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20. Juni 2025 Von Thomas Röper - übernommen von anti-spiegel.ru
21. Juni 2025

Pressegespräch: Putin im O-Ton über den Unterschied zwischen den Kriegen in der Ukraine und im Nahen Osten


Der russische Präsident Putin stellt sich während des Petersburger Wirtschaftsforums traditionell den Fragen der internationalen Nachrichtenagenturen. Dabei wurde er von der Nachrichtenagentur AP gefragt, warum Russland den israelischen Krieg verurteilt, aber selbst in der Ukraine Krieg führt.

/Red.) Das St. Petersburger Forum war vor dem Krieg in der Ukraine ein "Fenster für die Welt" und ein Treffpunkt für Diplomatie und Wirtschaft auch für den Westen. Leider hat sich Europa im Auftrag der USA diese konstruktive Möglichkeit selbst amputiert - welch eine Dummheit. Man vergleiche den ruhigen, sachlichen und konzentrierten Stil Präsident Putins in dieser Antwort mit dem hysterischen Gekreische unserer westlichen Politiker und man sieht deutlich den Kulturunterschied.(am)

putin spief 2 20255Es ist eine jahrelange Tradition, dass sich der russische Präsident Putin während des Petersburger Wirtschaftsforums stundenlang den Fragen der weltweit wichtigsten Nachrichtenagenturen stellt. Ich werde in mehreren Artikeln die interessantesten Fragen und Putins Antworten übersetzen.

Hier übersetze ich eine Frage der amerikanischen Nachrichtenagentur AP, warum Russland den israelischen Krieg verurteilt, aber selbst in der Ukraine Krieg führt.

Beginn der Übersetzung:

Jordan:

Ich danke Ihnen, Herr Präsident, für die Möglichkeit, Ihnen diese Fragen direkt zu stellen. Ich weiß das sehr zu schätzen.

Was die Konfrontation zwischen Iran und Israel betrifft: Am 13. Juni verurteilte das russische Außenministerium die israelischen Angriffe auf Iran. Es wurde gesagt, dass sie unprovoziert seien, dass es sich um Militärschläge gegen ein souveränes Mitglied der Vereinten Nationen, gegen seine Bürger, friedliche Städte und kritische Infrastruktur handele. „Das ist absolut inakzeptabel“, erklärte das Außenministerium.

Eine einfache Frage: Wie lässt sich das mit der anhaltenden russischen Aggression in der Ukraine vereinbaren? Gestern wurden in Kiew 28 Zivilisten getötet. Unsere Journalisten haben gesehen, wie eine russische Rakete ein ganzes Stadtviertel zerstört hat. Wie lassen sich diese beiden Positionen miteinander vereinbaren?

Und weiter: Gibt es Pläne für ein Treffen mit Präsident Trump oder vielleicht Pläne für ein Telefongespräch mit ihm?

Vielen Dank.

Putin:

Was unsere Aktionen in der Ukraine angeht, habe ich Ihrem Kollegen aus der Türkei gerade ziemlich ausführlich darauf geantwortet, als ich seine Frage beantwortet habe, deshalb finde ich es sinnlos, mich zu wiederholen. Wir sind der Meinung, dass wir in der Ukraine keine Kampfhandlungen begonnen haben, sondern versuchen, sie zu beenden.

Die heutige ukrainische Regierung hat den Krieg auf ihrem eigenen Gebiet selbst begonnen, indem sie   – nach dem Staatsstreich in Kiew   – gegen die Zivilbevölkerung im Südosten, dem damaligen Südosten der Ukraine, gegen den Donbass, gegen Lugansk und Donezk, Streitkräfte einschließlich schwerer Waffen und die Luftwaffe eingesetzt hat.

Sie haben direkt Wohngebiete angegriffen. Aus irgendeinem Grund will sich heute niemand mehr daran erinnern, aber genau diese Politik hat zum heutigen bewaffneten Konflikt zwischen Russland und der Ukraine geführt. Das ist das Erste.

Zweitens. Wenn Ihre Journalisten gesehen hätten, wie ganze Wohnviertel durch unsere Raketen zerstört wurden, könnten sie Ihnen darüber wohl kaum etwas erzählen, denn sie wären nicht am Leben geblieben. Wenn sie etwas gesehen haben, dann nur von weitem. Und die Angriffe richteten sich nicht gegen Wohnviertel, sondern gegen Objekte der Rüstungsindustrie, gegen Fabriken, die Militärtechnik herstellen. Das tun wir, und daraus machen wir kein Geheimnis.

