Skip to main content

In einer grossen Dokumentation von Arte versuchen Wissenschaftler und Ärzte das Wissen über Impfungen zusammenzufassen.

Christian Bernhart / 17.11.2022 - übernommen von infosperber.ch
17. November 2022
Vorbehalte gegen gewisse Impfstoffe äussern nicht nur Impfskeptiker. Vielmehr kommen in der rund eineinhalbstündigen Arte-Doku-Sendung* Wissenschaftler und Ärztinnen zu Wort. Die französische Dokumentarfilmerin Anne Georget räumt ihnen genügend Zeit ein, damit sie ihre Befunde und Bedenken für Laien verständlich machen können. Auslöser für den Film war die Covid-Pandemie, welche die Menschen noch mehr als vorher in Impfgegner und in Befürworter aller empfohlenen Impfungen aufspaltete. Ziel der Doku war es, den Meinungsgraben mit Argumenten zu Nutzen und Risiken der Impfungen zu überbrücken. Doch in Frankreich und in der Romandie kritisierten Impfforscher, dass die Sendung tendenziös und einseitig gewesen sei und wichtige Informationen gefehlt hätten.

Infosperber Corona hat den Dialoge zwischen Impfbefuerwortern und Impfskeptikern zusaetzlich erschwert.ARTE Corona hat den Dialog zwischen Befürwortern aller empfohlenen Impfungen und Impfskeptikern zusätzlich erschwert. © arte

Kontroverse Befunde von Impfexperten

In einer grossen Dokumentation von Arte versuchen Wissenschaftler und Ärzte das Wissen über Impfungen zusammenzufassen.

In der Arte-Doku äussert sich zum Beispiel Gregory Poland, der Impfstoffe gegen Pocken, Masern und das Zika-Virus mitentwickelt hat und zurzeit an einem Covid-Impfstoff forscht. Oder der Epidemiologe William Foege, der in Afrika und Indien erfolgreiche Impfkampagnen gegen Pocken und Masern führte, oder der Schwede Peter Aaby, der die Impfkampagnen in Guinea-Bissau untersuchte und die unspezifischen Wirkungen von Impfungen erforschte (Infosperber berichtete). 

Im Folgenden sind ihre Argumente anhand der wichtigsten Themen zusammengefasst. Zwei weitere Wissenschaftler, der Virologe Didier Trono und der Immunologe Alain Fischer beurteilen Aussagen der Sendung kontrovers. 

Massenimpfungen

In diesem Abschnitt argumentiert die Doku, dass Pandemien wie etwa Pocken durch Massenimpfungen nicht auszurotten seien. Besser wäre es, gezielt nur Menschen in Gegenden mit infizierten Personen zu impfen. William Foege untermauert die These anhand von Impfkampagnen gegen Pocken in Nigeria 1967, wo es gelang, mit sieben Prozent Geimpften die Pocken zu stoppen. Dieselbe Methode wurde in den Jahren 1973/74 angewandt in Indien, das innert einem Jahr von Pocken befreit wurde (Bei Minute 11:38 im Film)

Auf RTS 1 stufte Didier Trono, Leiter des Virologie-Labors der ETH-Lausanne, die Pockenimpfung als gutes Beispiel für solche gezielten Impfungen ein, da Pockensymptome sehr gut erkennbar seien. Doch bei Krankheiten mit erst spät sichtbaren Symptomen komme die gezielte Impfung zu spät. Auch Massenimpfungen hätten anderenorts zur Ausrottung der Pocken beigetragen. 

In der Zeitung Express erklärt der Pariser Immunologe Alain Fischer, dass Pandemien wie beispielsweise Kinderlähmung nur dank der Massenimpfung bei uns verschwunden seien.

Kinderkrankheiten 

Die Arte-Doku geht auf die Frage ein, ob die heute hohe Impfrate bei Kleinkindern dazu führe, dass sich Kinderkrankheiten hin zu den Jugendlichen und Erwachsenen verschieben und deshalb weitaus schlimmere Folgen nach sich ziehen würden. Es sind Beobachtungen, die beispielsweise die Allgemeinpraktikerin Geneviève Farrachi in ihre Praxis in der Nähe von Dijon feststellt und die diese mit Aussagen des Virologen Raymond Bastin untermauert. Dieser erklärte 1977, dass eine flächendeckende Masernimpfung ein erhöhtes Risiko schwerer Fälle bei Erwachsenen und Neugeborenen zur Folge habe (25:18). Der Infektiologe Guillaume Béraud von der Uniklinik Poitiers erklärt dazu, dass Kinder vor Einführung der Impfung die Masern mit fünf oder sechs Jahren durchmachten (26:49). Die hohe Masern-Impfrate während der Epidemie 2010/11 hätte bewirkt, dass sich die 16-Jährigen am häufigsten ansteckten, was in diesem Alter mehr Risiken bedeute. 

