Aleksandar Vučić: «Ich bin mir ziemlich sicher, wir werden eine Katastrophe erleben»
Lichtblick: Köppel (links), Vucic mit Sprüngli. Bild: Mihajlo Mrakic
Weltwoche: Herr Präsident, beginnen wir mit einem düsteren Thema, dem Krieg in der Ukraine. In einem Fernsehinterview sagten Sie kürzlich, dass wir uns wahrscheinlich in eine Situation begeben, die schlimmer sein könnte als der Zweite Weltkrieg. Wie besorgt sind Sie im Moment über die Eskalationsgefahr?
Aleksandar Vucic: Ich verfolge einen anderen Ansatz als viele andere grössere und wichtigere Politiker, denn ich würde gerne Frieden sehen, und die meisten anderen würden gerne den Sieg der einen oder anderen Seite sehen. Wenn man diese Art von Ansatz hat, dann ist auch alles andere anders. Und wenn man sich Frieden wünscht, dann kann man alle Probleme, mit denen wir konfrontiert sind, leicht durchschauen. Meiner Ansicht nach wird es von Tag zu Tag schlimmer und schlimmer. Mit den Worten des berühmten Historikers Alan J. P. Taylor: «Der Zug ist abgefahren, und niemand kann ihn aufhalten.» Und so sieht es auch aus. Wir sehen den finsteren Endpunkt all dessen, was in der Ukraine geschieht, wenn die Grossmächte nichts tun. In einem kurzen Zeitraum, ja, da bin ich mir ziemlich sicher, werden wir eine echte Katastrophe erleben.
«Von Tag zu Tag wird es schlimmer: Der Zug ist abgefahren, und niemand kann ihn aufhalten.»
Weltwoche: Die westlichen Führer erlauben der Ukraine, mit westlichen Waffen Ziele in Russland anzugreifen. Putin drohte mit Konsequenzen, doch sie sagen, das sei nur Bluff. Wie sehen Sie das? Wo sind die roten Linien von Präsident Putin? Wann überschreitet der Westen die rote Linie?
Vucic: Wenn Sie darauf wetten, dass jemand blufft, haben Sie keine besseren Karten, Sie glauben einfach, dass die andere Seite schwächere Karten hat. Aber Sie sind sich nicht sicher, denn Sie wissen es nicht. Sie haben weder seine noch die eigenen Karten wirklich gesehen. Ich war immer sehr vorsichtig bei der Beurteilung von Putins Willen oder Putins möglichen zukünftigen Schritten. Natürlich, ich stecke nicht in seiner Haut. Ich sehe die Dinge nicht mit seinen Augen. Ich glaube aber, dass die jüngste Verschärfung nur zu einer weiteren Verschlechterung der Situation beitragen kann. Damit ist niemandem geholfen.
Weltwoche: Führende Leute im Westen und unsere Medien behaupten, Putin sei ein imperialer Diktator. Nach der Ukraine werde er weitere Länder angreifen. Der deutsche Verteidigungsminister hat soeben erklärt, Putin habe ausdrücklich gesagt, er werde andere Länder angreifen. Sie kennen den russischen Präsidenten, was ist seine Agenda? Ist er ein imperialer Eroberer? Ist das der Grund für diesen Krieg?
Vucic: Ich sehe die Sache ein wenig anders. Zunächst einmal verurteile ich das Eindringen in das ukrainische Hoheitsgebiet. Aber es ist viel komplexer als kompliziert. Ich muss die Gegenfrage stellen: Was haben die Westmächte 1999 und 2008 mit Serbien gemacht? Darauf gibt es keine Antworten. Putin hat in seiner jüngsten Erklärung den Präzedenzfall Kosovo angeführt. Auch darauf gibt es keine Antworten.
Weltwoche: Putin begründet seinen Einmarsch damit, dass er einen Genozid im Donbass habe stoppen müssen, einen seit acht Jahren tobenden Krieg der Regierung gegen die abtrünnige Region. Genauso rechtfertigte damals die Nato ihr Eingreifen und die Bombardierung Serbiens 1999. Man habe einen Genozid stoppen müssen – für den allerdings bis heute die Belege fehlen.