Eines der Ziele der Militäroperation ist die Entmilitarisierung der Ukraine, das heißt ihre Entwaffnung, damit sie keine Streitkräfte mehr hat, die uns bedrohen könnten. Dazu müssen wir mit ihnen verhandeln. Und das haben wir im Rahmen der Istanbuler Vereinbarungen von 2022 getan. Wir haben uns auf die Größe der Streitkräfte geeinigt, die die Ukraine haben darf, wir haben uns auf die Waffen geeinigt, auf die Truppenstärke, wir hatten uns auf alles geeinigt. Aber dann haben sie dank der Bemühungen der westlichen Verbündeten der Ukraine diese Vereinbarungen, wie ich bereits sagte, in den Papierkorb geworfen und beschlossen, bis zum letzten Ukrainer und bis zum vollständigen strategischen Sieg gegen uns zu kämpfen.

Das funktioniert nicht, und deshalb sind wir gezwungen, anstelle von Friedensvereinbarungen mit Hilfe der Streitkräfte eine Lösung für dieses Problem zu finden, für die Entmilitarisierung. Wir werden nicht zulassen, dass es in der Ukraine Streitkräfte gibt, die in Zukunft eine Bedrohung für die Russische Föderation und ihr Volk darstellen.

Diese Schläge haben Ihre Journalisten gesehen. Und wenn wir uns nicht auf friedlichem Wege einigen können, werden wir unsere Ziele natürlich mit militärischen Mitteln erreichen. Das ist also nichts Ungewöhnliches. Ich hoffe, dass ich damit Ihre Frage beantwortet habe.

Was die Erklärung des Außenministeriums angeht, so ist sie meiner Meinung nach ebenfalls verständlich und sehr transparent und verweist auf das Völkerrecht. Was unsere Maßnahmen in der Ukraine und die Übereinstimmung mit dem Völkerrecht angeht, so habe ich unsere Logik gerade dargelegt: von einem Schritt zum anderen. Wir sind der Ansicht, dass das vollständig im Einklang mit der Charta der Vereinten Nationen steht.

Was die Einschätzungen unseres Außenministeriums angeht, so können Sie selbst beurteilen, was Ihrer Meinung nach objektiv und was erfunden ist. Ich habe dort nichts Erfundenes festgestellt. Ich hoffe, ich habe Sie in diesem Punkt zufrieden gestellt und Ihre Frage beantwortet.

Was mögliche Treffen mit Herrn Trump angeht: Das wäre natürlich äußerst nützlich. Ich stimme dem US-Präsidenten zu: Das muss natürlich vorbereitet werden und zu positiven Ergebnissen führen.

Wir haben einen guten Weg gewählt und mehrfach mit Präsident Trump telefoniert. Wir haben großen Respekt vor seiner Absicht, die Beziehungen zu Russland in vielen Bereichen wiederherzustellen: sowohl im Bereich der Sicherheit als auch im Bereich der Wirtschaft.

Sehen Sie, unsere Importe in die USA sind auf ein Zehntel zurückgegangen, und die Importe aus den USA nach Russland sind auf weniger als ein Viertel zurückgegangen. Zugegeben, sie waren ohnehin gering, sie beliefen sich auf 27 Milliarden [Dollar] und sind nun auf ein paar wenige Milliarden gesunken. Aber tatsächlich ist der Warenumsatz mit den USA im letzten Jahr gestiegen. Mit vielen europäischen Ländern ist er gesunken, mit den USA ist er jedoch gestiegen.

Deshalb hoffe ich, und Sie wissen, dass Herr Trump nicht nur ein Politiker ist, nicht nur ein Mann, dem das amerikanische Volk das Schicksal seines Landes anvertraut hat, sondern auch ein Geschäftsmann. Und darin sehe ich einen großen Vorteil, darin, dass er alles durchrechnet, und da er ein reicher Mann geworden ist, rechnet er offenbar gut. Das heißt, er überlegt, wohin bestimmte Schritte in Bezug auf Russland führen werden, wie viel sie die Steuerzahler kosten werden, wie viel sie die US-Wirtschaft kosten werden, ob sie durch diese oder jene Schritte einen Vorteil erzielen oder im Gegenteil einen Nachteil erleiden wird.

Wir sehen derzeit das Interesse der amerikanischen Wirtschaft am Aufbau von Beziehungen zu Russland. Es gibt bereits Kontakte zwischen unseren großen Unternehmen und amerikanischen, die auf unseren Markt zurückkehren und zusammenarbeiten wollen. Das weckt insgesamt einen gewissen verhaltenen Optimismus. Und ich hoffe, dass sowohl der US-Präsident als auch sein engstes Umfeld das sehen und hören und gemeinsam mit Vertretern der Wirtschaft Entscheidungen treffen werden, die auf die Wiederherstellung der russisch-amerikanischen Beziehungen abzielen.

Wir haben Kontakte sowohl zu Herrn Rubio, dem Außenminister, als auch zum Vizepräsidenten Herrn Vance. Insgesamt verbessern sich die Beziehungen allmählich, Schritt für Schritt. Auf jeden Fall werden die Voraussetzungen für eine Wiederherstellung der Beziehungen geschaffen. Wir hoffen, dass dieser Trend anhält. Wir sind dazu bereit.

Ende der Übersetzung