Alain Fischer sagte im «Express»: Masern seien eine Krankheit mit schwerwiegenderen Folgen. Obschon sie in der Regel harmlos verlaufe, gebe es heute weltweit jährlich 135’000 nicht geimpfte Kinder, die an Masern sterben. Zudem schütze die Rötelnimpfung Schwangere vor der Geburt eines behinderten Kindes. 

Fischers Statistik ist approximativ, denn nach Angaben der WHO von 2018 gibt es weltweit jährlich 140’000 Maserntote, darin befinden sich alle Altersgruppen, geimpft oder ungeimpft. Didier Trono erklärt, die Ungeimpften und nicht die Geimpften würden riskieren, später an Masern zu erkranken (weil sie sich wegen der hohen Impfraten als Kinder selten anstecken), und postuliert, dass die generelle Impfung gegen Kinderkrankheiten helfe, besonders Vulnerable zu schützen, die sich wegen eines eingeschränkten Immunsystems nicht impfen lassen dürfen. 

Impfungen gegen Atemwegserkrankungen

Die eingeschränkte Wirkung dieser Impfungen gegen Viren in den Atemwegen charakterisiert Michel de Lorgeril, Experte für Auswirkungen von Medikamenten und Impfungen, dahingehend (28:58), dass es bei Geimpften zwar zu weniger Erkrankungen komme, dass sie jedoch nach wie vor Viren über die Atemwegsorgane ausscheiden und deshalb ansteckend sein können. Menschen jedoch, die sich auf natürlich Weise über die Atemwege infizierten, würden einen besseren Schutz ihrer Atemwege aufweisen, sodass bei ihnen eine Übertragung der Krankheit sehr unwahrscheinlich wird. Für de Lorgeril bestätigen die Covid-Impfungen erneut diese eingeschränkte Wirkung der Impfung auf Atemwegserkrankungen.

Laut Fischer hätte man darauf hinweisen müssen, dass die Covid-Impfung das Risiko einer Ansteckung reduziere, auch wenn sie diese nicht ausschliesse.  

Fehlende Doppelblind- und Langzeitstudien 

An Behörden und Impfstoffproduzenten richtet die Arte-Doku gravierende Vorwürfe. Sie würden die Impfstoffe ohne die eingehenden, für Medikamente üblichen Prüfungen auf den Markt bringen. Der Franzose und bekennende Impfbefürworter Romain Gherardi, der während 30 Jahren die Auswirkungen von Impfstoffen auf Risikogruppen untersuchte, spricht von fehlenden präklinischen Studien zur Untersuchung von Auswirkungen auf die Erbsubstanz oder Fruchtbarkeit. Er wirft den Impfherstellern vor, Kosten sparen zu wollen. 

Gezeigt wird, wie Ronald Reagan 1986 den «National childhood vaccine injury act» unterzeichnete, der Hersteller von der Haftung für schwere Nebenwirkungen entbindet. 

Die Schlussfolgerung der Doku lautet: «Impfstoffe sind die einzigen Medizinprodukte, die eine gesetzliche Immunität geniessen.» Peter Gøtzsche, Begründer der Cochrane-Gruppe, einer internationalen Vereinigung von Ärzten, die klinische Studien von Medikamenten und Impfungen systematisch auswerten, fordert, dass Impfstoffe höhere Standards als andere Medikamente erfüllen sollten, da Impfstoffe Gesunden verabreicht werden und länger im Körper bleiben, Medikamente dagegen im Notfall abgesetzt werden können (39:90).

Weiterlesen

___________________

Die ARTE-Sendung im Original auf Französisch hier.

Quelle: https://www.infosperber.ch/gesundheit/public-health/kontroverse-befunde-von-impfexperten/

Weitere Beiträge in dieser Kategorie