Vucic: Die einzige Antwort, die er bekam, von Angela Merkel, lautete sinngemäss: «Okay, es war ein Blutvergiessen, das fast acht Jahre lang im Kosovo dauerte», was allerdings nicht ganz richtig und nicht ganz wahr ist. Und Putin fügte hinzu: «Im Donbass gab es tatsächlich ein Blutvergiessen, acht Jahre lang.» Und jetzt ist es ein grosser politischer Kampf, denn Putin wird immer wieder den Präzedenzfall Kosovo anführen, was für uns Serben nicht gut ist. Wäre ich an seiner Stelle gewesen, hätte ich wahrscheinlich dasselbe getan. Warum sollte ich mich zu sehr um die Serben in Serbien kümmern? Ich würde es tun, weil es im Interesse Russlands ist und es keine angemessene Antwort von der anderen Seite gibt. Ich spreche über das internationale öffentliche Recht und die Dinge, die einige Länder im Einklang mit der Uno-Charta und den Uno-Resolutionen und dem internationalen öffentlichen Recht im Allgemeinen getan oder nicht getan haben. Was die Situation noch komplizierter macht, ist die Tatsache, dass alle nur vom Krieg sprechen. Niemand will den Frieden erreichen. Niemand spricht über Frieden. Frieden ist fast ein verbotenes Wort geworden. Sie sagen, dass wir gewinnen müssen, um den zukünftigen Frieden zu sichern. Ich finde es sehr merkwürdig, dass niemand versucht, den Krieg zu beenden. Es gibt noch eine andere Theorie, die ich nachvollziehen kann. Ich heisse sie zwar nicht gut, aber ich verstehe, dass der Westen glaubt, er könne leicht gegen Putin gewinnen. Sie wollen ihn in der Ukraine erschöpfen. Dann wird, so die Überlegung, Russland auf dem heutigen Territorium und in der heutigen Form nicht mehr existieren, und Putin wird gestürzt werden und so weiter. Ja, vielleicht ist das möglich, aber . . .
«Ich kann nicht behaupten, dass der Westen sich überschätzt. Aber er unterschätzt Putin und Russland.»
Weltwoche: Ist es möglich?
Vucic: Nun, es schwächt Russland sowieso. Aber reicht das aus, um Russland zu zerstören und Putin zu stürzen? Das glaube ich nicht. Ich kann nicht behaupten, dass der Westen sich überschätzt. Aber ich glaube, man unterschätzt Russland und Putin.
Weltwoche: Wie erklären Sie sich die Kriegs- und Konfrontationsbegeisterung in Europa? Man redet nur noch über Waffen und darüber, dass Putin keinesfalls gewinnen dürfe.
Vucic: Als ich von vielen Leuten hier aufgefordert wurde, einen Krieg gegen die Albaner und die Nato im Kosovo zu beginnen, weil sie unsere Leute vertrieben, unsere Leute umbrachten und so weiter, habe ich nur gesagt: «Okay, ich verstehe deine Gefühle. Ich verstehe deinen Standpunkt. Aber würde es dir wirklich gefallen, wenn deine Mutter einen Sarg nach Hause geschickt bekäme? Mit dem Sohn, Ehemann, Vater, wem auch immer.» Im heutigen Europa benehmen sich alle wie grosse Helden, aber sie haben ihren Leuten nicht gesagt, dass sie einen sehr hohen Preis zahlen werden. Sie und all diese Führer sollten absolut alles tun, um jede Art von Kriegstreiberei zu stoppen. Doch am Ende denken die Menschen an ihre eigenen Interessen. Ich verstehe, warum Präsident Macron Nato-Truppen in die Ukraine schicken möchte. Seine Haltung ist wahrscheinlich, dass es besser ist, sich Russland auf ukrainischem Boden zu stellen als auf europäischem oder mitteleuropäischem Boden, wenn es denn sein muss. Die Deutschen haben, mit einigen Unterschieden, die gleiche Einstellung. Doch bevor man so etwas sagt, sollte man meiner Meinung nach versuchen, einen Waffenstillstand zu erreichen, um dann über zehn, zwanzig, dreissig oder fünfzig Jahre zu verhandeln, egal, wie lange. Das ist besser als ein Tag erbitterten Kampfes, wie wir es heute erleben.
«Wir sind nicht mehr weit entfernt von einer grossen Konfrontation. Nicht länger als drei, vier Monate.»
Weltwoche: Werden die Nato-Staaten eine Niederlage der Ukraine akzeptieren?
Vucic: Ich danke Ihnen für diese Frage. Warum spreche ich davon, dass wir uns dem Abgrund nähern? Analysieren Sie die Situation der Nato und der Vereinigten Staaten. Sie können es sich nicht leisten, einen Krieg in der Ukraine zu verlieren. Russland darf nicht gewinnen. Die Westmächte würden ihr politisches Erbe verwirken. Zweitens: Die Position Europas und des kollektiven Westens in geopolitischer Hinsicht würde sich zu sehr verschlechtern. Dies öffnete, drittens, die Büchse der Pandora für weitere Feindseligkeiten gegen den kollektiven Westen in der Zukunft. Aber nehmen Sie die andere Seite. Wenn Putin den Krieg verliert, wird er persönlich alles verlieren. Er wollte eine Art gemeinsamen Nenner für Iwan, Peter den Grossen und Katharina die Grosse schaffen. Dieses Erbe wäre dahin. Und Russland würde, drittens, nicht mehr existieren und nicht mehr so gestaltet sein, wie es heute ist. Wenn also beide Seiten in diesem Krieg so weit voneinander entfernt sind, mit ihren Wünschen, mit ihren Erwartungen, dann sieht man, dass alles auf dem Spiel steht. Alles steht für beide Seiten auf dem Spiel. Keiner kann sich eine Niederlage leisten. Deshalb habe ich öffentlich gesagt und es nicht verschwiegen, dass wir einer echten Katastrophe näher kommen. Doch da sind wir schon bei einer weiteren Frage: Wer ist bereit, eine Million, zwei Millionen, fünf Millionen, zehn oder fünfzehn Millionen Menschen zu verlieren? Fragen Sie sich selbst. Ich bin nicht bereit, einen einzigen Mann zu verlieren, und wir werden uns daran nicht beteiligen. Aber das ist eine Frage für andere Leute.
