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68 % der Schweizer Bevölkerung finden Ohrfeigen und "den Klaps auf den Hintern" völlig normal!


Mein Leserbrief zum nachstehenden Artikel

Wenn heute (im 21. Jahrhundert!) 68 % der Schweizer Bevölkerung Ohrfeigen und den „Klaps auf den Hintern“ völlig normal finden, dann kommt dies einer Bankrotterklärung der Erziehungs- und Bildungverantwortlichen der Schweiz gleich. „Die gesunde Ohrfeige macht krank“ ist der Titel des Buches von Prof. Dr. Hans Czermak, Kinderarzt und Dr. Günther Pernhaupt, Drogentherapeut (ISBN:385-866-7). Sie weisen bereits 1980 in ihrer wichtigen Publikation nach, wie durch Strafen, gestörte Eltern-Kind-Beziehungen entstehen mit verheerenden Folgen. Aber schon wesentlich ältere Studien weisen die Schädlichkeit der Körperstrafen nach. In Fachkreisen ist dies weitherum bekannt. Dass sich die altertümliche Meinung über die „gesunde Ohrfeige“ derart zäh in der Bevölkerung halten konnte, muss aufhorchen lassen und es ist zu wünschen, dass das Ergebnis der Isopublic-Umfrage einen heilsamen Schock auslösen wird. Erziehungsaufklärung braucht das Land!

Willy Wahl (ehemaliger Pflegevater von schwierigen Kindern)
Hadlaubstrasse 41
8006 Zürich
Tel: 044 362 55 10,  Zürich, 17. Juli 2007

Die härtere Gangart kommt an: Ohrfeigen sind wieder in

Für eine Mehrheit der Schweizer Bevölkerung sind Jugendliche heute aggressiver als früher. So findet denn auch der politische Ruf nach härteren Erziehungsmassnahmen viel Beifall.

Bern. - Ohrfeigen oder einen «Klaps auf den Hintern» findet die grosse Mehrheit der Schweizer Bevölkerung völlig in Ordnung. Ganz genau waren es 68,1 Prozent von 1028 befragten Personen, die in einer Isopublic-Umfrage im Auftrag von «SonntagsBlick», «Le Matin Dimanche» und «Il Caffè» körperliche Strafen befürworteten. Und 77,1 Prozent gaben denn auch an, dass ihrer Meinung nach Jugendliche heute aggressiver seien, als noch vor 20 Jahren. Für 18,3 Prozent ist dies nicht der Fall.

Die jüngsten Forderungen von SVP und SP im Zusammenhang mit Jugendgewalt kommen unterschiedlich gut an: 80,3 Prozent finden die Idee der Zürcher SP-Regierungsrätin Regine Aeppli gut, Eltern von aggressiven Kindern in Erziehungskurse zu schicken. Von 54,8 Prozent abgelehnt wird dagegen der Vorschlag der Zürcher SP-Nationalrätin und Ständeratskandidatin Chantal Galladé, wonach das Jugendstrafrecht flexibilisiert werden soll, um auch unter 15-Jährige ins Gefängnis stecken zu können. 55,9 Prozent stimmen aber der Forderung der SVP zu, ausländische Jugendliche nach schweren Straftaten zusammen mit ihren Eltern auszuweisen. 39,1 Prozent lehnen dies ab.

Strenge hilft nicht gegen Gewalt

Jugendgewalt sei eher eine gefühlte als eine reale Bedrohung, sagt hingegen Pädagogikprofessor Jürgen Oelkers. Und mehr Strenge und Disziplin würden im Umgang mit Jugendgewalt nicht weiterhelfen, sagte Oelkers in einem Interview mit der «NZZ am Sonntag». Es stimme zwar, dass die Jugendkriminalität derzeit leicht zunehme. Es sei aber offen, ob die absolute Zahl der Fälle tatsächlich ansteige oder ob heute nicht einfach viel rascher die Polizei gerufen werde, was wiederum die öffentliche Wahrnehmung beeinflusse, so Oelkers.

Es sei doch ein Gewinn, dass Schulkinder die Lernziele erreichen, ohne Angst haben zu müssen, mit einer Eselsmütze in die Ecke gestellt zu werden. «Das ist keine Kuschelpädagogik, sondern Qualitätsverbesserung. Es ist ein Irrtum, anzunehmen, Disziplin schaffe Qualität», sagte Oelkers.

Sehnsucht nach Massnahmen

Wer sich anschaue, wie Disziplinierung früher wirklich funktioniert habe, schrecke davor zurück, sie zurückzufordern. Dass dennoch häufig mehr Strenge verlangt wird, erklärt Oelkers mit der «Sehnsucht nach Massnahmen». Die Erwartungen an die Erziehung hätten sich enorm gesteigert, sie werde idealisiert und Konflikte gelten bereits als Fehler.

Die Schweizerische Arbeitsgemeinschaft der Jugendverbände (SAJV) hatte letzte Woche die Instrumentalisierung des Themas «Jugendgewalt» durch die Parteien für deren Wahlkampf beklagt. Laut SAJV verwenden einzelne Parteien und Politiker verzerrte Darstellungen und stellen propagandistische Forderungen. 98 Prozent der Kinder und Jugendlichen würden nicht straffällig, betonte die SAJV. (SDA)

© Tages-Anzeiger; 16.07.2007; Seite 3 ges
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