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jüngste Beiträge in »Der Wunsch nach Frieden«


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von Thomas Röper  – 15.01.2025  – übernommen von anti-spiegel.ru
15. Januar 2025

Röper: Patruschew hält ein Ende der Existenz der Ukraine und Moldawiens als Staaten für möglich


Der ehemalige Chef des russischen Geheimdienst und heutige Berater von Präsident Putin hat ein sehr aufschlussreiches Interview zu den russischen Erwartungen an Trump, den Ukraine-Konflikt und die EU gegeben.
Wenn Nikolai Patruschew ein Interview gibt, lohnt es sich immer, es aufmerksam zu lesen. Als langjähriger Geheimdienst-Chef und heutiger Berater von Präsident Putin und Mitglied des russischen Sicherheitsrates gehört er zu den Eliten Russlands, die die Politik des Landes mitbestimmen. Patruschew hat einer russischen Zeitung nun ein Interview gegeben, das ich übersetzt habe.

(Red.) Der ehemalige Geheimdienstchef Russlands und jetziges Mitglied des russischen Sicherheitsapparats stellt noch einmal in dankenswerter Klarheit die bereits bekannten Positionen Russlands zum Ende des Ukraine-Kriegs dar. Wie der Westen diese Niederlage verarbeiten wird, muss man abwarten. Der Ausgang ist aber jedenfalls klar.(am)

Beginn der Übersetzung:

Nikolai Patruschew: „Es ist nicht ausgeschlossen, dass die Ukraine im beginnenden Jahr aufhört zu existieren“

Nikolai Patruschew hält es für möglich, dass die Ukraine im Jahr 2025 aufhören wird zu existieren

Der Machtwechsel in den USA verspricht, die globale Tagesordnung grundlegend zu verändern. Einige der aufsehenerregenden außenpolitischen Initiativen des designierten Präsidenten Donald Trump kamen völlig unerwartet   – und haben selbst bei den treuesten amerikanischen Verbündeten für Verwirrung gesorgt.

Wir sprachen mit Nikolai Patruschew, Berater des russischen Präsidenten und ständiges Mitglied des Sicherheitsrats, darüber, was Russland von der neuen Regierung in Washington erwarten kann und wie es auf mögliche Veränderungen in der Politik gegenüber unserem Land reagieren sollte.

Der Tiefe Staat in den USA ist stark

Nikolai Platonowitsch, Sie sind seit vielen Jahren eng in die Geopolitik eingebunden und nehmen an der Entscheidungsfindung im Bereich der internationalen Sicherheit teil. Haben Sie nicht den Eindruck, dass gravierende Veränderungen die Welt vor dem Amtsantritt von Donald Trump erwarten?

Ein großer Teil der Welt blickt immer noch auf Amerika. Inzwischen ist die amerikanische Elite selbst gespalten und hat keine einheitliche Vorstellung davon, wie genau die Politik in der Welt und im eigenen Land aussehen soll.

Trumps wichtigster Slogan ist, dass er angeblich einen Plan hat, um die USA zu einer pragmatischen Politik zurückzuführen, die sowohl für den Staat als auch für seine Bürger von Vorteil wäre. Wie sich das mit den Interessen anderer Länder und Völker vertragen wird, bleibt abzuwarten.

So oder so sind wir heute Zeugen gravierender Veränderungen in der Welt. Damit meine ich nicht nur die geopolitische Lage, sondern auch den Stand der Dinge in der Wirtschaft, im technologischen Bereich sowie bei sozialen und kulturellen Prozessen. Das letzte Mal, dass solche tektonischen Verschiebungen stattfanden, war nach dem Zusammenbruch der UdSSR. Damals war der Westen nicht in der Lage, sich an die neuen Gegebenheiten anzupassen und lebte weiter wie während des Kalten Krieges, ständig auf der Suche nach Feinden.