Weltwoche: Im Westen heisst es, die Schuld liege allein bei Putin. Es sei ein unprovozierter Krieg. War es ein unprovozierter Krieg?
Vucic: Ich bin nicht hier, um es zu definieren, und es besteht kein Zweifel, dass es eine Art Verstoss gegen das internationale öffentliche Recht war. Das Problem ist, dass es Minsk gab, die Sezessionisten, die Minsker Vereinbarung, auf die Putin pochte, weil sie immer wieder gebrochen und verletzt wurde. Wie auch immer. Meine Frage ist: Warum waren sie nicht so streng, als wir eine ähnliche Situation in Serbien hatten?
«Die Schweiz ist ein wichtiges Land, und wir würden gerne eine grössere Rolle der Schweiz sehen.»
Weltwoche: Doppelte Standards?
Vucic: Ja, ja. Zweifellos. Doppelzüngigkeit, Doppelmoral, Ablenkungsmanöver, was immer Sie wollen. Kein Zweifel.
Weltwoche: Gibt es in der westlichen Politik, ich zögere, solche Ausdrücke zu verwenden, eine Art antislawischen Rassismus? Man hat sich angewöhnt, auf die Menschen im Osten bestenfalls wohlwollend herabzublicken?
Vucic: Ich bin der Präsident des Landes, und ich kann diese Art von Ausreden, Rechtfertigungen, Plattitüden, was auch immer, nicht verwenden. Aber ich kann sagen, dass es einige alte Bündnisse gibt, die erneuert wurden. Doch die Ukrainer sind auch ein slawisches Volk. Die serbische Sprache ist morphologisch und phonetisch dem Ukrainischen sehr ähnlich. Hier sprechen mehr Menschen Russisch als Ukrainisch, aber die ukrainische Sprache ist der serbischen Sprache ähnlicher als der russischen, und ich denke, das ist eine katastrophale Situation für die slawischen Völker. Für alle zusammen.
Weltwoche: Nach jüngsten Erkenntnissen verhinderten die USA vor zwei Jahren einen greifbaren Frieden in Istanbul. Wie sehen Sie die Rolle der Amerikaner?
Vucic: Eine grosse Macht haben natürlich ihre Interessen. Es gibt da keine Liebe. Und wenn sie jemanden als Sicherheitsbedrohung betrachten, gehen sie, wenn möglich, bis zum Ende. Aber ich glaube, das war eine falsche Einschätzung. Auch wenn die Amerikaner jetzt glauben, sie hätten die Russen stark geschwächt, ihr Ansehen bei vielen Leuten vermindert. Trotzdem: Ich bin mir nicht sicher, ob sie mit dem Ergebnis sehr zufrieden sind bis jetzt. Es gab zwei grosse Gelegenheiten für Frieden, erstens die, die Sie bereits erwähnt haben, und zweitens die grosse ukrainische Offensive. Das war der beste Moment, als die Ukrainer die Initiative hatten, um Frieden zu schliessen. Doch niemand wollte es tun, weil jeder dachte, das Momentum sei auf seiner Seite.
Weltwoche: Sie hatten gerade Besuch vom ukrainischen Aussenminister Dmytro Kuleba. Was war Ihr Eindruck? Wäre die ukrainische Regierung bereit, mit Russland zu verhandeln, oder herrscht totale Konfrontationsstimmung?
Vucic: Ich kann nicht sagen, dass es sich um eine konfrontative Stimmung handelt. Sie befinden sich in einer nicht einfachen Situation, und ich verstehe ihre Lage. Das heisst nicht, dass ich zu 100 Prozent mit der ukrainischen Haltung übereinstimme, aber ich verstehe ihren Standpunkt. So, wie ich mein Bestes tue, um auch die russische Position zu verstehen. Ich fürchte, wir sind sehr, sehr weit davon entfernt, eine Einigung zu erzielen. Ich habe auch mit dem chinesischen Präsidenten Xi Jinping gesprochen, und er vertritt in dieser Frage dieselbe Auffassung wie ich. Von einer Einigung sind wir noch sehr weit entfernt.
Weltwoche: Wie nah sind wir an einem dritten Weltkrieg?
Vucic: Ich kann nicht von einem dritten Weltkrieg sprechen, aber von einer grossen Konfrontation. Wie weit wir sind? Ich glaube, dass wir davon nicht mehr weit entfernt sind. Nicht länger als drei oder vier Monate. Und es besteht die Gefahr, dass dies schon vorher geschieht.
Weltwoche: Wo stehen Sie in diesem ganzen Wahnsinn? Wo steht Serbien in diesem Konflikt?
