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09. Dezember 2024 Von: Karin Leukefeld - übernommen von globalbridge.ch
10. Dezember 2024

Karin Leukefeld: Syrien in Trümmern  – und was die Medien verschweigen


Um erneutes Blutvergießen zu vermeiden, ordnete Präsident Assad den Rückzug der Streitkräfte, von Armee und Polizei an und handelte damit sehr verantwortungsbewußt. Für sich und seine Familienangehörige wählte Assad den Weg ins Exil. Er floh nicht bei Nacht und Nebel.
Nach der Eroberung von Hama durch die Dschihadisten flüchten viele Einwohner ... (Foto dpd/AP Ghaith Alsayed)

(Red.Globalbridge) Unsere Nahostkorrespondentin Karin Leukefeld   – sie schreibt nicht aus dem bequemen Büro in Deutschland, sondern lebt im Nahen Osten   – macht in einem hochaktuellen Bericht deutlich, wie die Medien einmal mehr mit der Unterdrückung wichtiger Fakten die geopolitische Situation einseitig beschreiben und Schuldzuweisungen in die falsche Richtung machen. Vor allem wird die massgebliche Beteiligung der USA und der EU mit ihren Sanktionen am bisherigen wirtschaftlichen Elend in Syrien schlicht verschwiegen. (cm)

Wie während des Krieges seit 2011 erklären auch jetzt wieder westliche und westlich orientierte „Qualitäts-Medien“ der Welt, was in Syrien geschieht. Jahre lang haben sie geschwiegen über die Folgen ausländischer Interventionen, über geheime Bewaffnungs- und Ausbildungsprogramme für die bewaffneten Aufständischen ausländischer Geheimdienste. Sie schwiegen über die völkerrechtswidrige Besatzung syrischer Rohstoffe und von syrischem Territorium durch ausländische Truppen. Sie schwiegen über die Auswirkungen weitretchender einseitiger wirtschaftlicher Strafmaßnahmen (Sanktionen) der Europäischen Union, mit denen Syrien und seine Regierung „gebeugt“ werden sollte.

Sie schwiegen über die Auswirkungen des einseitig von den USA verhängten „Caesar Gesetzes“, mit dem jede Investition, jeder Handel mit Syrien von den USA kriminalisiert und mit finanziellen Sanktionen bestraft werden konnte. Die Auswirkungen dieser Maßnahmen, deren Aufhebung von der Mehrheit der Staaten in der UN-Vollversammlung wieder und wieder gefordert und immer wieder von den reichen, westlichen Staaten   – auch Deutschland   – abgelehnt wurden, lasteten sie dem syrischen Präsidenten Bashar al Assad an.

Nun also erklären besagte Medien der Öffentlichkeit, dass Dschihadistengruppen Damaskus erobert und das „Assad-Regime“ gestürzt hätten. 14 Jahre lang habe Baschar al-Assad „sein halbes Land zerstören“ lassen, „um an der Macht zu bleiben“ heißt es in einer deutschen Tageszeitung. „Am Ende brauchten die Rebellen dann zehn Tage, um sein ausgehöhltes Regime zu stürzen“, so der Vorspann des Artikels, der die Überschrift trägt: „Die Nacht, als der Diktator floh“. 

Der syrische Präsident tritt zurück

Tatsächlich wurde Damaskus nicht „erobert“, sondern die Bewohner der syrischen Hauptstadt haben die Kampfverbände hereingelassen. Armee und Polizei waren angehalten, keinen Widerstand zu leisten und sich zurückzuziehen, die Bevölkerung der Stadt war schon seit dem Vortag zu Hause geblieben, um abzuwarten. Der syrische Präsident Al Assad hatte nach direkten und indirekten Gesprächen mit arabischen Golfstaaten (Vereinigte Arabische Emirate, Saudi-Arabien), mit der Türkei, Jordanien, Irak, mit Iran und Russland seine Chancen abgewogen. Um erneutes Blutvergießen zu vermeiden, ordnete er den Rückzug der Streitkräfte, von Armee und Polizei an und handelte damit sehr verantwortungsbewußt. Für sich und seine Familienangehörige wählte Assad den Weg ins Exil. Er floh nicht bei Nacht und Nebel, sondern wurde   – vermutlich von der russischen Militärbasis Hmeimien (Latakia)   – nach Moskau geflogen. Dort erhielt die Familie Al Assad humanitäres Asyl. 

Vermutlich hatte Assad keine Alternative. Von allen Seiten stand er unter Druck, die wirtschaftlichen Probleme, die vor allem durch den Krieg und die EU/US-Sanktionen verursacht waren, konnte er nicht lösen. Am Abend des 8. Dezember stellte sich die Lage für außenstehende Beobachter so dar, dass der Präsident geht, die Regierung bleibt, um die Zerstörung der Ministerien und Institutionen zu verhindern und den politischen Übergang mit den Dschihadisten zu klären. Ministerpräsident Mohammad Ghazi al-Jalali ordnete an, dass die Ministerien besetzt bleiben sollten und forderte demokratische Wahlen. Dschihadistenführer Abu Mohammad al-Jolani, der kurz vorher wieder seinen ursprünglichen Namen Ahmed Hussein al-Shar’a angenommen hatte, erklärte Al-Jalili solle vorübergehend die Regierungsgeschäfte führen, bis eine Regelung für eine neue Regierung gefunden worden sei. Verschiedene Medien sprachen von einer vorübergehenden „Regierung der nationalen Einheit“.

Unterstützer der Dschihadisten

Der Vormarsch war geplant und es gab die Anordnung des Präsidenten, keinen Widerstand zu leisten. Der rasche Vormarsch war kein Wunder. Die Dschihadisten waren Berichten zufolge lange vorbereitet, die Kämpfer gut ausgerüstet, sie hatten Benzin für ihre Fahrzeuge und Motorräder und waren zudem von ukrainischen Kämpfern und Ausbildern mit großen Mengen Drohnen versorgt worden. Die Kampfverbände wurden von Journalisten, Fotografen und Videofilmern   – auch westlicher Medien   – begleitet. CNN verbreitete...

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Quelle: Globalbridge.ch - Mit freundlicher Genehmigung übernommen