Östliches Wirtschaftsforum signalisiert Russlands langfristige Strategie der Ausrichtung auf den Orient
© Sputnik / Ekaterina Chesnokova
Am Dienstag hat in Wladiwostok das Östliche Wirtschaftsforum begonnen. Die viertägige Veranstaltung dient als Plattform für die Diskussion von Initiativen zur Entwicklung des russischen Fernen Ostens und zum Ausbau der regionalen Zusammenarbeit mit und zwischen den Ländern der Asien-Pazifik-Region. Wirtschaftswissenschaftler berichten Sputnik über die besondere Bedeutung des diesjährigen Forums.
Das Östliche Wirtschaftsforum (Eastern Economic Forum – EEF) ist mehr als nur ein regionales, auf Wirtschaft ausgerichtetes Treffen. Es ist ein Treffpunkt, der große und kleine Mächte des asiatisch-pazifischen Raums gleichermaßen anzieht, die nach neuen Perspektiven für die Zusammenarbeit und eine auf Gleichberechtigung basierende Architektur für regionale Partnerschaften suchen.
Da rund 60 Prozent der Weltbevölkerung in Asien und im Pazifikraum leben, die Region fast 40 Prozent des globalen BIP erwirtschaftet und etwa 22 Prozent der gesamten Landfläche der Welt ausmacht, stellt die Region für Moskau und seine Partner eine Goldgrube wirtschaftlicher und politischer Möglichkeiten inmitten der anhaltenden tektonischen Verschiebung des Weltgeschehens dar, die derzeit stattfindet.
Die wirtschaftliche Entwicklung des russischen Fernen Ostens „ist für China aus mehreren Gründen von immensem Interesse“, erklärte John Gong, Professor an der University of International Business and Economics, gegenüber Sputnik und kommentierte das Interesse der Volksrepublik an dem EEF.
„Zunächst einmal hat Russland infolge des Russland-Ukraine-Konflikts eine Strategie der Orientierung nach Osten eingeschlagen, vor allem vor dem Hintergrund der massiven Sanktionen, die von den westlichen Ländern gegen Russland verhängt wurden. Das bedeutet, dass eine Menge Investitionen getätigt werden, um die Infrastruktur im Fernen Osten zu verbessern, um mehr Handel und mehr wirtschaftliche Interaktionen mit Ländern in Asien, insbesondere mit China, zu ermöglichen“, erklärte Dr. Gong.
„Vor diesem Hintergrund spricht diese Konferenz meiner Meinung nach Bände darüber, wie sich die russische Wirtschaft völlig wandelt, was die Bedeutung dieses Wirtschaftsforums weiter unterstreicht“, fügte der Wissenschaftler hinzu.
Mit Blick auf Russlands neue, auf Asien ausgerichtete Infrastrukturinitiativen, vom Transitkorridor der Nördlichen Seeroute bis hin zu neuen Energiepipelines, die nach Osten führen, sagte Gong, er erwarte, dass diese milliardenschweren Megaprojekte in den kommenden Jahren „einen enormen Beitrag zu den bilateralen Wirtschaftsbeziehungen zwischen China und Russland“ leisten werden.
Darüber hinaus, so Dr. Gong, reagiere Russland auf die anhaltende Verlagerung des „globalen wirtschaftlichen Epizentrums“ nach Asien, einschließlich China und Südostasien. „Ich denke, wir befinden uns auf dem Weg in eine multipolare Welt, und die Welt wird nicht mehr vom reichsten Club der Welt – ich meine den G7-Club – monopolisiert“, betonte Gong.
Dem Geist der Bewegung der Blockfreien neues Leben einhauchen
Die neue Kraft in der internationalen Politik und Wirtschaft, die durch den expandierenden BRICS-Block repräsentiert wird, ist eine kraftvolle Neuauflage einer alten Idee, die von einem der berühmtesten südostasiatischen Führer nach der Unabhängigkeit erdacht wurde, erklärte Rajah Rasiah, geschäftsführender Direktor des Asien-Europa-Instituts der Universität Malaya, gegenüber Sputnik. Er kommentierte die Rolle des EEF bei der Erleichterung neuer Verbindungen zwischen den Volkswirtschaften Eurasiens.
„Die Eurasische Wirtschaftsunion hat vor kurzem begonnen, politische und wirtschaftliche Beziehungen zu ASEAN und APEC aufzubauen, auch wenn ihre Initiativen nicht über die US-zentrierten Partner hinausgehen. Dies ist ein guter Anfang, da er die Initiative des ersten indonesischen Präsidenten Sukarno wieder aufleben lässt, als er 1955 in Bandung die Afrika-Asien-Konferenz der Bewegung der Blockfreien Staaten organisierte“, erinnert Dr. Rasiah.
„Der jüngste Besuch russischer Offizieller, einschließlich des stellvertretenden Premierministers, in Malaysia ist ein Beispiel, das bei einigen südostasiatischen Ländern das Interesse geweckt hat, der Gruppe Brasilien, Russland, Indien, China und Südafrika (BRICS) beizutreten“, sagte der Wissenschaftler und nannte den BRICS-Block in Kombination mit Initiativen auf Ebene der Eurasian Economic Union (EEU) gegenüber der ASEAN als Instrumente, durch die ‚alle Länder genügend Raum haben werden, um ihre Interessen ohne Zwang durch eine oder mehrere Supermächte zu vertreten‘.
Russland, das über enorme Öl- und Gasreserven verfüge und bestrebt sei, [Kooperationsprojekte] über Indien und China hinaus auf die ASEAN-Länder auszudehnen, habe ebenfalls eine enorme Bedeutung und ein großes Potenzial, zur Entwicklung der asiatisch-pazifischen Region beizutragen, so Rasiah.
„Der malaysische Premierminister Ibrahim Anwar wird ebenfalls am Östlichen Wirtschaftsforum teilnehmen, was viel über die Beziehungen zwischen Malaysia und Russland aussagt“, sagte Dr. Gong. „Und auch China hat einen hochrangigen Regierungsbeamten, Herrn Han Zheng, zu der Konferenz geschickt. Wie Sie also sehen können, unterhalten viele Länder, insbesondere die Entwicklungsländer des Globalen Südens, nach wie vor sehr gute Beziehungen zu Russland“, sagte er und verwies auf das Versagen der USA und ihrer Verbündeten, Russland politisch und wirtschaftlich zu isolieren oder zu ersticken.
Quelle: https://sputnikglobe.com/20240903/eastern-economic-forum-signals-russias-long-game-strategy-of-orienting-toward-the-orient-1120003148.html
Die Übersetzung besorgte Andreas Mylaeus
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