Vucic: Wir bewahren den Frieden, die Stabilität und die Ruhe in der Region und in unserem Land. Wir werden unser Bestes tun. Immerhin waren wir einer der Weltmeister des Krieges im 20. Jahrhundert: Erster Balkankrieg, Zweiter Balkankrieg, Erster Weltkrieg. Im Ersten Weltkrieg, wussten Sie das, verloren wir 28,9 Prozent unserer Gesamtbevölkerung. Serbien war das grösste Opfer des Ersten Weltkriegs, und niemand hat das je anerkannt. Aber diese Daten sind Daten, die auf der Pariser Friedenskonferenz gezeigt wurden. Frankreich hat 10,5 Prozent der Bevölkerung verloren, wir aber 28,9 Prozent. Dann kam der Zweite Weltkrieg mit dem schrecklichen Konzentrationslager in Kroatien, Jasenovac, und vielen anderen Dingen. Während des Zweiten Weltkriegs wurden eine Million Serben getötet. Wir waren die Einzigen, die sich von Anfang an als ganze Region gegen die Nazibewegung stellten. Am Ende des Krieges sind alle zu uns gestossen, wie das immer so ist. Nachher hatten wir all diese Kriege in den 1990er Jahren und dann die Nato-Aggression im Jahr 1999. Und nach all diesen Kriegen ist es mein grosser Traum, den Frieden und die Stabilität hier zu bewahren, und ich werde mein Bestes tun, um das Land sicher und stabil zu halten. Deshalb bin ich bei jeder einzelnen Äusserung sehr vorsichtig, sehr umsichtig. Wissen Sie, ich kämpfe mit niemandem, ich bewahre nur die Ruhe, und das war’s. Heute ist das Vokabular sehr grob. Das Vokabular ist auf allen Seiten, insbesondere auch auf der europäischen Seite, sehr hart.
Weltwoche: Werden Sie an der «Friedenskonferenz» in der Schweiz teilnehmen? Denken Sie, dass dies eine gute Konferenz ist?
Vucic: Ich habe das mit Wolodymyr besprochen. Ich habe mit den Chinesen darüber gesprochen. Wir haben noch keine Entscheidung getroffen. Wir werden sehen, welches Niveau es geben wird, wer kommt, wer nicht kommt. Wir werden die Entscheidung in ein paar Tagen treffen. Aber ich würde gerne beide Seiten an einem Tisch sehen, um ganz ehrlich zu sein.
Weltwoche: Haben Sie eine Erklärung dafür, warum wir gerade jetzt in so verrückten Zeiten leben, den verrücktesten Zeiten seit langem?
Vucic: Es ist leicht, lieber Freund, dies zu sehen. Sie haben völlig unterschiedliche Interessen. China ist eine Grossmacht auf dem Vormarsch, deren Interessen mit denen des Westens kollidieren. Die USA und Europa, nennen wir sie den kollektiven Westen, möchten alles bewahren, wofür sie gearbeitet haben in den letzten 300 Jahren. Und die anderen wollen, aus ihrer Sicht, mehr Gerechtigkeit, eine gleichere Welt. Mit dem Wunsch nach Bewahrung und dem Wunsch nach Veränderung hat man den Konflikt und völlig unterschiedliche wirtschaftliche und politische Interessen. Die Welt verändert sich, auch wenn wir es nicht wahrhaben wollen und es nicht zugeben wollen, aber sie verändert sich täglich und viel schneller als je zuvor. Das gibt Konflikte, Zusammenstösse, vielleicht grosse Kriege. Ich sehe keine Möglichkeit, wie jemand das verhindern kann, doch ich würde mir das mehr als alles andere wünschen, um Ihnen die Wahrheit zu sagen. Heute habe ich alle Daten über unsere Ölreserven, über Zucker bis hin zu Salz und allem anderen überprüft. Denn ich weiss nicht, was die Zukunft für uns alle bringen wird.
Weltwoche: Sie haben heute in Belgrad auch einen Schnellzug eingeweiht, und das war sehr interessant. Es handelt sich um eine Zusammenarbeit zwischen Serbien und China. Viele im Westen halten China für eine Bedrohung. Wie sehen Sie das?
