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von Alastair Crooke 17.06.2025  – übernommen von conflictsforum.substack.com
18. June 2025

Alastair Crooke: Erwartet Trump realistisch, dass sich der Iran in Oman gegenüber Vance und Witkoff ergibt?


Donald Trump entschlossen ... zu was?

Während Trump ausweicht und verwirrt zu sein scheint, was genau er als Nächstes tun soll, „schickt“ er Vance und Witkoff, um „mit dem Iran zu verhandeln“. Dann postet er auf Truth Social und droht, dass „alle sofort Teheran verlassen sollen!“ (nach israelischem Vorbild).

Offensichtlich ist seine Entscheidung vorerst, sich alle Optionen offen zu halten.

Die Situation lässt sich grob so beschreiben: Der Versuch Israels und verbündeter Geheimdienste, den iranischen Staat durch gleichzeitige Enthauptungen, Attentate auf Wissenschaftler, Störung der Luftabwehrsysteme und das Einschleusen von Drohnen-Sabotagetrupps mit einem überraschenden „synergistischen psychischen Schock“ zu destabilisieren, ist gescheitert.

Er verfehlte sein beabsichtigtes Ziel, die iranische Führung zu lähmen und in Panik zu versetzen und sogar Raum für die „erhoffte“ Stimmung für einen Regimewechsel zu schaffen. (Das ist nie geschehen. Die Iraner haben ihre politischen Differenzen begraben und sich für die nationale Souveränität zusammengeschlossen.)

Vielmehr hat sich das System trotz des Verlusts von acht militärischen Befehlshabern schnell wieder erholt: Die Luftabwehrsysteme wurden innerhalb von acht Stunden wiederhergestellt, und der Iran reagierte mit Raketenangriffen auf Israel.

Der springende Punkt dabei war, dass es   – abgesehen von oberflächlichen Schäden   – keine Rückschläge für das iranische Atomprogramm gab. Und um das klar zu sagen: Das war auch nie das Ziel Israels. Es verfügt einfach nicht über die Fähigkeit, 800 Meter tief in Berge eingegrabene Infrastruktur zu zerstören. Es hofft (zusammen mit seinen Verbündeten   – den USA und europäischen Staaten) vielmehr auf einen „Regimewechsel“.

Wie Chaim Leveson in Haaretz schreibt:

Vier Tage nach Beginn des Krieges Israels gegen den Iran werden dessen Ziele immer deutlicher: Es geht nicht nur darum, das iranische Atomprogramm zu stoppen, sondern das Ayatollah-Regime zu stürzen und durch eine Regierung zu ersetzen, die das Programm von sich aus beendet. Ein Mann, der sich am Montag mit Netanjahu getroffen hat, beschrieb dessen Stimmung als „von mir zu Moses, unserem Meister“ … Die iranischen Atomanlagen stehen nicht mehr im Mittelpunkt der Aufmerksamkeit … Eine israelische Quelle erklärte: „Wir bereiten alles für die USA vor. Wie im Fußball haben wir die Abwehr des Gegners durchbrochen … und jetzt haben wir ihnen einen Pass in den Strafraum gegeben, wo sie allein vor dem Torwart stehen”. Netanjahus Ziel ist es, den Iran zu vernichten und darauf zu hoffen, dass Trumps Größenwahn und sein Wunsch, ein Vermächtnis zu hinterlassen, ihn dazu veranlassen werden, sich an der Zerstörung der iranischen Atomanlagen und vielleicht sogar des gesamten Regimes zu beteiligen …

Die Situation hat sich also gegenüber dem 13. Juni umgekehrt. Israel steckt nun in großen Schwierigkeiten: Seine Luftabwehr funktioniert schlecht und es erleidet (nachweislich) erhebliche Schäden an wichtigen Anlagen. Im Grunde genommen bittet nun jeder Politiker in Israel die USA, für sie in den Krieg einzutreten.