Trumps tägliche Äußerungen können nur als revolutionär bezeichnet werden: Abneigung gegen alles, was die Biden-Regierung getan hat, Erklärung radikaler neuer Ideen…

Bidens Präsidentschaft hat gezeigt, dass die Prioritäten des Weißen Hauses und der normalen Bürger sehr unterschiedlich sind. Die jedem Amerikaner seit den Schulbüchern vertrauten Worte, dass in Amerika das Volk für das Volk und im Namen des Volkes regiert, stehen im Widerspruch zur Realität. Daher werden die einfachen Amerikaner alle Ideen akzeptieren, die zu ihrem Wohlergehen beitragen können. Sie werden Maßnahmen zur Förderung der Werte der Familie, zur Verbesserung der Gesundheitsversorgung, zur Bekämpfung von Bränden und illegaler Einwanderung begrüßen.

Natürlich wird die Zeit zeigen, ob Trump in der Lage sein wird, seine Absichten in vollem Umfang zu verwirklichen. Wie seine erste Amtszeit gezeigt hat, ist der berüchtigte Tiefe Staat in den USA sehr stark. Er könnte Trump blockieren. Und die Erfahrungen aus dem Wahlkampf und dem Attentat haben gezeigt, dass man auf die unvorstellbarsten Szenarien vorbereitet sein muss.

Es ist klar, dass Trumps Positionen nicht von allen US-Eliten geteilt werden. Seine Ansichten weichen erheblich von den Plänen der Demokratischen Partei, einzelner Besitzer von Industriegiganten und transnationaler Konzerne ab. Daher ist es äußerst wichtig, dass die Sicherheit von Trump und seinem Gefolge sowohl vor seinem Amtsantritt als Staatsoberhaupt als auch während seiner Präsidentschaft gewährleistet wird.

Die USA werden viel Druck machen, aber nicht Krieg führen

Donald Trump hat bereits seine Interessen in Bezug auf Grönland, den Panamakanal, Mexiko, Kanada und andere Staaten auf verschiedenen Kontinenten dargelegt. Warum spricht er im Gegensatz zu Biden nicht so oft über die Zukunft der Ukraine?

Für die Regierung Biden war die Ukraine eine absolute Priorität. Es ist klar, dass die Beziehung zwischen Trump und Biden antagonistisch ist. Daher wird die Ukraine nicht zu Trumps Prioritäten gehören. Er macht sich mehr Sorgen um China.

Außerdem hat er, wie Sie sagten, seine Interessen in Bezug auf Grönland, den Panamakanal, Mexiko und Kanada erklärt. Es ist eine amerikanische Tradition, die Weltkarte nach eigenen Interessen umzugestalten und sich in die Angelegenheiten von Ländern auf verschiedenen Kontinenten einzumischen.

Gleichzeitig ist das Gerede, dass Trump Streitkräfte entsenden wird, um neue Staaten für die USA zu erobern, kaum als fundiert zu bezeichnen. Dennoch besteht kein Zweifel daran, dass die neue Regierung an all diesen Fronten ihre eigenen Interessen sehr selbstbewusst durchsetzen wird.

Was die Beziehungen der USA zu China betrifft, so glaube ich, dass sich die Meinungsverschiedenheiten zwischen Washington und Peking verschärfen werden, und die Amerikaner werden sie aufblähen, auch künstlich. Für uns ist und bleibt China unser wichtigster Partner, mit dem wir eine besonders privilegierte strategische Zusammenarbeit pflegen. Diese Beziehungen sind nicht konjunkturabhängig und werden unabhängig davon aufrechterhalten, wer im Oval Office sitzt.

Wir lassen Russen nicht im Stich

Unsere Interessen erschöpfen sich nicht in unserer Partnerschaft mit China. Wir müssen sie auch in anderen Regionen verteidigen. Was sagen Sie zu den Beziehungen zu den baltischen Staaten und Moldawien?