Vucic: Viele Menschen im Westen tun ihr Bestes, um so viele Gegner und so viele Feinde zu produzieren, wie man sich das bisher nicht vorstellen konnte. Wir hatten bisher eine sehr gute Beziehung zu den Chinesen, und ich bin stolz darauf. Wie Sie sehen können, verstecke ich es nicht. Aber die meisten Züge haben wir aus der Schweiz gekauft, und wir kaufen immer noch bei Stadler, aber wir brauchen mehr Züge, und wir haben auch chinesische Züge gekauft. Wir sind gut mit ihnen befreundet, und wir sehen keine Gefahr, und sie werden uns nicht in Gefahr bringen. Wir werden sie nutzen, bevor wir der EU beitreten, und niemand weiss, wann dies geschehen wird oder ob es je geschehen wird. Wir werden auch Freihandelsabkommen mit China, Ägypten und den Vereinigten Arabischen Emiraten nutzen. Meine Aufgabe ist es, mich um dieses Land und um unsere Bürger zu kümmern. Sie haben gesehen, dass Belgrad eine Stadt der Kräne geworden ist, es ist vielleicht die Stadt in der Region, die den grössten Fortschritt und die beste Entwicklung zu verzeichnen hat. Ich möchte Ihnen nur ein Beispiel nennen. Stellen Sie einen Vergleich zwischen Serbien und Bosnien an. Als ich vor zehn Jahren Premierminister wurde, lag das Durchschnittsgehalt in Serbien bei 329 Euro, in Bosnien bei 378 Euro. Das bedeutet 50 Euro mehr, also 16, 17 Prozent mehr. Nun liegt das Durchschnittsgehalt in Bosnien bei 650 und in Serbien bei 830. Nach nur zehn Jahren liegt die Staatsverschuldung im Verhältnis zum Bruttoinlandprodukt (BIP) in diesem Land bei weniger als 50 Prozent. Und wir sind Teil von Eurostat. Die anderen sind es nicht. Wir haben unsere Arbeit erfolgreich gemacht, aber wir haben es geschafft, weil wir viele EU-Investitionen angezogen haben, aber auch viele amerikanische, schweizerische, japanische sowie chinesische und arabische Investitionen. Wir arbeiten mit allen zusammen. Und wir werden mit dieser Art von Politik weitermachen. Das ist es, was die rekordverdächtig hohe Beschäftigungsquote sichert. Jetzt konzentrieren wir uns voll und ganz auf die Steuern im Jahr 2027, denn das ist entscheidend für alle Arbeiten, die wir erledigen müssen, einschliesslich eines besseren Bildungssystems und zahlreicher Infrastrukturarbeiten. Ausserdem entwickle ich den Bereich KI, und wir wurden das vorsitzende Land dieser Partnerschaft für künstliche Intelligenz, von 29 Ländern und auch von Frankreich und der Schweiz unterstützt. Das sind gute Dinge. Das ist es, was wir tun müssen. Ich kann nicht über Kriege nachdenken.
«Viele im Westen tun ihr Bestes, um so viele Feinde zu produzieren, wie man sich das nicht vorstellen konnte!»
Weltwoche: Die EU, die USA reden von einer Art neuem kaltem Krieg. Es gelte, die Demokratie des Westens gegen die Despotie des Ostens zu verteidigen. Dagegen stehen die Verfechter der «multipolaren Welt». Was kommt auf uns zu: Blockdenken oder multipolare Zusammenarbeit?
Vucic: Ich habe eine Frage an Sie. Kann man in der Schweiz, sagen wir mal, chinesisches oder russisches Fernsehen sehen?
Weltwoche: In der Schweiz können wir Russia Today anschauen. In Deutschland ist alles verboten.
Vucic: Okay. Wenn es verboten ist, ist es dann Demokratie? In Serbien können Sie ukrainisches und russisches Fernsehen, chinesisches Fernsehen, aber auch amerikanisches Fernsehen sehen. BBC, Schweizer Fernsehen, französische Kanäle, ARD, ZDF. Was auch immer Sie wollen. Das ist Ihre Entscheidung. Wer definiert, was Demokratie ist? Als ich noch sehr jung war, fast noch ein Kind, war ich sehr schlecht im Zeichnen. Ich war total unbegabt. Einmal musste ich ein Pferd zeichnen. Es sah aber überhaupt nicht wie ein Pferd aus. Ich musste die Zeichnung mit «Pferd» anschreiben. Genau das tun sie heute. Wenn niemand sieht, dass es eine Demokratie ist, scheiben sie mit Leuchtschrift darunter: Wir sind die Demokratie! Ihr seid es nicht, und das war’s. Ich möchte Sie nur an die dummen Geschichten über Wahlbetrug im Dezember in Serbien erinnern. Ich habe ihnen gesagt, dass es keinen Wahlbetrug gab. Wir werden mit einem grösseren Vorsprung gewinnen. Jetzt hatten wir Wahlen, wiederholte Wahlen, und wir haben mit viel grösserem Vorsprung gewonnen. Was ist mit Wahlbetrug? Jeder hat diese dummen Geschichten vergessen, und niemand kommentiert sie noch weiter. Hier, in diesem Land, kann man sagen, was man will. Ich bin die am meisten angegriffene Person. Wenn das nicht demokratisch genug ist, würde ich diese Art von Kanälen gerne in anderen Ländern sehen, aber ich sehe sie nicht. Das alles erinnert mich an meine Kindheit und an das Pferd, das ich zeichnen wollte.
Weltwoche: Die meisten Medien in Deutschland, aber auch in der Schweiz vermitteln ein kritisches Bild über Sie, manche nennen Sie einen Autokraten, der die Journalisten gängelt. Was antworten Sie?