Die israelische Ministerin und Kabinettsmitglied Gila Gamliel: „Wir fordern kategorisch, dass die Vereinigten Staaten sich dem Krieg gegen den Iran anschließen.“

Was wird Trump tun? Derzeit sagt die Regierung, dass die USA sich heraushalten werden   – solange kein Amerikaner getötet wird. Levenson merkt an:

Ein häufiger Besucher des Weißen Hauses [sagte] am Montag: „Ich habe die Leute des Präsidenten gefragt. Das Thema steht für sie überhaupt nicht zur Debatte. Es gibt auch keinen Grund dafür. Israel macht Amerikas Arbeit. Sie haben Israel grünes Licht gegeben, das reicht.“

Dann sind da noch Vance und Witkoff, die ins Ausland geschickt wurden, um mit den Iranern zu verhandeln. Letztere sagen jedoch „keine Gespräche“, solange Israel nicht vollständig den Waffenstillstand einhält.

Doch selbst das   – Gespräche   – bringt Trump nichts, solange er nicht seine zuletzt erklärte Position (die Witkoff am vergangenen Mittwoch verkündet hat) aufgibt: „Keine iranische Urananreicherung, die Zerstörung der Anreicherungsinfrastruktur und eine neue „Entschlossenheit“ Trumps, dass iranische ballistische Raketen eine ebenso existenzielle Bedrohung für Israel, die USA und die „freie Welt“ darstellen wie das Atomprogramm.

Daher sind Trumps Forderungen maximalistisch bis hin zu einer faktischen Aufforderung zur Kapitulation. Der Iran hat jedoch vorerst die Oberhand im Raketenstreit. Seine Bevölkerung ist mobilisiert und hat eine lange Geschichte des Leidens und des Todes hinter sich. Die Israelis sind an beides nicht gewöhnt. Sie rufen die USA um Hilfe. Erwartet Trump wirklich, dass sich der Iran in Oman gegenüber Vance und Witkoff ergibt? Das wird nicht passieren.

Trump hat also vier Hauptoptionen: 1) den Iran an den Verhandlungstisch zwingen; 2) den Iran so vernichtend schlagen, dass ein „Regimewechsel“ erzwungen wird; oder 3) alle fünf tief unter der Erde verborgenen Anreicherungsanlagen des Iran einseitig zerstören   – ein Plan, der davon ausgeht, dass die amerikanischen Großbomber gegen die iranische Luftabwehr in großer Höhe immun sind. Eine vierte Option wäre, Zeit zu schinden.

Was die dritte Option angeht, ist es nicht sicher, ob die USA in der Lage sind, einen halben Kilometer tief in das Innere von Bergen vorzudringen   – selbst mit Atomwaffen. Und der Einsatz von Atomwaffen (gegen einen Staat, der selbst keine hat) wäre, gelinde gesagt, problematisch.

Den Iran in Schutt und Asche zu legen, um das für einen Regimewechsel notwendige Chaos herbeizuführen, bedeutet eine ganz neue geopolitische Ordnung   – jenseits der bloßen Überlegungen zur Mechanik und der Kalkulation, ob dies gelingen könnte oder nicht.

Eine Entscheidung für einen Regimewechsel wäre ein Wendepunkt. Die Nachkriegsordnung würde sich verschieben. Nicht nur das Gleichgewicht im Nahen Osten, sondern auch das gesamte BRICS-Paradigma.

Die Vergeltungsmaßnahmen des Iran   – nach dem versuchten Überraschungsangriff Israels   – waren mehr als nur eine Repressalie, sie waren ein Schlag gegen ein Symbol der Weltordnung: Israel   – das Unantastbare, der Inbegriff der westlichen Hegemonie, des westlichen Exzeptionalismus, des westlichen Anspruchs auf technische Unbesiegbarkeit   – wurde herausgefordert und wirkte verwundbar. Symbolisch gesehen stellt die Reaktion des Iran den Gründungsmythos des Westens und seine Werte in Frage.

Viel hängt vom Ausgang dieser Auseinandersetzung ab   – und von Trumps Entscheidung. Sie wird den Rest seiner Präsidentschaft überschatten.

Die Richtung der globalen Wahrnehmung wurde durch die Erklärungen Russlands und Chinas im Sicherheitsrat vorgegeben. Der ursprüngliche Überraschungsangriff Israels sei unprovoziert und illegal gewesen, stehe in völligem Widerspruch zur UN-Charta und sei möglicherweise ein Kriegsverbrechen.

Russland und China haben eine konfrontative Haltung eingenommen. Der Westen steht allein da. Trump hat in einer polarisierten Welt, die nun noch brüchiger und zerrissen ist, an Glaubwürdigkeit eingebüßt.



Die Übersetzung besorgte Andreas Mylaeus.