Für uns hat der Schutz und das Wohlergehen unserer Bürger und Landsleute in der ganzen Welt oberste Priorität. Wenn wir über den internationalen Aspekt sprechen, muss die Diskriminierung der russischen Bevölkerung in einer Reihe von Ländern, und natürlich in den baltischen Staaten und Moldawien, aufhören. Die Regierungen dieser Staaten führen sich durch unüberlegtes Handeln selbst in die tiefste Krise und spinnen gleichzeitig hartnäckig die russophobe Karikatur weiter. Besonders bezeichnend ist die Energiekrise, für die zu hundert Prozent die moldawische Regierung verantwortlich ist, die gehorsam den Anweisungen aus Brüssel folgt, die Abhängigkeit von russischem Gas zu verringern.

Daher sollte Chisinau weder sich selbst noch sein Volk täuschen. Die moldawische Regierung sollte nicht nach Feinden innerhalb des Landes oder in Transnistrien suchen, sondern ihre Fehler erkennen und die Situation korrigieren.

Ich schließe nicht aus, dass die aggressive anti-russische Politik von Chisinau dazu führen wird, dass die Republik Moldawien entweder Teil eines anderen Staates wird oder ganz aufhört zu existieren. In dieser Situation kann man das Beispiel der Ukraine nehmen, wo Neonazismus und Russophobie das Land schon lange vor der Militäroperation zum Zusammenbruch gebracht haben.

Die Abtretung von Gebieten steht nicht zur Debatte

Vertreter der neuen US-Regierung, insbesondere die von Trump ernannten Berater, erkennen in einigen ihrer Reden an, dass Russland unter keinen Umständen die Gebiete, die bereits Teil der Russischen Föderation sind, an die Ukraine oder irgendjemand anderen abtreten wird…

Das steht nicht einmal zur Diskussion. Die Gebiete, die einst von Kiew aus regiert wurden, sind durch den Willen der Bürger im Einklang mit dem Völkerrecht, den Gesetzen der Russischen Föderation und der Gesetzgebung dieser Regionen Teil Russlands geworden.

Die russische Haltung zur Ukraine bleibt unverändert. Für uns ist es wichtig, dass die Aufgaben der Militäroperation erfüllt werden. Sie sind bekannt und haben sich nicht geändert. Der russische Präsident Wladimir Putin hat sie wiederholt genannt.

Es ist auch wichtig, dass die Welt die Eingliederung der DNR, der LNR, der Regionen Saporoschje und Cherson, der Republik Krim und Sewastopol in die Russische Föderation anerkennt, die gemäß der Verfassung ein integraler Bestandteil unseres Landes sind.

Ich möchte noch einmal betonen, dass das ukrainische Volk uns weiterhin nahe steht, brüderlich und durch jahrhundertealte Bande mit Russland verbunden ist, egal wie sehr die Propagandisten in Kiew, die vom „Ukrainismus“ besessen sind, etwas anderes behaupten. Uns ist nicht gleichgültig, was in der Ukraine geschieht.

Besonders besorgt sind wir darüber, dass der gewaltsame Zwang der Neonazi-Ideologie und die glühende Russophobie die einst blühenden Städte der Ukraine, darunter Charkiw, Odessa, Nikolajew und Dnjeprpetrowsk, zerstören.

Es ist nicht ausgeschlossen, dass die Ukraine im beginnenden Jahr aufhören wird zu existieren.

Wenn wir über konkrete Aussichten für die weitere Entwicklung sprechen und dabei den Faktor Trump berücksichtigen, respektieren wir seine Aussagen. Ich glaube, dass die Verhandlungen über die Ukraine zwischen Russland und den USA ohne die Beteiligung anderer westlicher Länder geführt werden sollten.

Mit London und Brüssel gibt es nichts zu besprechen. Die Führung der EU zum Beispiel hat seit langem kein Recht, für viele ihrer Mitglieder wie Ungarn, die Slowakei, Österreich, Rumänien und einige andere europäische Länder zu sprechen, die an der Stabilität in Europa interessiert sind und eine ausgewogene Position gegenüber Russland einnehmen.

Ende der Übersetzung


Quelle: Anti-Spiegel
Mit freundlicher Genehmigung übernommen