Vucic: Ich verstehe ihre Interessen, aber sie wissen, dass wir unser Wort halten. Egal, was sie mit uns machen. Meine Frage lautet: Wie würden die anderen mit jemandem umgehen, der ihnen 13,5 Prozent ihres Gebiets abgenommen hat? Das haben sie mit unserem Gebiet gemacht. Sie würden sagen, es sei alles auf legale Weise geschehen, aber ich sage, dass es illegal war. Für jeden ist es offensichtlich, dass dies illegal war. Daher glaube ich, wir sind sehr tolerant, sehr geduldig und gut erzogen, wenn wir über unsere Einstellung und unsere Haltung ihnen gegenüber sprechen. Wenn wir gerade über Demokratie und Autokratie reden, hätte ich noch ein paar andere Fragen, aber die lasse ich jetzt lieber weg, weil ich nicht die Interessen der serbischen Bevölkerung gefährden will.
Weltwoche: Wofür steht Serbien in der Welt?
Vucic: Wir sind ein unabhängiges Land, ein souveränes Land, das für Frieden steht, das für echte Werte steht, zu denen auch der Respekt vor Unterschieden und unterschiedlichen Ansätzen in verschiedenen Ländern gehört. Und wir sind ein Land, das mit allen Menschen in der Welt zusammenarbeiten möchte. Wir sind auf unserem EU-Weg. Aber ja, wir haben unseren eigenen Verstand, und wir entscheiden selbst. Wir lassen nicht alle Verbindungen zu unseren traditionellen Freunden abreissen. Und ja, wir sind hartnäckig. Wir sind von Zeit zu Zeit stur, um unsere Entscheidungsfreiheit zu behalten. Und so werden wir auch weiterhin arbeiten. Schliesslich engagieren wir uns sehr für den Erhalt und den wirtschaftlichen Fortschritt unseres Landes. Wir wurden zu einem Motor für eine ganze Region. Serbien hat in den letzten vier Jahren mehr als 62 Prozent der gesamten ausländischen Direktinvestitionen in den westlichen Balkanländern angezogen. Auf uns entfallen 50 Prozent des gesamten BIP des Westbalkans und 55 Prozent der gesamten Exporte der westlichen Balkanländer. Das war vor zehn Jahren noch nicht der Fall. Jetzt ist es so. Und diese Art von Kluft zwischen uns und den anderen wird noch grösser werden.
«Hier, in diesem Land, kann man sagen, was man will. Ich bin die am meisten angegriffene Person.»
Weltwoche: An Ihrem Land wird oft herumkritisiert. Sagen Sie uns: Was sind die grössten Qualitäten Serbiens? Worauf sind Sie stolz?
Vucic: Die Welt sieht nicht, was wirklich grossartig ist, was wir getan haben. In erster Linie geht es darum, über die Serben zu sprechen. Die Serben sind ein stolzes und würdevolles Volk, aber natürlich denkt dies jedes Volk von sich. Es gibt eine gute und eine schlechte Seite an uns. Wir haben grossartige Menschen in allen möglichen Bereichen, hervorragende Individualisten, aus den sozialen Sphären, von Wissenschaftlern bis hin zum kulturellen Leben, zu Sport und allem anderen. Aber wenn es um kollektives Vorgehen und kollektive Erfolge geht, sind wir schlechter als viele andere. Deshalb gibt es auch Serben wie Nikola Jokic, drei Mal wertvoller Spieler der nordamerikanischen Basketball-Liga. Deshalb hatten wir Nikola Tesla. Er war zu 100 Prozent Serbe, natürlich, dann amerikanischer Staatsbürger; von Mihajlo Pupin bis Novak Djokovic und vielen anderen. Wir sind hartnäckig und konsequent. Aber uns fehlt das System. Wir dachten immer, Talent genüge, was nicht der Fall ist. Ich glaube, dass wir damit begonnen haben, unsere eigene Denkweise zu ändern. Ich glaube wirklich an harte Arbeit von strenger Systematik. Was wir niemals preisgeben, ist unsere Freiheit. Wir sind unabhängig, wir sind keine Marionetten von irgendjemandem, und niemand kann uns vorschreiben, was wir in den einzelnen Fragen zu entscheiden haben. Heute kann man einfach eine E-Mail oder einen Fax von jemandem in Brüssel, Washington, Moskau oder sonst woher bekommen. Wir bekommen diese E-Mails, wir lesen diese E-Mails, aber wir entscheiden selbst. Das ist der Unterschied zwischen uns und vielen anderen. Dann lächle ich ab und zu, wenn sie sagen: «Hey, weisst du, jeder ist zu 100 Prozent mit unserer Politik einverstanden. Nur Serbien ist nicht zu 100 Prozent auf unserer Linie.» Dann sage ich ihnen oft, sehr oft: «Aber wenn ihr alle zu 100 Prozent übereinstimmt mit den anderen, wozu habt ihr noch eigene Regierungen, lasst euch doch einfach eine E-Mail schicken und kreuzt das erwünschte Kästchen an.» Wir glauben, dass wir Entscheidungen selber treffen sollten. Wissen Sie, auch in der Schweiz, in der Landsgemeinde, haben Sie sich um Ihre Rechte gekümmert und Entscheidungen selbst getroffen. Wir sind uns, zumindest in diesem Punkt, relativ ähnlich.
Weltwoche: Wie sehen Sie die Zukunft Europas und die Zukunft der Europäischen Union?
