Tanja-M%C3%BCller-Tod-im-Mittelmeer-und-das-Bild-Eritreas.pdf

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Quelle: Tanja R. Müller: Death in the Mediterranean and the representation of Eritrea: Looking beyond manufactured narratives of oppression, veröffentlicht am 31.05.2015.
https://tanjarmueller.wordpress.com/2015/05/31/death-in-the-mediterranean-and-the-representation-of-eritrea-looking-beyond-manufactured-narratives-of-oppression/