Zur Bedeutung des Hippokratischen Eides in der heutigen Zeit

23. Juni 2016

Aus der Schweizerischen Ärztezeitung:

Vorstandsmitglieder der Hippokratischen Gesellschaft Schweiz:
Josias Mattli, Dr. med., Facharzt für Allgemeine Innere Medizin, Mitglied der FMH, Val Müstair;
Ursula Knirsch, Dr. med., Fachärztin für Neurologie, Mitglied der FMH, Zürich;
Raimund Klesse, Dr. med., Facharzt für Psychiatrie und Psychotherapie, Mitglied der FMH, Chur;
Sabine Vuilleumier-Koch, Dr. med., Fachärztin für Psychiatrie und Psychotherapie, Mitglied der FMH, Greifensee

Die Notwendigkeit eines neuen, verpflichtenden Eides wurde postuliert und andiskutiert [1]. Begründet wird dies mit aktuellen Problemen wie der Ökonomisierung in der Medizin. Gleichzeitig versucht man, die Bedeutung des Hippokratischen Ei des zu relativieren und ihn als unzeitgemäss abzutun. Die Hippokratische Gesell­schaft Schweiz legt die unveränderte Aktualität des Hippokratischen Eides dar.

Der Hippokratische Eid als «Fels in der Brandung» [2]

Der Hippokratische Eid stellt seit fast 2500 Jahren eine der wichtigsten ethischen Grundlagen des ärztlichen Handelns dar. Die darin enthaltenen Werte sind zeit­unabhängig und haben verschiedenste geschichtliche Epochen überdauert. Der Eid verkörpert damit eine überragende normative Kraft. Er ist religiös unabhän­gig und beinhaltet die zentralen Grundwerte der Medi­zin. Jeder Arzt sollte diese Grundlagen kennen, verinnerlichen und danach handeln. Deshalb wollen wir hier Text und Bedeutung dieses hochaktuellen Dokuments in Erinnerung rufen (siehe Kasten).

Der Hippokratische Eid   – verlässliche Richtschnur seit 2500 Jahren

Der Hippokratische Eid ist eine moralische Selbstver­pflichtung des Arztes. Der Schwur den Göttern gegenüber zeigt die Ernsthaftigkeit und Unbedingtheit des Verhaltenskodex. Die Verpflichtung basiert ganz auf dem Gedanken des «nihil nocere»: dem Patienten Nutzen bringen und keinen Schaden zufügen. Im Zentrum steht das Tötungsverbot, der unbedingte Schutz des Lebens als Grundlage jeder ärztlichen Tätigkeit. In der Frage der Ehrfurcht vor dem Leben muss der Arzt abso­lut sicher sein, da sonst der Aufbau eines Vertrauensverhältnisses zwischen Arzt und Patient nicht möglich ist. Auch die klare Verpflichtung zur Wahrung des Arztgeheimnisses ist eine notwendige Grundlage für diese Vertrauensbeziehung.

(…)

Rückbesinnung auf die hippokratische Ethik

Immer wieder in der Geschichte wurden die mensch­lichen Grundwerte missachtet, wie sie im Naturrecht verankert sind und die Grundlage unserer demokra­tischen Rechtsstaaten bilden. Während der Weltkriege zeigte sich in grauenhaftem Ausmass, wohin eine Medizin ohne Menschlichkeit führen kann [5].

Heute sind wir mit utilitaristischen Konstrukten der im anglo­amerikanischen Umfeld entwickelten Bio­ethik konfrontiert. Wieder wird die Unantastbarkeit des menschlichen Lebens in Frage gestellt, wieder wird die Würde des Einzelnen aufgrund fragwürdiger Reflexionen über das angebliche Wohl der Vielen beschädigt, wieder spielen wirtschaftliche und ideologische Aspekte eine grosse Rolle.

Den Vorschlag eines neuen, gar noch standesrechtlich verpflichtenden Eides [1, 6], der das Tötungsverbot als Grundlage der medizinischen Ethik nicht enthält und stattdessen das Wirtschaftlichkeitsgebot des KVG durch die Hintertür zu einer ethischen Grundlage der Medizin machen will, können wir nicht unterstützen.

Warum soll sich die heutige Ärztegeneration nicht auf die hippokratische Ethik besinnen, die seit über zwei Jahrtausenden das ethische Fundament der Medizin darstellt, und auf dieser Grundlage wieder die Für­sorge­ und Garantenpflicht für ihre Patienten übernehmen?

Lesen Sie den vollständigen Artikel bitte hier:
http://www.saez.ch/docs/saez/2016/23/de/SAEZ-04661.pdf

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