Vucic: Sie werden eine sehr kurze Antwort erhalten. Ich bin sehr hoffnungsvoll, aber gleichzeitig habe ich auch grosse Angst vor der europäischen Zukunft.
Weltwoche: Serbien hat während Jahrhunderten Europa vor dem imperialen Islam beschützt. Was raten Sie den Deutschen, Franzosen, Schweizern: wie umgehen mit dem radikalen Islam?
Vucic: Es wird nicht viel besser werden. Es wird noch schlimmer werden. Wir sollten in all diesen Fragen zusammenarbeiten, von der Migrationsfrage bis zu allen Sicherheitsfragen. Und ich habe immer dafür plädiert, die europäische Sicherheit anders zu definieren, nicht nur über die Nato. Aber niemand wollte den kleinen Leuten aus kleinen Ländern zuhören. Jetzt bin ich überfragt. Diese Videoschnipsel waren so schrecklich, so erschreckend. Ich hoffe, dass so etwas in meinem Land nie wieder vorkommt, und ich wünsche den Deutschen, dass sie es nicht noch einmal erleben.
Weltwoche: Welche Bedeutung hat die Kosovo-Frage für Sie und für Ihr Land?
Vucic: Wenn ich anfange, über die Vergangenheit und über das serbische Volk zu sprechen, sagt jeder im Westen: «Okay, dieser Typ ist vergangenheitsorientiert, rückwärtsgewandt und bla, bla, bla.» Ich werde das einfach übergehen. Das eigentliche Problem ist heute, dass die Menschen diese Art von Doppelmoral am meisten hassen, die der Westen in Bezug auf das Kosovo und die Ukraine an den Tag legt. Das werden Sie hier in Belgrad immer hören, von absolut jedem. Als sich das Kosovo von Serbien löste, galt die territoriale Souveränität unseres Landes nichts. Bei der Ukraine ist es genau umgekehrt. Wir brauchten eine Kompromisslösung. Wir waren nahe dran an dieser Kompromisslösung. Doch das wollten sie nicht. Von Kompromisslösungen sind wir heute weit entfernt. Wir sprechen nicht einmal miteinander, obwohl wir immer bereit waren, jede einzelne Frage mit ihnen zu besprechen. Aber sie respektieren nicht, wozu sie seit der ersten Vereinbarung vor elf Jahren verpflichtet sind, diesem Verband der serbischen Gemeinden. Es ist eine schwierige Situation, aber wir werden unser Möglichstes tun, um Ruhe und Frieden zu bewahren.
Weltwoche: Warum ist das Kosovo so wichtig für Serbien, und warum akzeptieren Sie die Unabhängigkeit nicht?
Vucic: Wir müssen von den anderen respektiert werden, was bedeutet, dass es keine einseitige Lösung sein kann, bei der die Albaner alles bekommen oder die Serben alles. Keiner ist dumm. In Serbien wissen wir, wie schwierig die Situation ist, aber deshalb bestehen wir auf einer Kompromisslösung. Und ich glaube an die hart arbeitenden Menschen in Serbien. Ich glaube an die Region, um die Wahrheit zu sagen, wir brauchen offene Grenzen oder keine Grenzen zwischen Bosnien und Serbien, Albanien und Montenegro und Montenegro und Serbien, Nordmazedonien und Serbien. Aber davon sind wir noch weit entfernt. Leider. Wir müssen die Wirtschaft zum wichtigsten Thema für uns alle machen. Andererseits ist da noch der Krieg in der Ukraine, der die Gemüter erhitzt. Hier in der Region sind Sie mit dem gleichen Problem konfrontiert. Und wenn Sie mit Serben über das Kosovo sprechen: Jedes einzelne Lied, das wir singen, alles, was aus dem Kosovo kommt, ist nicht gegen irgendjemanden gerichtet, aber wir sind auf eine sehr tiefe Weise mit dem Kosovo verbunden. Das kann man nicht auf eine Art und Weise lösen, wie es die Menschen im Westen wollen.
Weltwoche: Bevor wir versuchen, Lichtstrahlen der Hoffnung am Horizont zu finden, müssen wir über ein anderes fürchterliches Thema sprechen: den Krieg in Gaza. Wie sehen Sie das? Hängt dieser Krieg mit dem sehr explosiven Umfeld zusammen?
Vucic: Ja. Sie sehen jetzt, dass die Hisbollah ein grösseres Problem darstellt als die Hamas im Gazastreifen. Und ich hoffe, dass alle Seiten versuchen werden, eine angemessene und friedliche Lösung zu finden. Seit wir die Bewegung der blockfreien Staaten gegründet haben, standen wir sowohl dem jüdischen als auch dem arabischen Volk immer sehr nahe. Wenn Sie sich erinnern, können wir einfach für einen Frieden eintreten. Als sie in der Uno den Völkermord-Resolutionsentwurf zum Massaker von Srebrenica auf den Weg brachten, erhielten sie Tausende von Anfragen aus mindestens hundert Ländern aus der ganzen Welt: «Warum gibt es keine Völkermord-Resolution in Bezug auf Gaza?» Die natürlich inoffizielle Antwort lautete: Das ist der Grund, warum wir es mit Bosnien und Serbien tun. Das ist einfacher, als es mit Gaza zu versuchen, denn die Amerikaner und die anderen werden es niemals zulassen. Um zu zeigen, dass wir die Muslime nicht hassen, gehen wir gegen die Serben vor, denn gegen Israel können wir nicht vorgehen. So haben wieder einmal wir den Preis bezahlt und nicht jemand anderes.
Weltwoche: Namhafte Historiker sagen, das Massaker von Srebrenica war fürchterlich, eine Untat, aber kein Völkermord, denn das Massaker traf ausschliesslich Männer, Soldaten. Es gab auch Massaker gegen Serben zuvor. Das alles sind Verbrechen, aber kein Genozid. Was hat man Ihnen auf solche Einwände erwidert?
Vucic: Ich bin nicht einmal auf die rechtliche Haftung eingegangen, weder individuell noch kollektiv oder wie auch immer. Meine Frage war sehr einfach. Ob es sich nun um einen Völkermord oder um ein schreckliches Verbrechen handelte und alles andere. Ich habe drei andere Fragen gestellt. Erstens: Warum tun Sie das, nachdem Sie die Resolution zu allen Völkermorden von 2015 verabschiedet haben? Zweitens: Warum tun Sie das gerade jetzt? Drittens: Sind Sie sicher, dass Sie jemanden versöhnen werden, oder wird es zu mehr Spannungen und politischen Unruhen in der Region führen? Und viertens: Sie haben ja nicht einmal die Zustimmung innerhalb Bosniens erhalten. Bringt es die Menschen näher zueinander oder weiter voneinander weg? Auf all diese Fragen habe ich keine Antwort erhalten. Überhaupt nichts. Warum brauchten sie das?
Weltwoche: Ja, warum?
Vucic: Gaza ist ein Teil der Antwort. Der andere Teil der Antwort lautet: Ja, wir sollten etwas gegen diese Serben unternehmen, denn Milorad Dodik, der Präsident der serbischen Republik in Bosnien, macht uns Probleme. Das war’s. Sie analysieren nicht die Tatsache, dass nicht Dodik, sondern sie selbst gegen das Friedensabkommen von Dayton verstossen. Sie nutzen die Uno-Strukturen, um Länder zu bestrafen, die sich bestimmten geopolitischen Interessen widersetzen. Natürlich, das passiert nicht zum ersten Mal. Aber sie wurden fast zurückgeschlagen, und sie fanden ein Land vor, das sich sehr, sehr stark wehrte. Tatsächlich haben wir die Mehrheit der Länder nicht deshalb gewonnen, weil die Menschen nicht wussten, was in Srebrenica passiert ist, sondern weil sie die Dynamik nicht mochten, die Doppelmoral. Den Menschen gefiel der Mangel an Inklusivität nicht. Die Menschen sahen nicht, worum es dabei ging und was dies für die Region und auch für das Land bedeuten würde.
Weltwoche: Wo ist heute die Hoffnung? Welche Politiker sind Lichtblicke?
Vucic: Ich kann aus ganz offensichtlichen Gründen nicht öffentlich darüber sprechen. Aber ja, wir brauchen . . . Wir brauchen eine Menge Veränderungen in der Welt, um die Situation zwischen den Nationen zu beruhigen. Das ist von grösster Bedeutung, und es ist höchste Zeit.
Weltwoche: Welche Bedeutung hat die Religion für Sie in der heutigen Zeit?
Vucic: Man war automatisch modern, urban, modisch, wenn man Agnostiker oder Atheist wurde. Ich persönlich werde zusehends religiöser, obwohl ich kein besonders religiöser Mann bin. Jedenfalls bin ich total anti-woke-orientiert, und ich kann nicht glauben, dass diese Werte die Werte der heutigen Welt sein werden. Ich glaube an die Tradition. Ich glaube an rationale Konservative, an vernünftigen Konservativismus und Wirtschaftsliberalismus und Modernismus.
Weltwoche: Wo steht die Schweiz in Ihrem Weltbild?
Vucic: Die Schweiz ist ein wichtiges Land, und wir würden gerne eine grössere Rolle der Schweiz sehen, aber auch eine objektivere Betrachtungsweise der Situation hier im Balkan. Ich werde niemanden über irgendetwas belehren, denn die allermeisten sind viel klüger als ich. Aber im Balkan sehen wir doch ein etwas einseitiges Vorgehen. Wir haben mit der Schweiz eine sehr gute Beziehung aufgebaut und werden unser Bestes tun, um sie noch weiter zu verbessern.
Weltwoche: Was ist das Wichtigste im Leben eines Mannes?
Vucic: Sein Vermächtnis, sein Erbe. Was nach seinem Leben geschehen wird.
Weltwoche: Herr Präsident, vielen Dank für dieses Gespräch.
Quelle: https://weltwoche.ch/story/ich-bin-mir-ziemlich-sicher/
Mit freundlicher Genehmigung von weltwoche.ch
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